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Tagebuch Eines Vampirs 06. Seelen Der Finsternis

Tagebuch Eines Vampirs 06. Seelen Der Finsternis

Titel: Tagebuch Eines Vampirs 06. Seelen Der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa J. Smith
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abhängen. Elena bewegte die Zunge im Mund, der staubtrocken war.
    Und seltsamerweise stellte sie fest, dass Damons Blick, der Blick des Mannes mit dem Stock, ihr Mut machte. Er schien ihr, ohne die geringste Telepathie zu benutzen, Mut und Gleichgültigkeit zu senden. Elena fragte sich, ob er selbst jemals in einer ähnlichen Situation gewesen war.
    Eine ihrer Eskorten trat sie und erinnerte sie daran, wo sie war. Man hatte ihr aus der abgelegten Garderobe der verheirateten Tochter Dr. Meggars ein » geziemendes« Gewand geliehen. Im Haus hatte es die Farbe von Perlen gehabt, was bedeutete, dass es in dem ewigen dunkelroten Sonnenlicht malvenfarben aussah. Doch das Entscheidende daran war, dass es ohne das dazugehörige seidene Untergewand hinten bis zu ihren Hüften ausgeschnitten war und ihren Rücken vollkommen frei ließ. Jetzt kniete sie den Gepflogenheiten entsprechend vor den Oberen nieder und verbeugte sich, bis ihre Stirn auf einem kunstvollen und sehr schmutzigen Teppich zu Füßen der Slumlords ruhte, aber mehrere Stufen unter ihnen. Einer von ihnen spuckte sie an.
    Es folgte erregtes, anerkennendes Geplapper, Witze wurden gerissen und Gegenstände aus der Menge geworfen, größtenteils in Form von Kohl. Früchte waren hier zu kostbar, um sie zu verschwenden. Getrocknete Exkremente waren das jedoch nicht, und Elena stiegen die ersten Tränen in die Augen, als sie begriff, womit sie da beworfen wurde.
    Mut und Gleichgültigkeit, sagte sie sich und wagte es nicht einmal, einen verstohlenen Blick in Damons Richtung zu werfen.
    Als die Oberen befanden, dass die Menge genug Zeit zum Spielen gehabt hatte, erhob sich einer der Wasserpfeife rauchenden Slumlords. Er las von einer zerknitterten Schriftrolle Worte vor, die Elena nicht verstand. Es schien sich eine Ewigkeit hinzuziehen. Elena, die auf den Knien lag und die Stirn auf den staubigen Teppich drückte, hatte das Gefühl zu ersticken.
    Endlich wurde die Schriftrolle beiseitegelegt, und der junge Drohzne sprang auf und beschrieb mit einer hohen, beinahe hysterischen Stimme und in blumiger Sprache die Geschichte einer Sklavin, die ihren eigenen Herrn angegriffen habe (Damon, wie Elena registrierte), um sich seiner Überwachung zu entziehen, bevor sie das Oberhaupt seiner Familie (den alten Drohzne, dachte Elena) und den Quell seines mageren Einkommens, seinen Karren, angriff, sowie seine hoffnungslose, aufsässige, faule Sklavin, und dass all dies zum Tod seines Bruders geführt habe. Für Elena hörte es sich zuerst so an, als gebe er Lady Ulma die Schuld an dem gesamten Zwischenfall, weil sie unter ihrer Last zusammengebrochen war.
    » Ihr alle wisst, welche Art von Sklavin ich meine– sie würde sich nicht einmal die Mühe machen, eine Fliege zu verscheuchen, die über ihr Auge spaziert«, kreischte er an die Menge gewandt, die mit weiteren Beleidigungen und neuerlichen Wurfgeschossen antwortete, da Lady Ulma nicht da war, um ihrerseits bestraft zu werden.
    Zu guter Letzt beendete der junge Drohzne seinen Bericht mit der Erzählung, wie diese freche Schlampe (Elena), die Hosen trug wie ein Mann, sich mit der unnützen Sklavin (Ulma) verbündet und diesen kostbaren Besitz weggetragen habe (ganz allein?, fragte Elena sich ironisch), um sie in das Haus eines höchst verdächtigen Heilers (Dr. Meggar) zu bringen, der sich jetzt weigerte, sie, die ursprüngliche Sklavin, zurückzugeben.
    » Als ich dies hörte, wusste ich, dass ich weder meinen Bruder noch seine Sklavin jemals wiedersehen würde«, rief er in dem schrillen Wehklagen, das er erstaunlicherweise während seiner ganzen Litanei durchgehalten hatte.
    » Wenn die Sklavin so faul war, solltet Ihr froh darüber sein«, rief ein Witzbold aus der Menge.
    » Nichtsdestotrotz«, sagte ein sehr dicker Mann, dessen Stimme Elena unweigerlich an die von Alfred Hitchcock erinnerte: die gleiche bekümmerte Sprechweise und die gleichen Pausen vor wichtigen Worten, was dazu diente, die Stimmung anzuheizen und der ganzen Angelegenheit einen noch größeren Ernst zu verleihen. Dies war ein Mann mit Macht, begriff Elena. Die derben Witze, die Wurfgeschosse und selbst das Husten und das Spucken waren versiegt. Der massige Mann war zweifellos das einheimische Äquivalent eines » Paten« für diese quälend armen Bewohner der Elendsviertel. Sein Wort würde es sein, das Elenas Schicksal entschied.
    » Seither«, fügte er langsam hinzu und knabberte alle paar Worte an einer unregelmäßig geformten goldfarbenen

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