Tagebuch eines Vampirs 7 - Schwarze Mitternacht
ein samtener rosaroter
Lippenstift, der sich nicht abwischen lie?.
Danach saß sie nur da und fuhr sich mit den Fingern durchs
Haar, bis es trocken war, was der uralte Apparat mit einem
Ping verkündete.
Die nächste Station erinnerte Bonnie ein wenig an die
Tage nach Thanksgiving in einem großen Schuhgeschäft.
Die stärkeren und entschlossenen Mädchen schafften es,
ihren schwächeren Schwestern Schuhe zu entreißen und
einen Fuß hineinzuzwängen – nur um in der nächsten
Minute den Prozess von Neuem zu beginnen. Bonnie hatte
Glück. Sie entdeckte einen winzigen schwarzen Schuh mit
leicht silbrigen Riemchen und behielt ihn im Auge, während
er von Mädchen zu Mädchen weitergereicht wurde. Als
eines ihn fal en ließ, stürzte Bonnie sich darauf und
probierte ihn an. Sie wusste nicht, was sie getan hätte,
wenn er nicht gepasst hätte. Aber er passte, und sie ging
zur nächsten Station, um sich den zweiten Schuh
herauszusuchen. Während sie wartend dasaß, probierten
andere Mädchen Parfüm aus. Bonnie sah, wie zwei ganze
Flaschen über die Mieder der Mädchen ausgeschüttet
wurden, und fragte sich, ob sie unbedingt verkauft werden
oder ob sie sich damit vergiften wol ten. Außerdem gab es
an dieser Station auch Blumen. Bonnie war bereits
schwindelig vom Parf?m und hatte beschlossen, keines zu
benutzen, da br?l te schon eine hochgewachsene Frau ?
ber ihren Kopf hinweg und eine Girlande aus Fresien
wurde ihr prompt ins Haar gesteckt, sodass sie ihr Gesicht
umrahmte.
Die letzte Station war am unerträglichsten. Sie hatte keinen
Schmuck und hätte zu dem Kleid lediglich ein Armband
getragen. Aber sie bekam gleich zwei: schmale,
unzerbrechliche Plastikarmreife, ein jeder mit einer Zahl
darauf – ihre Identität von jetzt an, wie sie gesagt bekam.
Sklavenarmreife. Sie war jetzt gewaschen, verpackt und
abgestempelt worden, sodass man sie bequem verkaufen
konnte.
Damon!, rief sie stimmlos, aber irgendetwas war in ihr
gestorben, und sie wusste jetzt, dass ihre Rufe nicht
beantwortet werden würden.
»Sie wurde als entlaufene Sklavin aufgegriffen und
beschlagnahmt«, erklärte der Mann aus dem
Süßigkeitenladen Damon ungeduldig. »Und das ist al es,
was ich weiß.«
Damon verspürte ein Gefühl, das er kaum kannte. Übelkeit
erregendes Grauen. Er begann wirklich zu glauben, dass er
diesmal zu weit gegangen war; dass er zu spät kommen
würde, um sein Rotkäppchen zu retten; dass sich
irgendeins von mehreren schrecklichen Szenarien viel eicht
abgespielt haben würde, bevor er sie erreichte.
Es war unerträglich, sich diese Szenarien in al en
Einzelheiten auszumalen. Was er tun würde, wenn er sie
nicht rechtzeitig fand …
Er streckte die Hand aus und packte den Ladenbesitzer
ohne die geringste Anstrengung an der Kehle und hob ihn
von den Füßen.
»Wir müssen ein wenig plaudern«, sagte er und richtete
die vol e Wucht seiner drohenden dunklen Augen auf die
hervorquel enden Augen seiner Beute. »Darüber, wie ie
beschlagnahmt wurde. Wehr dich nicht. Wenn du dem
Mädchen nichts zuleide getan hast, hast du nichts zu
befürchten. Wenn doch …«
Er zog den zu Tode erschrockenen Mann vol kommen über
die Theke und fügte sehr leise hinzu: »Wenn doch, dann
sol test du dich unbedingt wehren. Es wird am Ende keinen
Unterschied machen – wenn du verstehst, was ich meine.«
Die Mädchen wurden in die größten Kutschen gesetzt, die
Bonnie bisher in der Dunklen Dimension gesehen hatte;
drei schlanke Mädchen auf einem Sitz und zwei Sitzreihen
pro Kutsche. Es durchzuckte sie jedoch ein unangenehmer
Stich, als das ganze Ding, statt sich vorwärts zu bewegen
wie eine Kutsche, von verschwitzten Sklaven mit Stangen
angehoben wurde. Es war eine riesige Sänfte. Bonnie riss
sich sofort ihre Fresiengirlande aus dem Haar und vergrub
die Nase darin. Die Girlande hatte den zusätzlichen Nutzen,
dass sie darin ihre Tränen verstecken konnte.
»Habt Ihr irgendeine Vorstel ung davon, wie viele Häuser,
Tanzsäle, Hal en und Theater es gibt, in denen heute
Abend Mädchen verkauft werden?« Die Wächterin mit dem
goldenen Haar sah ihn mit einem süffisanten Grinsen an.
»Wenn ich das wüsste«, erwiderte Damon mit einem
kalten, unheilverkündenden Lächeln, »wäre ich nicht hier,
um Euch zu fragen.«
Die Wächterin zuckte die Achseln. »Unsere Aufgabe
besteht wirklich nur darin zu versuchen, hier den Frieden
aufrechtzuerhalten – und Ihr könnt sehen,
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