Tagebuch Eines Vampirs 06. Seelen Der Finsternis
war, wie Damon es gewesen sein musste, einfach keine Wahl hatte, was seine Handlungen betraf.
Vielleicht lag es daran, dass sie das Ding, diesen Malach, aus ihm herausgezogen hatte. Den pulsierenden Albino, den zweiten Körper, der in ihm gewesen war. Damon zwang sich, ein Schaudern zu unterdrücken.
Damon war froh darüber, dass die konkreten Erinnerungen daran fort waren. Shinichi hatte ihm alle Erinnerungen an die Zeit genommen, seit sie beide, Kitsune und Vampir, sich zum ersten Mal im Alten Wald getroffen hatten. Und das war gut. Denn von dem Moment an, als er in die lachenden, goldenen Augen des Fuchsgeistes geblickt hatte, war sein Leben vergiftet gewesen.
Und jetzt… jetzt war er mit Elena allein, mitten in der Wildnis, in der die Städte weit voneinander entfernt lagen. Sie waren absolut und auf einzigartige Weise allein, während Damon von Elena hilflos das wollte, was jeder menschliche Junge, dem sie je begegnet war, gewollt hatte.
Am Schlimmsten von allem wog die Tatsache, dass das Betören von Mädchen, das Verführen von Mädchen praktisch Damons Daseinszweck war. Nur weil er sich darauf verstand wie kein Zweiter, hatte er über ein halbes Jahrtausend überlebt. Und doch wusste er eines: Er durfte damit bei diesem einen Mädchen nicht anfangen, diesem Mädchen, das für ihn das Juwel auf dem Dunghaufen der Menschheit darstellte.
Allem Anschein nach hatte er sich vollkommen unter Kontrolle, war eisig und korrekt, distanziert und desinteressiert.
Aber die Wahrheit war, dass er gleichzeitig den Verstand verlor.
Nachdem Damon an diesem Abend sichergestellt hatte, dass Elena mit Essen und Wasser versorgt und außer Gefahr in dem Mondeo eingeschlossen war, rief er einen feuchten Nebel herab und begann, seine dunkelsten Zauber zu weben. Es waren Botschaften für alle Schwestern und Brüder der Nacht, die vielleicht auf den Wagen stießen, dass das Mädchen darin unter Damons Schutz stand; und dass Damon jeden, der auch nur die Ruhe des Mädchens störte, zur Strecke bringen und bei lebendigem Leibe häuten würde… bevor er sich Zeit nahm, den Schuldigen wirklich zu bestrafen. Anschließend flog Damon in Gestalt einer Krähe einige Meilen in südlicher Richtung, fand eine Spelunke, in der ein Rudel Werwölfe trank und von einigen charmanten Bardamen bedient wurde, und schlug sich dort buchstäblich die Nacht um die Ohren.
Aber es war nicht genug, um ihn abzulenken– nicht annähernd genug. Als er früh am Morgen zurückkehrte, sah er, dass die Zauber um den Wagen in Fetzen hingen. Bevor er in Panik geraten konnte, wurde ihm klar, dass Elena sie von innen aufgerissen hatte. Doch wegen ihrer friedfertigen Absichten und ihres unschuldigen Herzens war er nicht gewarnt worden.
Und dann erschien Elena selbst, sie kam vom Ufer eines Flusses herauf und sah sauber und erfrischt aus. Ihr bloßer Anblick erschütterte Damon bis ins Mark. Ihre Anmut, ihre Schönheit, ihre unerträgliche Nähe. Er roch ihre frisch gewaschene Haut und atmete ihren einzigartigen Duft zwanghaft immer tiefer und tiefer ein.
Er wusste nicht, wie er auf diese Art auch nur einen einzigen weiteren Tag ertragen sollte.
Und dann kam Damon plötzlich eine Idee.
» Möchtest du gern etwas lernen, das dir helfen würde, deine Aura noch besser in dir zu halten, sie zu kontrollieren?«, fragte er, als sie auf dem Weg zum Wagen an ihm vorbeikam.
Elena warf ihm einen Seitenblick zu. » Du hast also beschlossen, wieder mit mir zu reden. Soll ich jetzt vor Glück ohnmächtig werden?«
» Nun– das würde ich jederzeit zu schätzen wissen…«
» Ach ja?«, fragte sie scharf, und Damon begriff, dass er den Sturm unterschätzt hatte, den er in diesem willensstarken Mädchen heraufbeschworen hatte.
» Nein. Also, ich meine es ernst«, sagte er und richtete den Blick seiner dunklen Augen auf sie.
» Ich weiß. Du wirst mir sagen, ich solle ein Vampir werden, um zu lernen, meine Macht zu kontrollieren.«
» Nein, nein, nein. Das hat nichts mit dem Vampirdasein zu tun.« Damon weigerte sich, sich in einen Streit verwickeln zu lassen, und das musste Elena beeindruckt haben, denn schließlich fragte sie: » Also, was ist es dann?«
» Es geht darum zu lernen, wie du deine Macht zirkulieren lassen kannst. Blut zirkuliert, ja? Und Macht kann ebenfalls zirkulieren. Selbst Menschen haben das seit Jahrhunderten gewusst, ob sie es nun Lebenskraft nennen oder qi oder ki. Wie die Dinge liegen, gestattest du es deiner Macht einfach, sich in Luft
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