Tagebuch eines Vampirs 9 - Jagd im Mondlicht
was? Statt halbnackt dazuliegen und mit vorbeikom-
menden Mädchen zu flirten …
Bonnie schlenkerte mit der Tüte in ihrer Hand, die voller Sachen aus
der Campusbuchhandlung war. Natürlich hatte sie noch keine Bücher be-
sorgen können, da sie sich erst am nächsten Tag für Kurse einschreiben
würden. Aber diese Buchhandlung verkaufte nicht nur Bücher, sondern
auch Dalcrest-Kaffeebecher, Teddybären mit einem niedlichen kleinen
Dalcrest-T-Shirt und viele andere nützliche Dinge, wie eine praktische
Duschablage und eine Sammlung von Stiften in allen Farben des
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Regenbogens. Bonnie musste zugeben, dass sie es ziemlich aufregend
fand, endlich zu studieren.
Sie nahm die Tüte in ihre linke Hand, um die verkrampften Finger ihrer
rechten etwas zu lockern. Egal wie aufregend es auch sein mochte, die
neuen Sachen waren ziemlich schwer.
Aber sie musste sie einfach haben. Denn sie hatte vor, auf dem College
ein neuer Mensch zu werden. Nicht ganz neu, schließlich mochte sie sich
im Großen und Ganzen. Aber sie wollte gern eine Führungsrolle haben,
wollte reifer werden, der Typ Mensch, von dem andere sagten: »Frag
Bonnie« oder »Vertrau Bonnie«, und eben nicht mehr: »Oh, Bonnie!«
Denn das war etwas vollkommen anderes.
Sie war entschlossen, aus Meredith’ und Elenas Schatten zu treten. Die
beiden waren großartig und – ohne Frage – ihre absolut besten Fre-
undinnen. Aber leider bemerkten sie gar nicht, wie schrecklich dominant
sie ständig waren. Bonnie wollte endlich selbst eine großartige Persön-
lichkeit werden.
Und vielleicht würde sie ja auch einen ganz besonderen Jungen
kennenlernen. Bonnie wusste, dass sie Meredith oder Elena nicht dafür
verantwortlich machen konnte, dass sie während der Highschool zwar
jede Menge Dates gehabt hatte, aber nie einen festen Freund. Es war im-
mer dasselbe gewesen: Selbst wenn ein Junge sie süß fand, war Bonnie im
Vergleich zu ihren zauberhaften, klugen, energischen, wunderschönen
Freundinnen ein wenig … nichtssagend erschienen.
Allerdings musste sie zugeben, dass sie sehr froh darüber war, nun mit
Meredith und Elena zusammenleben zu können. Auch wenn sie nicht
länger in ihrem Schatten stehen wollte, waren sie trotzdem ihre besten
Freundinnen. Und schließlich …
Peng. Ihre Gedanken wurden jäh unterbrochen, als jemand gegen sie
krachte. Sie taumelte rückwärts. Ein großer männlicher Körper stieß
erneut gegen sie und ihr Gesicht quetschte sich an seine Brust. Sie stolp-
erte und krachte gegen jemand anderen. Da begriff sie, dass sie mitten in
eine Horde Jungen gelaufen war, die einander anrempelten, Witze rissen
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und stritten, ohne sich darum zu kümmern, dass Bonnie in das Chaos ver-
wickelt wurde – bis sie plötzlich eine starke Hand spürte, die ihr Halt gab.
Als sie ihr Gleichgewicht endlich wiedergefunden hatte, zogen die fünf
oder sechs Typen drängelnd und schubsend weiter. Keiner machte sich
die Mühe, sich zu entschuldigen, als hätten sie gar nicht gemerkt, dass sie
Bonnie fast umgerannt hätten.
Mit einer Ausnahme. Bonnie sah ein abgetragenes blaues T-Shirt und
einen schlanken Körper mit muskulösen Armen vor sich. Sie richtete sich
auf und fuhr sich durch die Locken, und die Hand, die ihren Arm umfasst
hatte, ließ sie los.
»Ist alles okay mit dir?«, erklang eine leise Stimme.
Ich wäre okay, wenn du mich nicht fast umgerannt hättest, wollte Bon-
nie schon schnippisch antworten. Sie war außer Atem, ihre Tüte war im-
mer noch schwer, und dieser Junge und seine Kumpel sollten wirklich
besser aufpassen, wo sie hintraten. Dann schaute sie auf und begegnete
seinem Blick.
Wow. Der Junge war einfach umwerfend. Seine Augen waren von
einem so klaren Blau wie der Sommerhimmel bei Tagesanbruch. Seine
Züge waren scharf geschnitten, mit hohen Wangenknochen und gewölb-
ten Augenbrauen, aber sein Mund war sanft und sinnlich. Und sie hatte
noch nie eine solche Haarfarbe gesehen, außer vielleicht bei ganz kleinen
Kindern; reines Weißblond, das sie an Tropenstrände und heißen
Sonnenschein denken ließ …
»Ist alles okay mit dir?«, wiederholte er etwas lauter, und eine Falte er-
schien auf seiner perfekten Stirn.
Oh mein Gott. Bonnie spürte, wie sie bis an die Haarwurzeln rot anlief.
Sie hatte ihn gerade mit offenem Mund angestarrt.
»Mir geht es gut«, antwortete sie und versuchte, sich zusammen-
zureißen. »Ich fürchte, ich habe nicht aufgepasst, wo ich
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