Tagebuch Eines Vampirs 06. Seelen Der Finsternis
festgestellt habt«, antwortete Damon und begann, seinen Charme dick aufzutragen, als Lady Blodwedd ihn unterbrach. » Einmal Mensch, immer Mensch.«
» Wie bitte?«
Der Umstand, dass Damon die Beherrschung verlor, war vielleicht das Beste, was geschehen konnte, dachte Elena, die versuchte, hinter ihm zu bleiben. Seine Geringschätzung für Menschen war so offensichtlich aufrichtig, dass Lady Blodwedd ein wenig nachgiebiger wurde.
» Was wolltet Ihr mich fragen?«
» Nur, ob Ihr in letzter Zeit vielleicht einen von zwei Kitsune gesehen habt: Sie sind Bruder und Schwester und nennen sich Shinichi und Misao.«
» Ja.«
» Oder sie könnten– bitte? Ja? «
» Diese Diebe sind bei Nacht in mein Haus gekommen. Ich war bei einer Party. Und als ich von der Party zurückgeflogen bin, habe ich sie fast erwischt. Doch Kitsune sind schwer zu erwischen.«
» Wo…« Damon schluckte. » Wo waren sie?«
» Sie sind die Vordertreppe hinuntergelaufen.«
» Und erinnert Ihr Euch an das Datum, an dem sie hier waren?«
» Es war der Abend, an dem das Gelände für diese Party hergerichtet wurde. Der Rasen wurde mit Steinwalzen bearbeitet und der Baldachin errichtet.«
Merkwürdige Dinge, um sie bei Nacht zu erledigen, dachte Elena, doch dann fiel es ihr wieder ein. Das Licht war immer gleich.
Aber ihr Herz hämmerte. Shinichi und Misao konnten nur aus einem einzigen Grund hier gewesen sein: um die Hälfte des Fuchsschlüssels zu deponieren.
Und vielleicht haben sie den Schlüssel im Großen Ballsaal versteckt, dachte Elena. Sie beobachtete dumpf, wie die gesamte kuppelförmige Außenwand der Bibliothek sich plötzlich drehte, beinahe wie ein riesiges Planetarium, sodass Lady Blodwedd eine Kugel ergreifen und sie in eine Vorrichtung legen konnte, die wohl dafür sorgte, dass in verschiedenen Räumen Musik ertönte.
» Entschuldigt meine Fragen, aber…«, begann Damon.
» Dies ist meine private Bibliothek«, wiederholte Lady Blodwedd kalt vor dem Hintergrund der Feuervogel-Suite .
» Was bedeutet, dass wir jetzt gehen müssen?«
» Was bedeutet, dass ich euch jetzt töten werde.«
Kapitel Sechsunddreißig
» Was?«, überschrie Damon die immer lauter erklingende Musik, während er gleichzeitig an Elena gewandt telepathisch hinzufügte: Lauf – geh!
Wenn es lediglich um Elenas Leben gegangen wäre, wäre sie hier mit Freuden gestorben, eingehüllt in die donnernde Schönheit des Feuervogels , statt es allein mit diesen steilen unsichtbaren Stufen aufzunehmen.
Aber es ging nicht nur um ihr Leben. Es ging auch um Stefanos Leben. Trotzdem, die Blumenmaid sah nicht besonders bedrohlich aus, und so konnte Elena nicht genug Adrenalin heraufbeschwören, um es diese grässliche Treppe allein hinunterzuwagen.
Damon, lass uns beide gehen. Wir müssen den Großen Ballsaal absuchen. Nur du bist stark genug …
Ein Zögern. Damon will lieber kämpfen, als es mit diesem riesigen unmöglichen grünen Feld dort draußen aufzunehmen, dachte Elena.
Lady Blodwedd ließ jetzt erneut den Raum um sie herumdrehen, sodass sie, am Rande eines unsichtbaren Gehwegs, genau die Kugel finden konnte, die sie brauchte.
Damon nahm Elena auf die Arme und sagte: Schließ die Augen.
Elena schloss die Augen nicht nur, sie legte auch beide Hände darauf. Wenn Damon sie fallen lassen würde, würde es die Dinge auch nicht mehr verbessern, wenn sie » Vorsicht!« rief.
Diese Gefühle waren an sich schon Übelkeit erregend genug. Ganz zu schweigen davon, dass Damon wie ein Steinbock von Stufe zu Stufe sprang. Er schien die Stufen dabei kaum zu berühren, und Elena fragte sich– ganz plötzlich–, ob etwas hinter ihnen her war.
Wenn ja, war das eine Information, die sie brauchte. Sie begann, die Hände zu heben, und hörte Damon in einer Mischung aus Flüstern und Knurren sagen: » Halt die Augen geschlossen!« Er sprach in einem Tonfall, bei dem nur wenigen Leuten in den Sinn kam, mit ihm zu streiten.
Elena spähte zwischen ihren Fingern hindurch, schaute direkt in Damons verärgerte Augen und sah, dass nichts ihnen folgte. Sie presste die Hände wieder fest auf ihr Gesicht und betete.
Wenn du wirklich eine Sklavin wärst, würdest du hier keinen Tag überleben, weißt du das?, informierte Damon sie, als er den letzten Sprung ins Leere machte und sie dann auf dem unsichtbaren– aber zumindest ebenen– Boden abstellte.
Ich würde es auch nicht wollen, sandte Elena ihm kalt zurück. Ich schwöre, ich würde lieber sterben.
Sei vorsichtig mit
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