Tagebuch eines Vampirs 7 - Schwarze Mitternacht
hingefunden hätte.
Sie wusste auch, was sie wol te. Sie wusste es aus der
Geschichte und von dem einen Bissen, den Marit
genommen hatte.
Eine Zuckerpflaume war rund wie eine echte Pflaume, und
sie hatte Datteln herausgeschmeckt, Mandeln, Gew?rze
und Honig ? und es mochten auch einige Rosinen dabei
gewesen sein. Die Pflaume sol te f?nf Soli kosten, der
Geschichte zufolge, aber Bonnie hatte f?nfzehn der kleinen,
kupfrig aussehenden M?nzen mitgenommen, nur f?r den
kulinarischen Notfal .
Sobald sie im Laden war, schaute Bonnie sich
argwöhnisch um. In dem Raum befanden sich eine Menge
Kunden, viel eicht sechs oder sieben. Ein braunhaariges
Mädchen trug ein Sackgewand genau wie Bonnie und
wirkte erschöpft. Verstohlen schlich Bonnie sich an sie
heran und drückte dem Mädchen fünf von ihren Kupfersoli
in die rissige Hand und dachte: Jetzt kann sie eine
Zuckerpflaume kaufen genau wie ich; das sol te sie
aufheitern. Und das tat es auch: Das Mädchen schenkte ihr
die Art von Lächeln, die Mers Düz8 häufig Marit schenkte,
wenn sie etwas Entzückendes getan hatte.
Ich frage mich, ob ich sie ansprechen sol te?
»Hier scheint ja ziemlich viel los zu sein«, flüsterte Bonnie
und zog den Kopf ein.
Das Mädchen flüsterte zurück: »Es war viel los. Den
ganzen gestrigen Tag habe ich gehofft, aber es kam immer
mindestens ein Vornehmer neu herein, wenn der letzte
ging.«
»Du meinst, du musst warten, bis der Laden leer ist, um
…?«
Das braunhaarige Mädchen sah sie neugierig an.
»Natürlich – es sei denn, du kaufst etwas für deine Herrin
oder deinen Herrn.«
»Wie heißt du?«, flüsterte Bonnie.
»Kelta.«
»Ich bin Bonnie.«
Daraufhin brach Kelta in lautloses, aber krampfhaftes
Gekicher aus.
Bonnie war gekränkt; sie hatte Kelta gerade eine
Zuckerpflaume geschenkt – oder das Geld für eine solche,
und jetzt lachte das Mädchen sie aus.
»Es tut mir leid«, sagte Kelta, als ihre Heiterkeit sich gelegt
hatte. »Aber findest du es nicht komisch, dass es im letzten
Jahr so viele Mädchen gegeben hat, die ihre Namen
geändert haben und jetzt Aliana und Mardeth oder Bonna
heißen – es ist sogar einigen Sklavinnen erlaubt, das zu
tun.«
»Aber warum?«, flüsterte Bonnie mit solch offensichtlich
echter Verwirrung, dass Kelta sagte: »Nun, natürlich um in
die Geschichte zu passen. Um wie die Mädchen zu heißen,
die die alte Blodwedd getötet haben, während sie durch
die Stadt wütete.«
»Das war eine so große Sache?«
»Du weißt es wirklich nicht? Nachdem sie getötet worden
war, ging al ihr Geld in den fünften Sektor über, wo sie
gelebt hatte, und es blieb noch genug übrig für einen
großen Festtag. Ich bin aus diesem Sektor. Und ich hatte
früher immer solche Angst, wenn ich nach Einbruch der
Dunkelheit mit einer Nachricht oder irgendeinem anderen
Auftrag ausgeschickt wurde, weil sie direkt über einem
sein konnte und man es nie wusste, bis …« Kelta hatte al
ihr Geld in eine Tasche gesteckt, und jetzt machte sie eine
Geste, als stießen Klauen auf eine unschuldige Hand
herab.
»Aber du bist wirklich eine Bonna«, meinte Kelta, und wei?
e Z?hne blitzten vor dem Hintergrund einer ziemlich
schmutzigen Haut auf. ?Oder jedenfal s hast du das
gesagt.?
»Ja«, bestätigte Bonnie mit einem vagen Gefühl der
Traurigkeit. »Ich bin in der Tat eine Bonna!« Im nächsten
Moment hel te sich ihre Miene auf. »Der Laden ist leer!«
»Ja! Oh, du bist eine Glücksbringerin, Bonna! Ich warte
schon seit zwei Tagen.«
Sie näherte sich mit einem Mangel an Angst, den Bonnie
sehr ermutigend fand, der Theke. Dann fragte sie nach
etwas, das sich Blutgelee nannte und das für Bonnie
aussah wie eine kleine Form vol Erdbeerwackelpudding
mit etwas Dunklerem tief im Innern. Kelta lächelte Bonnie
unter dem Vorhang ihres langen, ungekämmten Haares
hindurch an und war verschwunden.
Der Mann, der den Süßigkeitenladen betrieb, schaute
immer wieder erwartungsvol zur Tür; er hoffte offenkundig,
dass eine freie Person – ein Edelmann – hereinkommen
würde. Es kam jedoch niemand und schließlich wandte er
sich Bonnie zu.
»Und was wil st du?«, fragte er.
»Nur eine Zuckerpflaume, bitte?« Bonnie gab sich al e
Mühe, dafür zu sorgen, dass ihre Stimme nicht zitterte.
Der Mann war gelangweilt. »Zeig mir deinen Pass«, sagte
er gereizt, ohne sie anzusehen.
Das war der Punkt, an dem Bonnie plötzlich wusste, dass
al es auf schreckliche Weise
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