Tagebuch eines Vampirs 9 - Jagd im Mondlicht
erstarrte.
Dann segelte sie durch die Luft, und Damon hielt sie so fest, dass es
wehtat.
Als sie auf der anderen Seite der Straße auf dem Rasen aufprallten,
lockerte Damon seinen Griff und Elena schaute zu dem Auto zurück, das
gerade die Stelle passierte, an der sie eben noch gestanden hatten. Der
Wagen schleuderte herum. Sie konnte nichts erkennen, weder die Auto-
marke noch den Fahrer; in dem grellen Schweinwerferlicht war der Wa-
gen nur eine dunkle Masse.
Eine dunkle Masse, die auf den Rasen schwenkte und auf sie zukam.
Damon fluchte und zerrte sie weiter; jetzt rannte er mehr, als dass er flog,
und Elenas Füße berührten kaum den Boden. Ihr Herz hämmerte. Sie
wusste, dass Damon mit ihr zusammen nicht so beschleunigen konnte,
wie wenn er allein gewesen wäre. Sie rannten um die Ecke eines Gebäudes
und pressten sich, umringt von Büschen, an die Mauer.
Der Wagen schoss vorbei, dann wendete er, und seine Reifen hinter-
ließen lange Bremsspuren, bevor er wieder holpernd auf die Straße raste.
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»Wir haben ihn abgeschüttelt«, flüsterte Elena keuchend.
»Hast du in letzter Zeit irgendjemanden verärgert, Prinzessin?«, fragte
Damon mit strengem Blick.
»Das sollte ich wohl eher dich fragen«, gab Elena zurück. Dann schlang
sie die Arme um sich. Ihr war plötzlich eiskalt. »Denkst du, es könnte mit
der Vitale Society zusammenhängen?«, fragte sie mit bebender Stimme.
»Mit etwas, das meine Eltern betrifft?«
»Wir wissen nicht, wer oder was auf der anderen Seite dieser Falltür
gewesen sein könnte«, erwiderte Damon ernst. »Oder vielleicht hat Matt
…«
»Nicht Matt«, unterbrach Elena ihn energisch. »Matt würde mir
niemals etwas antun.«
Damon nickte. »Das ist wahr. Dein Matt ist so ehrenhaft, dass es schon
beinahe wehtut.« Er lächelte sie ironisch von der Seite an. »Und er liebt
dich. Alle lieben dich, Elena.« Er zog seine Jacke aus und hängte sie ihr
um die Schultern. »Aber eins steht fest: Wenn der Fahrer dieses Wagens
zuvor gedacht haben sollte, ich sei ein Mensch, weiß er es jetzt besser.«
Elena zog die Jacke fester um sich. »Du hast mich gerettet«, sagte sie
kleinlaut. »Danke.«
Damons Augen waren sanft, als er die Arme um sie legte. »Ich werde
dich immer retten, Elena«, versprach er. »Das solltest du inzwischen wis-
sen.« Seine Pupillen weiteten sich und er zog sie näher an sich. »Ich will
dich nicht verlieren«, murmelte er.
Elena hatte das Gefühl zu fallen, in Damons mitternachtsschwarze Au-
gen hinein, welche die Welt um sie herum verschlangen. Ein winziger Teil
von ihr wehrte sich – Nein! – aber trotzdem lehnte sie sich an ihn und
ihre Lippen berührten sich.
Stefano trommelte mit den Fingern gegen die Wand und betrachtete all
die Leute, die auf viel zu engem Raum versammelt waren: Sie redeten,
lachten, stritten, tranken, tanzten. Seine Haut kribbelte vor Angst. Wo
war sie? Es war über eine Stunde her, dass Matt gesagt hatte, er habe sie
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gerade in der Bibliothek gesehen, und dass sie beabsichtigt habe, an-
schließend zur Party zu gehen.
Stefano fasste einen Entschluss und begann, sich zum Ausgang
vorzuarbeiten. Elena wollte momentan nicht, dass er sich mit ihr in Ver-
bindung setzte, okay, aber jede Menge Leute starben und verschwanden.
Er musste einfach wissen, dass es ihr gut ging. Wenn sie dann wütend auf
ihn sein sollte, konnte er gut damit leben.
»Ich werde Elena suchen gehen«, sagte er, als er an Meredith
vorbeikam, die sich angeregt mit einer Freundin unterhielt. Er hatte den
Eindruck, dass sie ihn aufhalten wollte, aber er ließ sie einfach stehen und
trat in die kühle Abendluft hinaus. Das Sicherheitspersonal des Campus
stand immer noch an der Tür, um die Ausweise zu überprüfen, ließ ihn je-
doch ohne Kommentar passieren; die Wachen interessierten sich nur für
Leute, die hineinwollten.
Der Wind rauschte in den Bäumen und hoch über den Häusern stand
die weiße Mondsichel. Stefano sandte seine Macht aus und suchte nach
Spuren von Elena.
Nichts, noch nichts. Es waren zu viele Leute in und um McAllister
House herum, sodass Stefano nur die verwobenen Spuren von unzähligen
Menschen spüren konnte. Ihre Gefühle und Lebenskräfte surrten wild
durcheinander, ein stetiger Unterton, aus dem er kein Individuum
herausfiltern konnte, noch nicht mal ein so Besonderes wie Elena.
Natürlich wäre es einfacher gewesen, wenn er in letzter Zeit mensch-
liches Blut getrunken
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