Tagebuch eines Vampirs 9 - Jagd im Mondlicht
zu sitzen. Meredith fand nicht so leicht Freunde, aber
seit der Bekanntschaft mit Samantha hatte der kühle Argwohn, mit dem
sie Fremden für gewöhnlich begegnete, nachgelassen.
Als Elena ins Café gegangen war, hatte Meredith gerade mit Alaric tele-
foniert. Vielleicht konnte er sie etwas trösten. Da Elena ihr Gespräch nicht
unterbrechen wollte, hatte sie eine Notiz hinterlassen, wo sie sein würde,
falls Meredith sie brauchte.
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Und das schien jetzt der Fall zu sein, denn gerade als Elena an ihrem
Cappuccino nippte und wieder aufschaute, kam Meredith auf sie zu. Sie
setzte sich Elena gegenüber an den Tisch und musterte sie mit ernsten
grauen Augen. »Alaric sagt, Dalcrest sei ein Zentrum übernatürlicher Akt-
ivitäten«, berichtete sie. »Schwarze Magie, Vampire, Werwölfe, das ganze
Paket.«
Elena nickte und gab noch etwas Zucker in ihre Tasse. »Genau das, was
Professor Campbell angedeutet hat«, erwiderte sie nachdenklich. »Ich
kriege langsam das Gefühl, dass er mehr weiß, als er sagt.«
»Du musst noch mal mit ihm reden«, forderte Meredith eindringlich.
»Wenn er deine Eltern so sehr mochte, wird er sich verpflichtet fühlen,
dir die Wahrheit zu sagen. Wir haben keine Zeit zu verlieren.« Sie streckte
die Hand aus und brach sich ein Stück von Elenas Croissant ab. »Kann
ich das haben? Ich hab heute noch nichts gegessen und mir wird langsam
schwindelig.«
Voller Mitgefühl und Sorge betrachtete Elena Meredith’ angespannte
Gesichtszüge und die dunklen Schatten unter ihren Augen. »Natürlich«,
antwortete sie und schob ihr den Teller hin. »Ich hab gerade Damon an-
gerufen und gebeten, sich hier mit mir zu treffen.« Sie beobachtete, wie
Meredith sich über das Croissant hermachte, und rührte noch mehr Zuck-
er in ihren Cappuccino. Elena brauchte Trost.
Es dauerte nicht lange, bis sie Damon die Straße entlangschlendern
sahen, perfekt gestylt, lässig elegant in schwarzer Kleidung und mit
Sonnenbrille auf der Nase. Alle, an denen er vorbeiging, drehten sich nach
ihm um, und Elena beobachtete, wie ein Mädchen den Halt verlor und
über den Bordstein stolperte.
»Das ging aber schnell«, bemerkte Elena, als Damon sich einen Stuhl
heranzog und Platz nahm.
»Ich bin schnell«, antwortete Damon, »du hast gesagt, es sei wichtig.«
»Das ist es auch«, bekräftigte Elena. »Unsere Freundin Samantha ist
tot.«
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Damon nickte. »Ich weiß. Auf dem Campus wimmelt es von Polizisten.
Als könnten die irgendetwas tun.«
»Wie meinst du das?«, fragte Meredith und starrte ihn an.
»Nun, diese Morde fallen nicht direkt in den Aufgabenbereich der Pol-
izei, oder?« Damon nahm Elena die Tasse aus der Hand. Er nahm einen
Schluck und verzog das Gesicht. »Schätzchen, das ist viel zu süß.«
Meredith ballte die Hände zu Fäusten, und Elena kam zu dem Schluss,
dass es wohl besser war, etwas Druck zu machen. »Damon, wenn du et-
was darüber weißt, dann sag es uns bitte.«
Damon reichte ihr die Tasse wieder und bedeutete der Kellnerin, ihm
auch einen Cappuccino zu bringen. »Um die Wahrheit zu sagen, Prin-
zessin, ich weiß nicht viel über Samanthas Tod oder über den Tod von
Matts Mitbewohner. Ich bin nicht nah genug an die Leichen herangekom-
men, um echte Informationen zu erlangen. Aber ich habe eindeutige Be-
weise dafür gefunden, dass es andere Vampire auf dem Campus gibt.
Ziemlich schlampige.« Er zog eine Grimasse. »Wahrscheinlich uner-
fahrene Neulinge, die von Technik keine Ahnung haben.«
»Was sind das für Beweise?«, fragte Meredith.
Damon wirkte überrascht. »Leichen natürlich. Leichen, die sehr
schlecht entsorgt wurden. Flache Gräber, Lagerfeuer und so was.«
Elena runzelte die Stirn. »Also sind die verschwundenen Studenten von
Vampiren getötet worden?«
Damon drohte ihr spielerisch mit dem Finger. »Das habe ich nicht
gesagt. Die Leichen, die ich untersucht habe – und ihr könnt mir glauben,
es war wirklich eine Premiere für mich, jemanden aus einem Grab aus-
zubuddeln –, waren nicht dieselben, die vom Campus verschwanden. Ich
weiß nicht, ob eure verschwundenen Studenten von Vampiren getötet
wurden oder nicht, aber andere sind von ihnen getötet worden. Und zwar
mehrere. Ich hab versucht, diese Vampire zu finden, hatte bisher aber
kein Glück. Noch nicht.«
Meredith, die normalerweise sofort auf Damons Bemerkung ange-
sprungen wäre, dass er zum ersten Mal jemanden ausgebuddelt habe,
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wirkte
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