Tagebuch Eines Vampirs 06. Seelen Der Finsternis
etwas Großes– und Warmes.
Nicht Meredith. Niemals, seit Bonnie sie kannte, hatte Meredith nach ranzigem Schweiß und verfaulten Eiern gerochen. Aber das warme Etwas ergriff Bonnies erhobene Hände, und da waren sie wieder, diese seltsamen Klickgeräusche.
Die Hände des Etwas ballten sich zu Fäusten. Und sie waren nicht nur warm; sie waren heiß und trocken. Und sie stachen eigenartig in Bonnies Haut hinein.
Dann, als das Licht neben dem Nachttisch anging, waren sie mit einem Mal fort. Die Lampe, die Meredith gefunden hatte, verströmte ein sehr, sehr schwaches rubinfarbenes Licht– und es war leicht zu erkennen, warum. Jemand hatte ein rubinfarbenes Negligé und einen Morgenrock um den Schirm gebunden.
» Das ist ein potenzieller Brandherd«, bemerkte Meredith, und selbst ihre gelassene Stimme klang erschüttert.
Caroline stand vor ihnen in dem roten Licht. Sie wirkte auf Bonnie größer denn je, hochgewachsen und sehnig, bis auf die leichte Wölbung ihres Bauches. Sie war normal gekleidet, mit Jeans und einem engen T-Shirt. Jetzt hielt sie die Hände spielerisch hinterm Rücken verborgen und lächelte ihr altes freches, hinterhältiges Lächeln.
Ich will nach Hause, dachte Bonnie.
Meredith sagte: » Nun?«
Caroline lächelte einfach weiter. » Nun, was?«
Meredith verlor die Geduld. » Was willst du?«
Caroline sah einfach nur durchtrieben aus. » Hast du deine Freundin Isobel heute besucht? Ein kleines Schwätzchen mit ihr gehalten?«
Bonnie verspürte den mächtigen Drang, Caroline dieses selbstgefällige Lächeln aus dem Gesicht zu schlagen. Sie tat es nicht. Es war nur eine Illusion des Lampenlichts– sie wusste, dass es so sein musste –, aber es sah beinahe so aus, als leuchtete in der Mitte von Carolines Augen ein roter Punkt.
» Wir haben Isobel im Krankenhaus besucht, ja«, erwiderte Meredith ausdruckslos. Dann fügte sie mit unüberhörbarem Ärger in der Stimme hinzu: » Und du weißt ganz genau, dass sie noch nicht reden kann. Aber«– mit einer triumphierenden kleinen Wendung– » die Ärzte sagen, sie wird irgendwann wieder dazu in der Lage sein. Ihre Zunge wird heilen, Caroline. Sie mag Narben an all den Stellen haben, an denen sie sich gepierct hat, aber sie wird wieder ohne Probleme sprechen können.«
Carolines Lächeln war verblasst, sodass ihr Gesicht jetzt ausgezehrt aussah und voll dumpfen Zornes war. Zorn worauf, fragte Bonnie sich.
» Es würde dir guttun, aus diesem Haus herauszukommen«, erklärte Meredith dem Mädchen mit dem neuerdings überraschend kupferfarbenen Haar. » Du kannst nicht in der Dunkelheit leben…«
» Das werde ich auch nicht für immer«, unterbrach Caroline sie scharf. » Nur bis zur Geburt der Zwillinge.« Sie stand auf, die Hände immer noch hinter sich, und drückte den Rücken durch, sodass ihr Bauch noch deutlicher hervortrat.
» Geburt der– Zwillinge?« Bonnie war so erschrocken, dass sie zu sprechen begonnen hatte.
» Matt junior und Mattie. So werde ich die beiden wohl nennen.«
Carolines hämisches Lächeln und ihre unverschämten Augen waren beinahe mehr, als Bonnie ertragen konnte. » Das kannst du nicht tun!«, hörte sie sich rufen.
» Oder vielleicht werde ich das Mädchen Honey nennen. Matthew und Honey, nach ihrem Daddie, Matthew Honeycutt.«
» Das kannst du nicht machen«, schrie Bonnie, diesmal schriller. » Vor allem, da Matt nicht einmal hier ist, um sich zu verteidigen…«
» Ja, er ist sehr plötzlich weggelaufen, nicht wahr? Die Polizei wundert sich darüber. Natürlich«– Caroline senkte die Stimme zu einem bedeutungsvollen Flüstern– » ist er nicht allein. Elena ist bei ihm. Ich frage mich, was die beiden wohl in ihrer Freizeit anstellen?« Sie kicherte, ein hohes, albernes Kichern.
» Elena ist nicht die Einzige, die bei Matt ist«, sagte Meredith, und jetzt klang ihre Stimme tief und bedrohlich. » Es ist noch jemand bei ihm. Erinnerst du dich an eine Vereinbarung, die du unterschrieben hast? Dass du niemandem von Elena erzählen oder die Aufmerksamkeit auf sie lenken würdest?«
Caroline blinzelte langsam, wie eine Eidechse. » Vor langer Zeit. Was mich betrifft, in einem anderen Leben.«
» Caroline, du wirst kein ganzes Leben mehr haben, wenn du diesen Eid brichst! Damon würde dich töten oder– hast du bereits…?« Meredith brach ab.
Caroline kicherte noch immer auf diese kindische Art, als sei sie ein kleines Mädchen und jemand habe ihr gerade einen unartigen Witz erzählt.
Bonnie brach
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