Tagebuch eines Vampirs 9 - Jagd im Mondlicht
war, ohne sie, ohne
Damon, jene Zeit vor seiner Ankunft in Fell’s Church. Mit aller Macht
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verdrängte er seine Gefühle, betäubte sich so gut er konnte, aber dennoch
quälte ihn die Frage, ob ihn nun erneut Jahrhunderte der Einsamkeit
erwarteten.
»Du hast ganz schön Talent.« Ein Schatten löste sich von den Tribünen.
»Wir hätten dich auch für das Basketball-Team anwerben sollen.«
»Matt«, begrüßte Stefano ihn, traf erneut in den Korb und warf ihm
dann den Ball zu.
Matt suchte sich die perfekte Position an der Freiwurflinie, zielte und
warf. Der Ball kreiselte auf dem Rand, dann fiel er durchs Netz.
Stefano wartete, während Matt losrannte, um den Ball zu holen. »Hast
du nach mir gesucht?«, erkundigte er sich vorsichtig, darauf bedacht,
nicht zu fragen, ob Elena ihn geschickt hatte.
Matt schüttelte überrascht den Kopf, während er Stefano den Ball
zuwarf. »Nein. Ich werfe nur gern ein paar Körbe, wenn ich nachdenken
muss.«
»Was ist los?«, fragte Stefano.
Matt rieb sich verlegen den Nacken. »Nun, es gibt da ein Mädchen, das
ich sehr mag. Ich hab immer wieder hin und her überlegt, es mal zum
Ausgehen einzuladen. Und, ähm, dann stellt sich raus, dass es bereits ein-
en festen Freund hat.«
»Oh.« Nach einigen Sekunden begriff Stefano, dass noch etwas mehr
von ihm erwartet wurde. »Tut mir leid, das zu hören.«
»Ja.« Matt seufzte. »Das Mädchen ist wirklich was Besonderes. Ich
dachte – ich weiß nicht, es wäre schön, etwas zu haben, wie das, was du
mit Elena hast. Jemanden, den ich lieben kann.«
Stefano zuckte zusammen. Es fühlte sich an, als hätte Matt ein Messer
in seiner Brust herumgedreht. Er schleuderte den Ball nach dem Korb,
diesmal ohne zu zielen. Der Ball prallte hart vom Korbbrett zurück. Matt
sprang los, um ihn aufzufangen. Dann streckte er eine Hand aus und ging
auf Stefano zu. »Hey, Stefano. Immer mit der Ruhe. Was ist denn
passiert?«
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»Elena und ich sind nicht mehr zusammen«, sagte Stefano tonlos und
versuchte, den Schmerz zu ignorieren, den ihm allein das Aussprechen
dieser Worte bescherte. »Ich habe gesehen, wie sie Damon geküsst hat.«
Matt sah Stefano schweigend an, sehr lange, wie es schien, und der
Blick seiner ruhigen blauen Augen war voller Mitgefühl. Es versetzte Ste-
fano einen Stich, als er sich daran erinnerte, dass Matt Elena ebenfalls
geliebt hatte und dass die beiden zusammen gewesen waren, bevor Ste-
fano aufgetaucht war.
»Hör mal«, sagte Matt schließlich. »Du kannst Elena nicht kontrollier-
en. Wenn es etwas gibt, das ich über sie weiß – und ich kenne sie schon
fast unser ganzes Leben lang –, dann das, dass sie immer tun wird, was
sie tun will, ganz gleich, was ihr in den Weg kommt. Du kannst sie nicht
aufhalten.« Stefano nickte und heiße Tränen brannten in seinen Augen.
»Aber«, sprach Matt weiter, »ich weiß auch, dass du der Richtige für sie
bist. Sie hat noch nie zuvor für irgendjemanden so empfunden wie für
dich. Und weißt du, ich bin gerade dabei zu entdecken, dass es noch an-
dere Frauen gibt, aber ich glaube nicht, dass es dir genauso gehen wird.
Was immer da mit Damon läuft, Elena wird zu dir zurückkehren. Und du
wärst ein Idiot, wenn du das nicht zulassen würdest. Denn sie ist die Ein-
zige für dich.«
Stefano rieb sich den Nasenrücken. Er fühlte sich so verletzlich, als sei-
en seine Knochen aus Glas. »Ich weiß nicht, Matt«, erwiderte er müde.
Matt lächelte mitfühlend. »Aber ich weiß es.« Er warf Stefano den Ball
zu, der ihn automatisch auffing. »Werfen wir ein paar Körbe
gegeneinander?«
Stefano war müde, das Herz tat ihm weh, aber während er den Ball
dribbelte und dachte, dass er sich ein klein wenig zurückhalten sollte, um
Matt eine Chance zu geben, glimmte ein Hoffnungsschimmer in ihm auf.
Vielleicht hatte Matt doch recht.
»Bist du verrückt ?«, rief Bonnie. Sie hatte immer gedacht, »rot sehen«
sei einfach eine Metapher, aber sie war so zornig, dass sie tatsächlich
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einen Hauch von Scharlachrot sah, als sei der ganze Raum in von Blut ge-
färbtes Wasser getaucht.
Elena und Meredith tauschten einen Blick. »Wir wollen ja nicht be-
haupten, dass mit Zander definitiv etwas nicht stimmt«, erklärte
Meredith sanft. »Wir bitten dich nur, vorsichtig zu sein.«
»Vorsichtig?« Bonnie stieß ein bitteres Lachen aus und drängte sich an
ihnen vorbei, um sich eine Reisetasche aus ihrem Schrank zu
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