Tagebuch Eines Vampirs 05. Rückkehr Bei Nacht
geschoben und drei provisorische Schlafsäcke auf den Boden gelegt hatten. Ihre Köpfe lagen dicht beieinander und ihre Körper waren wie die Speichen eines Rades angeordnet.
Elena dachte: Dies ist also das Erwachen.
Es ist die Erkenntnis, dass ich doch wieder allein gelassen werde. Und oh, ich bin dankbar, Meredith und Bonnie zu haben, die zu mir halten. Es bedeutet mir mehr, als ich ihnen sagen kann.
Sie war automatisch zum Computer gegangen, um ein wenig in ihr Tagebuch zu schreiben. Aber nach den ersten Worten war sie erneut in Tränen ausgebrochen, und insgeheim war sie dankbar gewesen, als Meredith sie bei den Schultern gefasst und mehr oder weniger dazu gezwungen hatte, heiße Milch mit Vanille, Zimt und Muskatnuss zu trinken, und als Bonnie ihr in einen Haufen Schlafdecken geholfen und dann ihre Hand gehalten hatte, bis sie eingeschlafen war.
Matt war bis zum Abend geblieben und die Sonne ging gerade unter, als er nach Hause fuhr. Es ist ein Wettrennen gegen die Dunkelheit, dachte er plötzlich und weigerte sich, sich von dem teuren Neuwagengeruch des Jaguars ablenken zu lassen. Irgendwo in seinem Hinterkopf grübelte er. Er hatte nichts zu den Mädchen sagen wollen, aber etwas an Stefanos Abschiedsbrief bereitete ihm Unbehagen. Er musste nur sichergehen, dass es nicht sein verletzter Stolz war, der da sprach.
Warum hatte Stefano sie mit keinem Wort erwähnt? Elenas Freunde aus der Vergangenheit, ihre Freunde im Hier und Jetzt. Man sollte meinen, er hätte zumindest die Mädchen erwähnt, auch wenn er in seinem Schmerz darüber, Elena für immer zu verlassen, Matt vergessen hatte.
Was noch? Da war definitiv noch etwas anderes, aber Matt konnte nicht den Finger darauf legen. Alles, was er hatte, war ein vages, nebelhaftes Bild von der Highschool im vergangenen Jahr und - ja, Mrs Hilden, der Lehrerin.
Während Matt seinen Gedanken nachhing, konzentrierte er sich auf das Fahren.
Es war unmöglich, auf der langen, einspurigen Straße, die von der Pension in den Stadtkern von Fell's Church führte, den Alten Wald gänzlich zu meiden. Aber er schaute geradeaus und blieb wachsam.
Er sah den am Boden liegenden Baum, noch während er um die Kurve fuhr.
Gerade noch rechtzeitig konnte er bremsen, um mit quietschenden Reifen zum Stehen zu kommen, woraufhin der Wagen beinahe in einem Neunzig-Grad-Winkel zur Straße stand.
Und dann musste er nachdenken.
Seine erste, instinktive Reaktion war: Ruf Stefano. Er kann den Baum einfach vom Boden hochheben. Aber er erinnerte sich so schnell wieder an das Geschehene, dass dieser Gedanke sofort von einer Frage verdrängt wurde. Sollte er die Mädchen anrufen?
Er konnte sich nicht dazu überwinden. Es war nicht nur eine Frage von männlicher Ehre - es war die massive Beschaffenheit des ausgewachsenen Baums vor ihm. Selbst wenn sie alle mit anfassten, konnten sie das Ding nicht bewegen.
Es war zu groß, zu schwer.
Der Baum ragte aus dem Alten Wald quer über die Straße, als wollte er die Pension vom Rest der Stadt abtrennen.
Vorsichtig ließ Matt das Fenster an der Fahrerseite herunter. Er spähte in den Alten Wald, um zu erkennen, an welcher Stelle der Baum verwurzelt gewesen war, oder, so gestand er sich ein, um irgendeine Art von Bewegung wahrzunehmen.
Aber es war nichts zu sehen.
Er konnte die Wurzeln nicht ausmachen. Dieser Baum wirkte viel zu gesund, um an einem sonnigen Sommernachmittag einfach umzufallen. Kein Wind, kein Regen, keine Blitze, keine Biber. Keine Holzfäller, dachte er grimmig.
Nun, zumindest war der Graben auf der rechten Seite nicht tief, und die Baumkrone reichte nicht ganz bis zu ihm hinüber. Es konnte möglich sein ...
Bewegung.
Nicht im Wald, sondern auf den Bäumen direkt vor ihm. Etwas regte sich in den oberen Ästen der Bäume, etwas, was mehr war als nur Wind.
Als er es sah, konnte er es nicht glauben. Das war ein Teil seines Problems. Der andere Teil war, dass er Elenas Wagen fuhr und nicht seine alte Gurke. Und während er also verzweifelt versuchte, das Fenster wieder zu schließen, und sein Blick an dem Ding klebte, das sich gerade von dem Baum löste, tasteten seine hektischen Finger an all den falschen Stellen nach dem Fensterhebel.
Und der entscheidende Faktor war einfach, dass das Tier schnell war. Viel zu schnell, um real zu sein.
Im nächsten Moment wehrte Matt es bereits am Fenster ab.
Matt wusste nicht, was Elena Bonnie bei dem Picknick gezeigt hatte. Aber wenn dies kein Malach war, was zur Hölle war es dann?
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