Tagebuch Eines Vampirs 05. Rückkehr Bei Nacht
um sich selbst reden zu hören.
»Elena Gilbert, Mädchen, du hast zu oft im Bett gefrühstückt.« Sie tätschelte ihren Bauch. Ja, der brauchte dringend sportliche Ertüchtigung.
»Also schön«, sagte sie, immer noch laut. »Fang mit Lockerungs- und Atemübungen an. Dann einige sanfte Dehnübungen.« Alles Dinge, mit denen sie aufhören konnte, sobald Stefano erschien - so dachte sie.
Aber Stefano erschien nicht, nicht einmal als sie nach einer geschlagenen Stunde Gymnastik erschöpft dalag.
Und er kam auch nicht die Treppe herauf, um ihr eine Tasse Tee zu bringen.
Wo war er?
Elena schaute aus ihrem Fenster, das nur in einer Richtung durchsichtig war, und erhaschte einen Blick auf Mrs Flowers, die unten im Garten stand.
Ihr Herz hatte während ihrer Gym-Stunde heftig zu schlagen begonnen und sich noch nicht wieder richtig beruhigt. Obwohl es ziemlich aussichtslos war, in diesem Zustand ein Gespräch mit Mrs Flowers zu beginnen, rief sie nach unten: »Mrs Flowers?«
Und - o Wunder - die Dame hörte tatsächlich auf, ein Laken auf der Wäscheleine zu befestigen, und schaute nach oben. »Ja, Elena, Liebes?«
»Wo ist Stefano?«
Das Laken blähte sich um Mrs Flowers' Gestalt und ließ sie darin verschwinden.
Als es sich wieder glättete, war die Frau fort.
Aber Elenas Blick ruhte auf dem Wäschekorb. Er stand noch immer dort. Sie rief: »Gehen Sie nicht weg!«, und beeilte sich, ihre Jeans und ihr neues blaues Top anzuziehen. Dann sprang sie, noch während sie die Knöpfe schloss, die Treppe hinunter und schoss in den Garten hinaus.
»Mrs Flowers!«
»Ja, Elena, Liebes?«
Elena konnte sie zwischen wogenden Metern weißen Stoffs gerade noch erkennen. »Haben Sie Stefano gesehen?«
»Nicht heute Morgen, Liebes.«
»Überhaupt nicht?«
»Ich stehe jeden Tag bei Sonnenaufgang auf. Zu dem Zeitpunkt war sein Wagen bereits fort, und er ist noch nicht zurückgekommen.«
Jetzt hämmerte Elenas Herz erst so richtig. Sie hatte immer Angst vor etwas Derartigem gehabt. Sie holte einmal tief Luft und rannte, ohne innezuhalten, die Treppe wieder hinauf.
Brief, Brief ...
Er würde sie niemals ohne einen Brief verlassen. Doch es lag kein Brief auf seinem Kissen. Dann dachte sie an ihr Kissen.
Hektisch tastete sie zuerst unter ihrem Kissen, dann unter seinem. Sie drehte die Kissen nicht um, weil sie sich so inständig wünschte, dass der Brief dort sein würde - und weil sie solche Angst vor dem hatte, was vielleicht darin stand.
Endlich, als klar war, dass unter diesen Kissen nichts weiter war außer dem Bettlaken, drehte sie sich um und starrte lange Zeit auf die weiße Leere. Dann zog sie das Bett von der Wand weg, falls der Brief dahinter gerutscht war.
Irgendwie hatte sie das Gefühl, dass sie, wenn sie nur weitersuchte, ihn finden musste. Am Ende hatte sie das ganze Bettzeug ausgeschüttelt und starrte wieder anklagend auf die weißen Laken, während sie ein ums andere Mal mit den Händen darüberstrich.
Das sollte eigentlich ein gutes Zeichen sein, denn es bedeutete, dass Stefano nirgendwohin gegangen sein konnte. Doch dann fiel ihr Blick auf den Kleiderschrank - sie hatte in ihrer Eile die Schranktüren offen gelassen und konnte nun, ohne es zu wollen, etliche leere Kleiderbügel sehen.
Er hatte all seine Sachen mitgenommen.
Und auf dem Boden des Schrankes herrschte ebenfalls Leere.
Er hatte auch sämtliche Schuhe mitgenommen.
Nicht dass er je viel besessen hätte. Aber alles, was er für eine Reise brauchte, war verschwunden - und er selbst war verschwunden.
Warum? Wohin? Wie konnte er nur?
Selbst wenn sich herausstellen sollte, dass er nur fortgegangen war, um eine neue Wohnung für sie zu finden, wie konnte er? Sie würde ihm den Streit seines Lebens liefern, wenn er zurückkam ...
... falls er zurückkam.
Bis auf die Knochen frierend und in dem Bewusstsein, dass ihr ungewollt und beinahe unbemerkt Tränen über die Wangen liefen, wollte sie gerade Meredith und Bonnie anrufen, als ihr etwas einfiel.
Ihr Tagebuch.
KAPITEL SIEBZEHN
In den ersten Tagen, nachdem sie aus dem Jenseits zurückgekehrt war, hatte Stefano sie immer früh auf ihr Zimmer gebracht, dafür gesorgt, dass sie es warm hatte, und ihr dann erlaubt, mit ihm an seinem Computer zu arbeiten, um eine Art Tagebuch zu führen. Darin konnte sie ihre Gedanken über die Dinge, die an jedem einzelnen Tag geschehen waren, festhalten, und immer hatte er seine Eindrücke hinzugefügt.
Jetzt rief sie verzweifelt ihre gemeinsame Datei
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