Tagebuch eines Vampirs 9 - Jagd im Mondlicht
augenblicklich versteifte und sich die
Augen zuhielt. Dann sah sie zu Meredith hinüber. Diese nickte ihr ener-
gisch zu, rappelte sich hoch und griff nach ihrem Stab. In diesem Moment
dachten alle drei das gleiche: Zander wusste genau, wo er Bonnie finden
konnte.
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Elena riss die Tür auf und Matt kam hereingestolpert. Er trug einen
langen schwarzen Kapuzenumhang und blickte in wilder Verzweiflung
umher, während er nach Luft rang.
»Matt?«, fragte sie überrascht und sah Meredith an, die kaum merklich
die Achseln zuckte und ihren Stab wieder beiseitelegte. »Was ist los? Und
was hast du da an ?«
Er packte Elena fest an den Schultern. »Stefano ist in Gefahr«, stieß er
hervor, und sie erstarrte. »Die Vitale Society – alles Vampire! Stefano hat
mich gerettet, aber er kann nicht gegen sie alle kämpfen.« Er erklärte
schnell, was in dem geheimen Raum unter der Bibliothek geschehen war.
»Wir haben nicht viel Zeit«, kam er zum Ende. »Sie töten – sie verwan-
deln alle Anwärter in Vampire. Ich weiß nicht einmal, was Ethan mit Ste-
fano vorhat. Wir müssen dorthin zurück. Und wir brauchen Damon.«
Meredith ergriff erneut den Kampfstab und holte entschlossen ihre
schwarze Waffentasche aus dem Schrank. Bonnie war ebenfalls auf den
Beinen, die Fäuste geballt, das Kinn vorgereckt.
»Ich werde Damon anrufen«, sagte Elena und griff hektisch nach ihrem
Handy. Er hatte sie nach ihrem Besuch bei James zum Wohnheim
zurückbegleitet, aber wahrscheinlich war er immer noch irgendwo in der
Nähe.
Stefano ist in Gefahr. Falls er … falls ihm etwas zustieß, falls ihm irgen-
detwas zustieß, während sie voneinander getrennt waren, während er im-
mer noch ihretwegen litt, würde Elena sich das niemals verzeihen. Und
sie verdiente es nicht, dass man ihr verzieh.
Sie spürte ihre Schuld wie ein Messer in ihrem Magen. Wie hatte sie
Stefano so wehtun können? Sie fühlte sich zu Damon hingezogen, sicher,
sie liebte ihn sogar, ja, aber sie hatte niemals den geringsten Zweifel
daran gehabt, dass Stefano ihre wahre Liebe war. Und doch hatte sie ihm
das Herz gebrochen.
Sie würde alles tun, um Stefano zu retten. Sie würde für ihn sterben,
wenn es darauf ankam. Und während sie mit dem Handy am Ohr darauf
wartete, dass Damon endlich abnahm, wurde ihr klar, dass sie nicht im
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geringsten daran zweifelte, dass auch Damon alles tun würde, um seinen
Bruder zu retten.
Kapitel Neununddreissig
Stefano hatte keinen konkreten Plan gehabt, als er sich bereiterklärte, an-
stelle von Matt zu bleiben. Er wusste nur, dass er Matt retten musste, und
jetzt hoffte er, dass Damon kam, um ihn zu retten. Ein dumpfer, beharr-
licher Schmerz pochte in Stefanos Handgelenken, ein Schmerz, den er
kaum ignorieren konnte. Er versuchte, sich gegen die Seile zu stemmen,
die ihn an den Stuhl fesselten, und drehte die Hände von links nach
rechts, so weit er konnte, aber es war hoffnungslos. Die Fesseln bewegten
sich keinen Millimeter.
Benommen schaute er sich um. Der Raum wirkte jetzt wieder ebenso
feierlich und mysteriös, wie in dem Moment, als er die Tür eingetreten
hatte. Ein guter Ort für einen Geheimbund. Fackeln brannten hell, Blu-
men waren rund um den improvisierten Altar arrangiert. Die Society-Mit-
glieder hatten in aller Ruhe aufgeräumt, nachdem sie ihn gefesselt hatten.
Die Seile spannten sich über seine Brust und seinen Bauch und liefen
über seinen Rücken; seine Knöchel und Knie waren an die Stuhlbeine ge-
fesselt, seine Ellbogen und Handgelenke an die Armlehnen des Stuhls. Er
war gut verschnürt, aber es waren die Seile um seine Handgelenke, die am
meisten schmerzten, weil sie auf seiner nackten Haut lagen. Und sie
brannten.
»Sie sind in Eisenkraut getränkt, sodass du zu schwach sein wirst, um
dich loszureißen. Ich fürchte, es brennt wohl ein wenig«, meinte Ethan
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freundlich, als erkläre er seinem Gast ein interessantes Element in der Ar-
chitektur des geheimen Raums. »Du siehst, ich kenne alle Tricks.«
Stefano lehnte den Kopf an die Rückenlehne des Stuhls und sah Ethan
voller Abscheu an. »Nicht alle Tricks, vermute ich.«
Ethan war großspurig, aber Stefano war sich ziemlich sicher, dass er
noch nicht lange ein Vampir war. Wenn Ethan immer noch menschlich
gewesen wäre, wenn er sich nie in einen Vampir verwandelt hätte, sähe er
vermutlich noch ziemlich genauso aus wie jetzt, überlegte Stefano.
Ethan hockte sich vor Stefanos
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