Tagebuch eines Vampirs 9 - Jagd im Mondlicht
schnappen.
»Ihr seid bloß eifersüchtig«, rief sie, ohne sie anzusehen. Sie zog den
Reißverschluss
der
Tasche
auf
und
begann,
einige
Kleider
hineinzuwerfen.
»Eifersüchtig worauf, Bonnie?«, fragte Elena. » Ich will Zander nicht.«
»Eifersüchtig, weil ich nun endlich mal diejenige bin, die einen Freund
hat«, gab Bonnie zurück. »Alaric ist in Fell’s Church, und du hast mit
deinen beiden Freunden Schluss gemacht, und es gefällt dir nicht, mich
glücklich zu sehen, wenn du unglücklich bist.«
Elena presste die Lippen fest zusammen und auf ihren Wangenknochen
tauchten weiße Punkte auf. Sie wandte sich ab.
Meredith beobachtete Bonnie aufmerksam. »Ich hab dir nur erzählt,
was ich gesehen habe, Bonnie. Es ist nichts Eindeutiges, aber ich fürchte,
dass die Person, die diese Studentin überfallen hat, vielleicht Zander
gewesen sein könnte. Kannst du mir sagen, wo er war, nachdem ihr beide
gestern Nacht die Party verlassen habt?«
Bonnie war voll und ganz darauf konzentriert, ihre Lieblingsjeans in die
Tasche zu quetschen, die langsam überquoll, und antwortete nicht. Sie
spürte, wie eine lästige, verräterische Röte ihren Nacken hinaufkroch und
ihr Gesicht überzog. Na schön, wahrscheinlich waren das genügend
Kleider. Jetzt nur noch Zahnbürste und Feuchtigkeitscreme.
Meredith kam auf sie zu, mit offenen Armen und in versöhnlicher Ab-
sicht. »Bonnie«, sagte sie ruhig, »wir wollen wirklich, dass du glücklich
bist, ganz bestimmt. Aber wir wollen auch, dass du dir sicher bist, und wir
machen uns Sorgen, dass Zander vielleicht nicht der ist, für den du ihn
203/308
hältst. Vielleicht könntest du dich von ihm fernhalten, nur für kurze Zeit?
Während wir alles prüfen?«
Bonnie zog den Reißverschluss ihrer Tasche zu, warf sie sich über die
Schulter und drängte sich an Meredith vorbei, ohne sie eines Blickes zu
würdigen. Sie hatte vor, wortlos zu verschwinden, aber im letzten Mo-
ment drehte sie sich doch noch einmal um.
»Was mich wirklich fertigmacht«, begann sie, »ist die Erkenntnis, was
für Heuchlerinnen ihr beide doch seid. Erinnert ihr euch daran, wie Mr
Tanner ermordet wurde? Oder an den Landstreicher unter der Wickery
Bridge?« Sie zitterte förmlich vor Wut. »Alle in der Stadt dachten, Stefano
sei dafür verantwortlich. Alles deutete auf ihn hin. Aber Meredith und ich
glaubten das nicht, weil Elena uns versicherte, sie wisse, dass Stefano es
nicht getan haben konnte, dass er so etwas nie tun würde . Und wir haben
dir geglaubt, obwohl du uns keinen Beweis liefern konntest«, fügte sie
hinzu und starrte Elena an, die zu Boden schaute. »Ich hätte gedacht, ihr
würdet mir ebenso vertrauen.« Sie schaute von der einen zur anderen.
»Die Tatsache, dass ihr Zander verdächtigt, obwohl ich hier stehe und
euch sage, dass er niemals jemandem etwas antun würde, zeigt mir, dass
ihr mich nicht respektiert«, sagte sie kalt. »Vielleicht habt ihr das auch
noch nie getan.«
Damit drehte Bonnie sich um, stapfte durch die Tür und zog den Gurt
der Reisetasche höher auf ihre Schulter.
»Bonnie!« Der Ruf der beiden anderen ließ sie ein letztes Mal innehal-
ten. Sie drehte sich erneut um. Meredith und Elena streckten die Hände
nach ihr aus und sahen sie flehentlich an.
»Ich gehe zu Zander«, erklärte Bonnie knapp. Das würde ihnen zeigen,
was sie von ihrem Verdacht hielt.
Dann schlug sie die Tür hinter sich zu.
Kapitel Achtundzwanzig
»Natürlich ist Bonnie aufgebracht«, sagte Alaric. »Es ist ihr erster richti-
ger Freund. Aber ihr drei habt schon eine Menge zusammen
durchgemacht. Sie wird zurückkommen, und sie wird auf euch hören,
sobald sie die Chance hat, sich zu beruhigen.« Seine Stimme war tief und
liebevoll und Meredith kniff die Augen zusammen und hielt den Hörer
noch dichter ans Ohr; sie malte sich sein Appartement mit dem gemüt-
lichen braunen Sofa und den aus Milchkisten gezimmerten Bücherregalen
aus. Noch nie hatte sie sich so sehr dorthin gewünscht.
»Aber was ist, wenn ihr etwas zustößt?«, fragte Meredith. »Ich kann
doch nicht herumsitzen und darauf warten, bis Bonnies Wut auf mich
nachlässt, wenn sie in Gefahr schwebt.«
Alaric schwieg nachdenklich. Meredith konnte ihn förmlich vor sich se-
hen, wie er die Stirn kraus zog, auf diese süße Art und Weise, wie er das
immer tat, wenn er ein Problem aus verschiedenen Blickwinkeln
betrachtete.
»Nun«, antwortete er schließlich, »Bonnie hat
Weitere Kostenlose Bücher