Tagebuch Eines Vampirs 05. Rückkehr Bei Nacht
derjenigen respektablen Krähen aus, die jemals im Buch eines Ornithologen Eintragung gefunden hatte. Der Vogel war durchaus elegant, aber die Spitzen seiner Flügel leuchteten scharlachrot und er hatte goldene, glänzende Augen.
Shinichi?, fragte Damon.
Wer sonst?, kam die Antwort, als sich der Blick eines goldenen Auges auf ihn richtete. Ich sehe, du hast ein Problem. Aber das lässt sich beheben. Ich werde ihren Schlaf vertiefen, damit du die Verbindung durchtrennen kannst.
Tu es nicht!, sagte Damon instinktiv. Wenn du einen von ihnen auch nur berührst, wird Stefano ...
Die Antwort kam in besänftigendem Tonfall. Stefano ist auch nur ein Junge, erinnerst du dich? Vertrau mir. Du vertraust mir doch, oder?
Und es trat genau das ein, was der dämonisch gefärbte Vogel vorhergesagt hatte.
Die Schlafenden im Raum schliefen tiefer und dann noch tiefer.
Einen Moment später war das Fenster geöffnet und Damon wechselte seine Gestalt und schlüpfte hindurch. Sein Bruder und ... und sie ... die eine, die er immerzu ansehen musste ... sie schlief, und ihr goldenes Haar verteilte sich auf dem Kissen und auf dem Körper seines Bruders.
Damon riss den Blick von ihr los. Auf dem Schreibtisch in der Ecke stand ein mittelgroßer, ein wenig altmodischer Computer. Er ging darauf zu und schaltete ihn ohne das geringste Zögern ein. Die beiden auf dem Bett rührten sich nicht ein einziges Mal.
Dateien ... aha. Tagebuch. Was für ein origineller Name. Damon öffnete die Datei und studierte den Inhalt.
Liebes Tagebuch,
ich bin heute Morgen aufgewacht, und - Wunder über Wunder - ich bin wieder ich. Ich gehe, rede, trinke, mache ins Bett (nun, das habe ich natürlich nicht getan, aber ich bin davon überzeugt, dass ich es könnte, wenn ich es wollte).
Ich bin wieder da.
Es war eine höllische Reise.
Ich bin gestorben, liebstes Tagebuch, ich bin wirklich gestorben. Und dann bin ich ein zweites Mal als Vampir gestorben. Und erwarte nicht von mir, dass ich beschreibe, was genau in diesen beiden Fällen geschehen ist - glaub mir, man muss es erlebt haben.
Das Wichtigste daran ist, dass ich fort war, aber jetzt bin ich wieder zurück -
und oh, lieber, geduldiger Freund, der seit der Grundschule meine Geheimnisse gehütet hat... ich bin so froh, wieder da zu sein.
Auf der einen Seite kann ich zwar nie wieder mit Tante Judith oder Margaret zusammenleben. Sie denken, ich »ruhe in Frieden« bei den Engeln. Aber auf der anderen Seite kann ich mit Stefano leben.
Das ist eine Entschädigung für alles, was ich durchgemacht habe - aber ich weiß nicht, wie ich jene entschädigen soll, die für mich bis zu den Toren der Hölle gegangen sind. Oh, ich bin müde und brenne - ich kann es ruhig aussprechen - auf eine Nacht mit meinem Liebsten.
Ich bin sehr glücklich. Wir haben einen schönen Tag gehabt, haben gelacht und uns geliebt und die Gesichter eines jeden meiner Freunde beobachtet, während sie mich lebendig sahen! (Und nicht wahnsinnig, obwohl ich mich, wenn ich recht verstanden habe, während der letzten paar Tage genau so benommen habe. Ehrlich, man sollte meinen, die Großen Geister im Himmel hätten mich mit voll funktionstüchtigem Verstand hier absetzen können. Aber na ja.)
In Liebe,
Elena
Damon überflog ungeduldig die Zeilen. Er suchte nach etwas ganz anderem. Ah.
Ja. Das kam der Sache doch schon näher:
Meine liebste Elena,
ich wusste, dass du früher oder später hier nachsehen würdest. Ich hoffe allerdings, dass es dazu überhaupt nicht kommen muss. Denn wenn du dies liest, dann ist Damon ein Verräter oder irgendetwas anderes ist furchtbar schiefgegangen.
Ein Verräter? Das erscheint mir aber dann doch ein wenig zu stark, dachte Damon.
Er war verletzt, aber gleichzeitig brannte in ihm das tiefe Verlangen, seine Aufgabe voranzutreiben.
Ich werde heute Nacht in den Wald gehen, um mit ihm zu reden - falls ich nicht zurückkomme, wirst du wissen, wo du anfangen musst, Fragen zu stellen. Die Wahrheit ist, dass ich die Situation nicht ganz verstehe. Vor einigen Stunden hat Damon mir eine Karte mit einer Webadresse zukommen lassen. Ich habe die Karte unter dein Kissen gelegt, Liebste.
Oh, verdammt, dachte Damon. Es würde schwer sein, an diese Karte heranzukommen, ohne Elena zu wecken. Aber er musste es tun.
Elena, folge diesem Weblink. Du wirst mit den Helligkeitsabstufungen des Bildschirms experimentieren müssen, weil die Webseite einzig für Vampiraugen geschaffen wurde. Was der Link zu sagen
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