Tagebuch eines Vampirs 9 - Jagd im Mondlicht
Gesicht an Meredith’ Schulter.
Meredith schob sie zurück und sah ihr eindringlich in die Augen. »Bist du
dir sicher, Bonnie?«, fragte sie sanft. Sie schaute Elena an, und beide dre-
hten sich um und blickten aus dem Fenster in den Himmel. »Hast du
gesehen, wie sie sich verwandelt haben? Wir haben noch nicht
Vollmond.«
»Nein«, antwortete Bonnie. Sie versuchte, zu Atem zu kommen, und
schluchzte rau. »Zander hat es mir gesagt. Und dann – oh Meredith, es
war so beängstigend! Ich bin weggerannt und sie haben mich gejagt.« Sie
erzählte, was geschehen war, auf dem Dach und auf dem Rasen des
Campus.
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Meredith und Elena sahen einander fragend an, dann wandten sie sich
wieder Bonnie zu. »Warum hat er es dir gesagt?«, fragte Elena. »Er kon-
nte schließlich nicht davon ausgehen, dass du diese Neuigkeit ruhig hin-
nehmen würdest. Es wäre einfacher gewesen, es weiterhin geheim zu
halten.«
Bonnie schüttelte hilflos den Kopf.
Meredith zog ironisch eine Augenbraue hoch. »Selbst Ungeheuer
können sich verlieben«, bemerkte sie. »Ich dachte, du wüsstest das,
Elena.« Sie betrachtete ihren Kampfstab, der am Fußende ihres Bettes
lehnte. »Bei Vollmond weiß ich jetzt, wonach ich Ausschau halten muss.«
Bonnie starrte sie entsetzt an. »Du willst sie doch nicht jagen, oder?«
Es war eine dumme Frage, das wusste sie selbst. Wenn Zander und seine
Freunde wirklich hinter den Morden und den anderen Vorfällen auf dem
Campus steckten, musste Meredith sie jagen. Es war ihre Pflicht. Sie alle
waren dazu verpflichtet, als die Einzigen, die die Wahrheit kannten; sie
waren die Einzigen, die alle anderen beschützen konnten.
Aber Zander, heulte Bonnie innerlich voller Schmerz. Nicht Zander …
»Keiner dieser Überfälle ist bei Vollmond passiert«, gab Elena zu
bedenken, und Meredith und Bonnie blinzelten sie an.
»Das ist wahr«, stimmte Meredith ihr zu und runzelte nachdenklich die
Stirn. »Ich weiß nicht, wieso uns das nicht schon früher aufgefallen ist.«
Dann wandte sie sich an Bonnie. »Denk bitte ganz genau nach, bevor du
auf diese Frage antwortest. Du hast eine Menge Zeit mit Zander und sein-
en Freunden verbracht. Hat dich schon einmal irgendetwas an ihnen auf
den Gedanken gebracht, dass sie jemanden verletzen könnten, wirklich
verletzen, wenn sie nicht in Wolfsgestalt sind?«
»Nein!«, rief Bonnie impulsiv. Dann brach sie ab, dachte genau nach
und fügte bedächtig hinzu: »Nein, ich denke nicht. Zander ist wirklich
nett, ich glaube nicht, dass er das vortäuschen könnte. Nicht die ganze
Zeit. Sie sind ziemlich wild drauf, aber ich habe sie niemals mit irgendje-
mand anderem kämpfen sehen als miteinander. Und selbst miteinander
kämpfen sie nicht wirklich, sie albern eher herum.«
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»Das durften wir auch schon feststellen«, erwiderte Meredith trocken.
Elena schob sich eine Haarsträhne hinters Ohr. »Auch die vermissten
Studenten sind nicht bei Vollmond verschwunden«, sagte sie nachdenk-
lich. »Obwohl sie die Leute natürlich überfallen und gefangen halten kön-
nten, um sie dann zu töten, wenn sie sich in Werwölfe verwandeln, aber …
Ich meine, abgesehen von Tyler habe ich keine Erfahrungen mit Wer-
wölfen, aber – das klingt für mich irgendwie nicht sehr wölfisch.«
Bonnie ließ sich auf ihr Bett sinken. »Heißt das, ihr denkt, es besteht
eine Chance, dass Zander und seine Freunde vielleicht nicht die Killer
sind? Wer sind die Killer dann?« Sie war verwirrt.
Meredith und Elena tauschten einen düsteren Blick. »Es gibt noch ein-
ige Dinge auf diesem Campus, die du wahrscheinlich nicht glauben
wirst«, stellte Elena fest.
Bonnie rieb sich das Gesicht. »Zander hat zu mir gesagt, er sei ein guter
Werwolf«, berichtete sie. »Und dass er niemanden verletze. Ist das mög-
lich? Gibt es überhaupt so etwas wie einen guten Werwolf?« Meredith
und Elena setzten sich neben sie und umarmten sie. »Vielleicht?«, mur-
melte Elena. »Ich hoffe es wirklich, Bonnie. Um deinetwillen.«
Bonnie seufzte und kuschelte sich enger an sie und bettete den Kopf an
Meredith’ Schulter. »Ich muss über all das nachdenken«, sagte sie.
»Wenigstens bin ich nicht allein. Ich bin so froh, dass ich euch habe. Und
es tut mir so leid, dass wir uns gestritten haben.«
Elena und Meredith umarmten sie noch fester. »Wir sind immer für
dich da«, versprach Elena.
Es hämmerte wild gegen die Tür.
Elena schaute Bonnie an, die sich
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