Tagebuch eines Vampirs 9 - Jagd im Mondlicht
Elena kniete sich
hin und ergriff die Hände ihrer kleinen Schwester. »Margaret?«
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Margaret sah sie mit großen blauen Augen an, runzelte die Stirn und
schüttelte den Kopf, die Lippen fest zusammengepresst.
»Ich werde dich so sehr vermissen, Maggie«, sagte Elena und zog sie an
sich. Ihre Augen füllten sich erneut mit Tränen. Das flauschige Haar ihrer
Schwester streifte Elenas Wange. »Aber spätestens zu Thanksgiving
werde ich zurück sein und vielleicht kannst du mich ja auf dem Campus
besuchen. Ich würde schrecklich gern vor all meinen neuen Freunden mit
meiner kleinen Schwester angeben.«
Margaret schluckte. »Ich will nicht, dass du gehst«, sagte sie mit kläg-
licher Stimme. »Immer gehst du fort .«
»Oh, mein Süße«, erwiderte Elena hilflos und drückte ihre Schwester
noch enger an sich. »Ich komme doch immer wieder zurück, nicht wahr?«
Elena schauderte innerlich. Wieder einmal fragte sie sich, an wie vieles
von dem, was im Laufe des letzten Jahres wirklich in Fell’s Church
passiert war, sich Margaret erinnerte. Die Wächter hatten versprochen,
die Erinnerungen aller Menschen an diese dunklen Monate zu verändern
– an jene Monate, in denen Vampire, Werwölfe und Kitsune die Stadt fast
zerstört hatten und Elena gestorben und wieder auferstanden war –, aber
es schien Ausnahmen zu geben. Caleb Smallwood erinnerte sich und
manchmal sah auch Margarets unschuldiges Gesicht seltsam wissend aus.
»Elena«, sagte Tante Judith mit belegter Stimme, den Tränen nahe,
»du solltest jetzt besser aufbrechen.«
Elena drückte ihre Schwester noch einmal an sich, bevor sie sie en-
dgültig losließ. »In Ordnung«, sagte sie, stand auf und griff nach ihrer
Tasche. »Ich werde heute Abend anrufen und euch von meinen ersten
Eindrücken berichten.«
Tante Judith nickte, und Elena gab ihr schnell noch einen Kuss, bevor
sie sich über die Augen wischte und die Haustür öffnete.
Das Sonnenlicht war so grell, dass sie blinzeln musste. Damon und Ste-
fano lehnten an dem kleinen Lastwagen, den Stefano gemietet hatte.
Elenas Sachen waren auf der Ladefläche verstaut. Als sie hinaustrat,
schauten beide auf und lächelten sie an.
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Oh. Sie waren so schön, alle beide, dass der Anblick der Brüder ihr
selbst nach all dieser Zeit noch den Atem raubte. Stefano, ihr geliebter
Stefano, dessen smaragdgrüne Augen aufleuchteten, wenn er sie ansah,
war einfach umwerfend mit seinem klassischen Profil und dieser süßen
kleinen Wölbung seiner Unterlippe, die so sehr zum Küssen einlud.
Und Damon – mit seiner leuchtend bleichen Haut, den schwarzen
samtigen Augen und dem seidigen Haar – war elegant und tödlich
zugleich. Aber sein strahlendes Lächeln ließ sie schnurren wie ein Pan-
ther, der seinen Gefährten erkannte.
Beide Augenpaare beobachteten sie liebevoll. Und besitzergreifend.
Die Salvatore-Brüder waren ihr ergeben. Doch wie sollte sie in Zukunft
damit umgehen? Bei diesem Gedanken runzelte sie die Stirn und zog
nervös die Schultern hoch. Dann glättete sie bewusst die Falten zwischen
ihren Augen, entspannte sich und erwiderte ihr Lächeln. Es würde alles so
kommen, wie es kommen musste.
»Zeit zum Aufbruch«, sagte sie und ging ihnen entgegen.
Kapitel Zwei
Mit dem Reifendruckmesser prüfte Meredith den Luftdruck in ihrem
linken hinteren Reifen. Er war in Ordnung.
Der Druck auf allen vier Reifen war in Ordnung. Das Frostschutzmittel,
das Öl und die Getriebeflüssigkeiten waren alle aufgefüllt, die Autobatter-
ie war neu und Wagenheber sowie Ersatzreifen befanden sich in perfek-
tem Zustand. Sie hätte es wissen müssen. Ihre Eltern waren nicht von der
Sorte, die sich freinahm und zu Hause blieb, um die Tochter vor ihrem
Aufbruch ins College zu verabschieden. Sie wussten, dass Meredith nicht
verhätschelt werden wollte, aber sie zeigten ihre Liebe, indem sie alles
perfekt vorbereiteten, sodass ihre Tochter für alle Eventualitäten ge-
wappnet war. Aber natürlich sagten sie ihr nicht, dass sie alles perfekt
vorbereitet hatten; sie wollten, dass sie auch weiterhin auf sich selbst
aufpasste.
Jetzt gab es nichts mehr für sie zu tun, außer aufzubrechen. Aber genau
dagegen sträubte sie sich.
»Komm mit mir«, sagte sie, ohne aufzuschauen, und ärgerte sich über
das schwache Zittern, das sie in ihrer Stimme hörte. »Nur für ein paar
Wochen.«
»Du weißt, dass ich das nicht kann«, erwiderte Alaric, während er ihr
leicht über
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