Tagebuch eines Vampirs 7 - Schwarze Mitternacht
zog sie vom Zaun weg. »Das ist der zweite
Pfiff – den dürfen wir nicht versäumen, denn danach
schließen sie uns für die Nacht ein. Ich bin Eren, wer bist
du?«
»Bonnie.«
Eren schnaubte und grinste. »Mir sol ’s recht sein.«
Bonnie ließ sich eine schmutzige Treppe hinauf und in eine
ebenso schmutzige Cafeteria führen. Das blonde
Mädchen, das sich als Bonnies Hüterin anzusehen schien,
reichte ihr ein Tablett und schob sie weiter. Bonnie konnte
sich nicht aussuchen, was sie essen wol te, und so ließ es
sich nicht vermeiden, dass sie einen Schöpfer vol
zappelnder Nudeln bekam ; aber am Ende gelang es ihr
wenigstens, sich ein zusätzliches Brötchen zu schnappen.
Damon! Niemand untersagte ihr, eine Botschaft
auszusenden, also machte sie damit weiter. Wenn sie
bestraft werden würde, dachte sie trotzig, würde sie
wenigstens für den Versuch bestraft werden, hier
wegzukommen. Damon, ich bin in einem Sklavenhandel!
Hilf mir!
Die blonde Eren nahm sich ein Göffel, also tat Bonnie es
ihr nach. Messer gab es keine. Al erdings gab es dünne
Servietten, was Bonnie erleichterte, denn darin würden die
Zappelnudeln enden.
Ohne Eren hätte Bonnie niemals einen Platz an den
Tischen gefunden, die dicht besetzt waren mit essenden
jungen Mädchen. »Rutsch rüber, rutsch rüber«, sagte Eren
immer wieder, bis genug Platz für sie und Bonnie war.
Das Abendessen war eine echte Prüfung für Bonnie – für
ihren Magen und für ihre Lungen bezüglich der Frage, wie
laut sie schreien konnte. »Warum tust du das al es für
mich?«, rief sie Eren ins Ohr, als der ohrenbetäubende
Geräuschpegel ihr wenigstens eine kleine Chance dazu
gab.
»Oh, nun, du bist ein Rotschopf und al es – es hat mich an
Alianas Botschaft erinnert, musst du wissen. An die echte
Bonny.« Sie sprach den Namen seltsam aus und
verschluckte irgendwie das Y, aber zumindest sagte sie
nicht Bonna.
»Welche von ihnen? Welche Nachricht, meine ich?«, schrie
Bonnie.
Eren warf ihr einen Machst-du-Witze-Blick zu. »Hilf, wenn
du kannst, gib Obdach, wenn du Platz hast, führe, wenn du
weißt, wohin du gehen musst«, sagte sie in einer Art
ungeduldigem Singsang, dann machte sie ein
zerknirschtes Gesicht und f?gte hinzu: ?Und hab Geduld
mit denen, die langsam von Begriff sind.? Sie attackierte
ihr Essen mit einer Haltung, als habe sie al es gesagt, was
es zu sagen gab.
Oh Mann, dachte Bonnie. Irgendjemand musste die
Geschichte gewaltig aufgebauscht haben. Elena hatte
niemals irgendetwas von diesen Dingen gesagt.
Ja, aber – aber viel eicht hatte sie diese Dinge vorgelebt,
ging es Bonnie durch den Kopf, und ein Kribbeln überlief
ihren ganzen Körper. Und viel eicht hatte jemand sie
gesehen und die Worte erfunden. Zum Beispiel dieser
verrückt aussehende Bursche, dem sie ihren Ring oder ihr
Armband oder irgendetwas geschenkt hatte. Sie hatte
auch ihre Ohrringe verschenkt. Sie hatte diesen Leuten mit
den Schildern so viel sie konnte gegeben. Schilder mit der
Aufschrift: EINE ERINNERUNG FÜR EINE MAHLZEIT.
Beim Rest des Abendessens ging es nur darum, Essen mit
dem Göffel aufzuspießen und es nicht anzusehen, einmal
darauf zu kauen und dann zu entscheiden, ob sie es auf
ihre noch immer zappelnde Serviette spucken oder
versuchen sol te, es unter möglichst weitgehender
Ausschaltung ihres Geschmackssinns herunterzuschlucken.
Anschließend wurden die Mädchen in ein anderes
Gebäude geführt, das mit Pritschen überfül t war, die
kleiner waren und nicht so bequem aussahen wie die in
Bonnies Gasthaus. Jetzt war sie entsetzt über sich selbst,
dass sie diesen Raum verlassen hatte. Dort hatte sie
Sicherheit gehabt, sie hatte etwas zu essen gehabt, das
sie tatsächlich verzehren konnte, sie hatte Unterhaltung
gehabt ? selbst die D?z8s waren jetzt eingeh?l t in den
goldenen Schein der Erinnerung ? , und sie hatte die
Chance gehabt, dass Damon sie finden w?rde. Hier hatte
sie nichts von al dem.
Aber Eren schien einen unwiderstehlichen Einfluss auf die
Mädchen hier zu haben, oder aber sie al e waren ebenfal s
Alianiten, denn sie rief: »Wo ist eine Pritsche? Ich habe ein
neues Mädchen in meinem Schlafzimmer. Denkt ihr, sie
wird auf dem nackten Boden schlafen?« Und schließlich
wurde eine staubige Pritsche von Hand zu Hand bis in
Erens »Schlafzimmer« weitergereicht – eine Gruppe von
Pritschen, deren Kopfenden zusammengeschoben waren.
Als Gegenleistung gab Eren einem der anderen
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