Tagebuch eines Vampirs 9 - Jagd im Mondlicht
beruhigend und
beeilte sich, das Schweigen zu brechen. »Wir wissen nur, dass es in der
Geschichte von Dalcrest übernatürliche Aktivitäten gegeben hat. Wir wis-
sen aber nicht mit Bestimmtheit, ob es genau das ist, womit wir es jetzt zu
tun haben.«
Meredith sah das Bild von Samanthas leeren, toten Augen vor sich, mit
einem Blutfleck unter ihrem rechten Auge quer über der Wange. Der
Tatort war so grauenvoll gewesen, Samantha war auf so schreckliche
Weise getötet worden, dass Meredith tief in ihrem Herzen wusste: Die
Theorie, die Alaric gerade geschildert hatte, traf auf die Wirklichkeit zu.
Samantha war auf keinen Fall von einem menschlichen Wesen ermordet
worden.
Kapitel Neunundzwanzig
»Ihr könnt stolz sein.«
Die Anwärter der Vitale Society standen in einer Reihe in dem unteri-
rdischen Versammlungsraum – genau wie beim ersten Mal, als sie ihre
Augenbinden abgenommen hatten –, schweigend beäugt von den schwarz
maskierten Verbindungsmitgliedern.
Ethan ging mit leuchtenden Augen zwischen den Kandidaten umher.
»Ihr könnt stolz sein«, wiederholte er. »Die Vitale Society hat euch eine
Chance geboten. Die Chance, einer von uns zu werden, euch einer Organ-
isation anzuschließen, die euch große Macht verleihen und euch auf eur-
em Weg zum Erfolg weiterhelfen kann.«
Ethan hielt inne und musterte sie. »Nicht alle von euch haben sich als
würdig erwiesen«, fuhr er ernst fort. »Wir haben euch beobachtet, müsst
ihr wissen. Nicht nur, wenn ihr hier wart oder während der Bewährungs-
proben, sondern ständig. Diejenigen Kandidaten, die es nicht geschafft
haben und es nicht verdienen, in unsere Reihen aufgenommen zu werden,
wurden ausgeschlossen.«
Matt sah sich um. Richtig, jetzt waren es weniger Anwärter als bei ihrer
ersten Versammlung. Der hochgewachsene, bärtige Student aus dem vier-
ten Semester, eine Koryphäe in Biogenetik, fehlte. Die dünne Blonde, die
sich verbissen durch den Lauf gekämpft hatte, war auch nicht mehr da. Es
waren nur noch zehn Kandidaten übrig.
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»Für euch, die ihr es geschafft habt« – Ethan hob die Hände, als wolle
er ihnen eine Art Segen erteilen –, »für euch ist endlich die Zeit gekom-
men, eingeweiht zu werden, Vollmitglieder der Vitale Society zu werden,
unsere Geheimnisse zu erfahren und unseren Weg zu gehen.«
Matt spürte den wachsenden Stolz in ihm, als Ethan sie alle anlächelte.
Es kam ihm so vor, als verweilte Ethans Blick auf ihm etwas länger als auf
den anderen, als sei sein Lächeln für ihn eine Spur wärmer. Als sei Matt
unter all diesen besonderen Kandidaten etwas ganz Besonderes.
Ethan begann wieder durch die Reihe zu gehen und redete weiter –
diesmal, um das Aufnahmeritual zu planen. Er bat zwei der Anwärter,
Rosen und Lilien mitzubringen, um den Raum zu schmücken – es klang,
als erwarte er von ihnen, mehrere Blumenläden leer zu kaufen –, andere
sollten Kerzen besorgen, ein weiterer Kandidat bekam den Auftrag, eine
bestimmte Weinsorte zu organisieren. Wenn Matt ehrlich war, erinnerte
ihn das alles stark daran, wie Elena und ihre Freundinnen einen
Highschool-Ball geplant hatten.
»Okay«, sagte Ethan und deutete auf Chloe und eine langhaarige Stu-
dentin namens Anna. »Ich möchte, dass ihr beide zu dem Kräuterladen
geht und Matetee, Guayana, Weißdorn, Ginseng, Kamille und Rotwurzel-
Salbei kauft. Wollt ihr euch das aufschreiben?«
Matt horchte etwas überrascht auf. Kräuter hatten etwas Mystisches
und Rätselhaftes an sich, passend für eine Geheimgesellschaft, aber Gin-
seng und Kamille erinnerten ihn lediglich an den Tee, den seine Mutter
trank, wenn sie eine Erkältung hatte.
Ethan wandte sich von den beiden Frauen ab und richtete seinen Blick
auf Matt. Matt rechnete schon damit, den Auftrag zu bekommen, für
Bowle und Dips zu sorgen.
Aber Ethan sah ihm eindringlich in die Augen und neigte ein wenig den
Kopf zum Zeichen, dass Matt sich mit ihm vom Rest der Gruppe ent-
fernen sollte. Matt eilte gespannt zu ihm. Was konnte Ethan denn vor den
anderen nicht sagen?
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»Für dich habe ich eine besondere Aufgabe, Matt«, erklärte er und rieb
sich sichtlich erfreut die Hände. »Ich möchte, dass du deinen Freund Ste-
fano Salvatore aufforderst, sich uns anzuschließen.«
»Wie bitte?«, fragte Matt verwirrt.
»Lade ihn ein, unser Mitglied zu werden«, erläuterte Ethan. »Wir
haben ihn übersehen, als wir zu Beginn des Semesters die Anwärter
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