Tagebuch eines Vampirs 9 - Jagd im Mondlicht
als
Matt sich bei Stefano entschuldigen und zu ihr hinübergehen wollte,
erklang eine andere Stimme an seinem Ohr.
»Hey, Matt, wie läuft’s denn so?« Ethan trat neben ihn und musterte
ihn mit seinen goldbraunen Augen. Augenblicklich richtete Matt sich
kerzengerade auf, straffte die Schultern und bemühte sich, wie ein loyaler
vielversprechender Anwärter auszusehen, genauso wie es die Vitale Soci-
ety von ihm erwartete. Matt kannte diese Reaktion auf Ethan auch von
den anderen Kandidaten: Was immer Ethan von ihnen wollte – sie
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wollten es auch. Einige Leute waren eben einfach geborene Anführer, ver-
mutete Matt.
Sie plauderten kurz – natürlich nicht über die Vitale Society, nicht in
Stefanos Beisein – über Football, das Studium und die Partymusik, dann
lächelte Ethan Stefano an. »Oh, ähm, Ethan Crane – Stefano Salvatore«,
machte Matt die beiden schnell miteinander bekannt und fügte hinzu:
»Stefano und ich sind zusammen auf die Highschool gegangen.«
Stefano und Ethan begannen miteinander zu reden und Matt hielt
wieder Ausschau nach Chloe. Er geriet etwas in Panik, als er feststellte,
dass sie nicht mehr dort stand, wo er sie zuletzt gesehen hatte. Matt
blickte hektisch um sich und fand sie zu seiner Erleichterung in der tan-
zenden Menge. Sie bewegte sich im Rhythmus der Musik.
»Ich höre die Spur eines Akzents, Stefano«, bemerkte Ethan gerade.
»Stammst du ursprünglich aus Italien?«
Stefano lächelte schüchtern. »Die meisten Leute hören es nicht mehr«,
antwortete er. »Mein Bruder und ich haben Italien vor langer Zeit
verlassen.«
»Oh, besucht dein Bruder auch das College?«, fragte Ethan, und Matt
beschloss, die beiden allein zu lassen, da sie sich offenbar ganz gut
verstanden.
»Wir sehen uns später«, sagte er, nahm noch einen Schluck von seinem
Bier und steuerte dann direkt auf Chloe zu. Ihre Augen glänzten, ihr
Grübchen blitzte auf, und er wusste, dass dies der richtige Zeitpunkt war.
Wie er schon zu Stefano gesagt hatte: Liebe war es wert, ein Risiko
einzugehen.
Kapitel Zweiundzwanzig
Bonnie wusste sofort, dass Zander und seine Freunde zur Party gestoßen
waren, als der Lärmpegel gewaltig in die Höhe schoss. Zander war zwar
ruhiger als seine Freunde, zumindest in Bonnies Nähe, aber zusammen
waren sie eine echt wilde Truppe.
Wenn sie ehrlich war, nervte Bonnie das ziemlich.
Aber als Zander neben ihr auftauchte – nicht ohne Marcus mit der
Hüfte gegen die Wand gedrückt zu haben – und ihr sein breites, umwer-
fendes Lächeln schenkte, überlief sie ein aufgeregtes Kribbeln bis hin-
unter in ihre Zehenspitzen. Aller Ärger war vergessen.
»Hey!«, sagte sie. »Alles okay?« Als er fragend eine Augenbraue
hochzog, fuhr sie fort: »Ich meine, du hast doch gesagt, dass in deiner
Familie etwas geschehen sei und du deshalb … so beschäftigt warst.«
»Oh ja.« Zander beugte sich etwas zu ihr hinunter, und sein warmer
Atem strich über Bonnies Hals, als er seufzte. »Meine Familie ist ziemlich
kompliziert«, meinte er. »Manchmal wünschte ich, alles wäre einfacher.«
Er wirkte traurig und Bonnie ergriff spontan seine Hand.
»Nun, was ist denn los?«, fragte sie und bemühte sich um einen ver-
ständnisvollen Tonfall. Den Tonfall einer verlässlichen Freundin. »Viel-
leicht kann ich helfen. Ich bin auf jeden Fall für dich da, wenn du reden
willst.«
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Zander runzelte die Stirn und biss sich auf die Unterlippe. »Na ja, es ist
so … Ich trage Verantwortung. Meine Familie hat viele Verpflichtungen,
denen sie nachkommen muss. Und manchmal passt das, was ich tun will,
nicht zu dem, was ich tun muss .«
»Könntest du dich vielleicht noch kryptischer ausdrücken?«, zog Bon-
nie ihn auf, und Zander lachte schwach. »Im Ernst, was meinst du damit?
Was musst du tun? Und was willst du nicht tun?«
Zander schaute für einen Moment auf sie herab, dann wurde sein
Lächeln breiter. »Komm«, sagte er und zog an ihrer Hand. Bonnie schlän-
gelte sich gemeinsam mit ihm durch die Menge die Treppe hinauf. Zander
schien genau zu wissen, wo er hinging; er bog zweimal um die Ecke, dann
öffnete er eine Tür.
Dahinter lag der Gemeinschaftsraum des Wohnheims: einige alte Sofas,
ein verbeulter Tisch und an der Wand lehnte eine große, mit Farbklecksen
bedeckte Leinwand, das Kunstprojekt von irgendjemandem.
»Lebst du in diesem Wohnheim?«, fragte sie Zander.
»Nein«, sagte er, den Blick auf ihren Mund
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