Tagebuch Eines Vampirs 06. Seelen Der Finsternis
und nichts würde sie ihr jemals nehmen können.
Damon war verärgert. Während er mit seinen breiten Krähenflügeln immer höher flog, entfaltete die Landschaft unter ihm sich wie ein prachtvoller Teppich, und der hereinbrechende Tag ließ die Wiesen und die sanften Hügel wie Smaragde leuchten.
Damon ignorierte es. Er hatte es schon zu viele Male gesehen. Wonach er Ausschau hielt, war una donna splendida.
Aber seine Gedanken schweiften immer wieder ab. Matt und sein Pflock… Damon begriff noch immer nicht, warum Elena einen Justizflüchtling mitnehmen wollte. Elena… Damon versuchte, den gleichen Ärger auf sie heraufzubeschwören, wie er ihn für Matt empfand, aber es gelang ihm einfach nicht.
Er ließ sich in Kreisen auf die Stadt unter ihm hinabschweben, wobei er sich an den Wohnbezirk hielt und nach Auren suchte. Er wollte eine Aura, die ebenso stark wie schön war. Und er war lange genug in Amerika, um zu wissen, dass so früh am Morgen nur drei Gruppen von Menschen schon auf und im Freien waren. Schüler waren die Ersten, aber es war Sommer, daher würden weniger von ihnen unterwegs sein, unter denen er wählen konnte. Entgegen Matts Vermutungen bediente Damon sich nur selten einer Highschool-Schülerin oder Studentin. Jogger bildeten die zweite Gruppe. Und die dritte Gruppe, die eine schöne Aura hatte, genau wie… die dort unten… waren Frauen, die sich ihrem Garten widmeten.
Die junge Frau mit der Heckenschere blickte auf, als Damon um die Ecke kam und sich ihrem Haus näherte, wobei er bewusst erst schnell ging und dann langsamer wurde. Schon seine verhaltenen Schritte machten klar, dass er entzückt war, die florale Extravaganz vor dem zauberhaften viktorianischen Haus zu betrachten. Einen Moment lang wirkte die junge Frau unentschlossen, beinahe angstvoll. Doch das war normal. Damon trug schwarze Stiefel, schwarze Jeans, ein schwarzes T-Shirt, eine schwarze Lederjacke und obendrein seine Ray-Ban-Sonnenbrille. Aber dann lächelte er und begann im gleichen Moment die erste zarte Infiltration des Geistes von la bella donna.
Eines war ihm schon vorher klar. Sie mochte Rosen.
» ›Dream Weaver ‹ in voller Blüte«, bemerkte er und schüttelte bewundernd den Kopf, während er die mit leuchtend rosafarbenen Blüten bedeckten Sträucher betrachtete. » Und diese ›White Icebergs‹ dort am Spalier… aah, aber erst Ihre ›Moonstones‹!« Er berührte leicht eine offene Rose, deren mondlichtfarbenes Weiß am Rand der Blütenblätter in ein zartes Rosa überging.
Die junge Frau– Krysta– musste unwillkürlich lächeln. Damon spürte, wie sich ein Strom von Informationen mühelos von ihrem in seinen Geist ergoss. Sie war gerade zweiundzwanzig, unverheiratet und lebte noch zu Hause. Sie besaß genau die Art von Aura, nach der er suchte– und hatte nur einen schlafenden Vater im Haus.
» Sie sehen nicht wie ein Typ aus, der so viel über Rosen weiß«, sagte Krysta unumwunden, dann lachte sie verlegen. » Tut mir leid. Ich habe bei den Rosenausstellungen in Creekville alle möglichen Leute kennengelernt.«
» Meine Mutter ist eine begeisterte Gärtnerin«, log Damon flüssig und ohne eine Spur von Unbehagen. » Ich schätze, ich habe meine Leidenschaft von ihr. Ich bleibe leider nicht lange genug an einem Ort, um selbst welche zu züchten, aber träumen darf ich ja. Würden Sie gern wissen, was mein ultimativer Traum ist?«
Inzwischen hatte Krysta das Gefühl, als schwebe sie auf einer köstlichen, nach Rosen duftenden Wolke. Damon spürte jede zarte Nuance in ihr, genoss ihr Erröten, genoss das leichte Beben, das ihren Körper durchlief.
» Ja«, sagte Krysta schlicht. » Ich würde gern erfahren, was das für ein Traum ist.«
Damon beugte sich vor und senkte die Stimme. » Ich möchte eine wirklich schwarze Rose züchten.«
Krysta wirkte erschrocken, und etwas blitzte zu schnell durch ihren Geist, als dass Damon es hätte erhaschen können. Aber dann sagte sie mit gleichermaßen gedämpfter Stimme: » Dann gibt es etwas, das ich Ihnen gern zeigen würde. Falls– falls Sie Zeit haben, mich zu begleiten.«
Der Garten hinterm Haus war noch prächtiger als der davor, und eine Hängematte schwang sachte hin und her, wie Damon zufrieden feststellte. Schließlich würde er schon bald einen Platz brauchen, an dem er Krysta ablegen konnte… während sie ausschlief.
Aber hinter der Laube war etwas, das ihn dazu trieb, seinen Schritt unwillkürlich zu beschleunigen.
» Die Rose ›Black
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