Tagebuch Eines Vampirs 06. Seelen Der Finsternis
noch einmal einige der Texte, die sie sich vor ihrem Aufbruch aus dem Motel in ihre Tasche gestopft hatte. Sie waren ein Teil der Flut an Informationen, die sie aus dem Internet heruntergeladen hatte. Meredith hatte ihr Bestes gegeben, um Elena und den anderen alles zu beschreiben, was sie wusste. Aber wie konnte sie sicher sein, dass sie nicht irgendeinen wesentlichen Hinweis übersehen hatte, irgendeine ungeheuer wichtige Information, die heute Abend über Erfolg oder Scheitern entscheiden würde? Darüber, ob sie eine Möglichkeit fanden, Stefano zu retten, oder ob sie besiegt nach Hause zurückkehren mussten, während er im Gefängnis schmachtete?
Nein, dachte sie, als sie vor einem versilberten Spiegel stand und beinahe Angst hatte, die exotische Schönheit zu betrachten, zu der sie geworden war. Nein, wir dürfen das Wort scheitern nicht einmal denken. Um Stefanos Leben willen müssen wir Erfolg haben. Und wir müssen es schaffen, ohne erwischt zu werden.
Kapitel Siebenundzwanzig
Elena war zuversichtlich und ein wenig benommen, als sie sich auf den Weg zur Gala machten. Als die vier jedoch auf Sänften– Damon mit Elena, Meredith mit Bonnie (Lady Ulma war von ihrem Arzt verboten worden, während der Schwangerschaft irgendwelche Festlichkeiten zu besuchen)– bei der Luxusvilla der ehrenwerten Lady Fazina eintrafen, befiel sie so etwas wie Entsetzen.
Das Haus ist wahrhaft ein Palast wie aus einem Märchen, dachte sie. Minarette und Türme ragten in den Himmel, wahrscheinlich in Blau und üppigem Gold gestrichen, obwohl das Sonnenlicht ihnen einen Lavendelton gab, und die Gebilde sahen aus, als seien sie beinahe leichter als Luft. Zur Ergänzung des Sonnenlichts waren hügelauf zu beiden Seiten des Weges Fackeln entzündet worden, und man hatte irgendwelche Chemikalien hinzugefügt– oder Magie benutzt–, damit ihre Lichter in verschiedenen Farben leuchteten, sodass sie von Gold nach Rot wechselten oder purpur, blau, grün und silbern leuchteten. Damon hatte eine Flasche schwarzmagischen Weins mitgenommen und war beinahe etwas zu gut gelaunt.
Als ihre Sänfte oben auf dem Hügel anhielt, half man Damon und Elena hinaus und führte sie durch einen Gang, der einen großen Teil des Sonnenlichts ausblendete. Über ihnen brannten Lichter in zarten Papierlaternen– einige davon sogar größer als die Sänfte, in der sie noch eine Sekunde zuvor gesessen hatten. Sie leuchteten hell und hatten fantasievolle Formen, was dem Palast, dessen Pracht anderenfalls ein wenig einschüchternd gewesen wäre, etwas Festliches, Verspieltes verlieh.
Sie kamen an erleuchteten Springbrunnen vorbei, von denen einige Überraschungen bargen– wie die magischen Frösche, die ständig von einem Lilienblatt zum nächsten hüpften: plopp, plopp, plopp, wie das Klatschen von Regen auf einem Dach. Außerdem sahen sie eine riesige vergoldete Schlange, die sich über den Köpfen der Besucher zwischen den Bäumen zusammengerollt hatte und sich von dort aus zu Boden bewegte und dann wieder zurück in die Bäume.
Und plötzlich wurde der Boden transparent und gab den Blick frei auf eine magische Unterwasserwelt mit ganzen Schulen kleinerer und größerer Fische– Haie, Aale und Delfine, die munter durchs Wasser schossen. In den dunkleren Tiefen schien sich sogar ein riesiger Wal zu bewegen. Diesen Teil des Weges legten Elena und Bonnie möglichst schnell zurück.
Es war klar, dass die Besitzerin dieses Anwesens sich jede Extravaganz leisten konnte, die ihr Herz begehrte. Und dass sie mehr als alles andere die Musik liebte, denn in jeder Ecke spielten prachtvoll– manchmal auch bizarr– gekleidete Orchester oder man stieß auf nur einen einzigen berühmten Solisten, der aus einem hohen vergoldeten Käfig vielleicht acht Meter über dem Boden seine Lieder erklingen ließ.
Musik… Musik und Lichter überall…
Obwohl Elena in den Bann geschlagen war von den Bildern, den Geräuschen und den herrlichen Gerüchen, die sowohl die gewaltigen Blumenbeete als auch die Gäste– männliche wie weibliche– verströmten, verspürte sie eine gewisse Furcht, die ihr wie ein kleiner Stein im Magen lag. Sie hatte beim Verlassen von Lady Ulmas Anwesen ihr Kleid und ihre Diamanten für so überaus kunstvoll gehalten. Aber jetzt, da sie hier in Lady Fazinas Haus war… nun… hier gab es so viele Räume … und zu viele Leute, die ebenso fantasievoll und kostbar gewandet waren wie sie selbst und die beiden anderen » persönlichen Assistentinnen«
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