Tagebuch eines Vampirs - Jagd im Morgengrauen
geheimer Unterschlupf diente. Sie warteten auf irgendeinen Hinweis darauf, dass der erste Teil des Plans, den sie mit Meredith, Bonnie, Matt und Zander geschmiedet hatten, funktionierte und dass die Vampire mithilfe des Eisenkrauts durch ihre geheimen Tunnel in das Versteck getrieben würden. Meredith hatte sich mit Alaric am Telefon beraten, und Alaric war der Meinung gewesen, dass die Vitale-Vampire das Wiedererweckungsritual um Mitternacht während der Tag- und Nachtgleiche vollführen würden. Also hatten Meredith und Stefano beschlossen, noch heute vor Sonnenuntergang in die Offensive zu gehen, wenn die Vampire wahrscheinlich unter der Erde waren, um das Tageslicht zu meiden. Jetzt spiegelte sich die spätnachmittägliche Sonne in den Fenstern des Hauses, sodass jede Bewegung in seinem Innern vor der Gruppe auf dem Hügel verborgen blieb.
Chad, einer von Zanders Rudelgefährten und Chemiestudent, war entscheidend daran beteiligt gewesen, ein Extrakt aus Meredith’ Eisenkrautvorräten zu gewinnen und die bombenartigen Zeitzünder zu bauen, die das Rauchgas in den Tunneln freisetzen sollten. Irgendwo unter ihren Füßen, ging es Stefano durch den Kopf, platzierten Meredith und ihre Gruppe – Matt, Zander und drei weitere Werwölfe – gerade einen Gasbehälter nach dem anderen und schnitten sämtliche Fluchtwege ab, sodass die Vampire nirgendwohin konnten außer in ihren Unterschlupf. Bonnie war in Begleitung eines weiteren Rudelmitglieds in der Bibliothek und wirkte ihre Zauber, um zu verhindern, dass die Vampire dort aus dem Tunnel kamen. Stefano trat rastlos von einem Fuß auf den anderen und wünschte, er wäre bei Meredith unter der Erde. Sein Vampirgehör nahm ferne Explosionen aus der Tiefe wahr. Neben ihm regte sich Chad, und Stefano begriff, dass Werwölfe wohl ähnlich gut hörten wie er selbst.
Chad gehörte ebenso wie Zander zu den Werwölfen, die ihre Gestalt ohne den Einfluss des Mondes wechseln konnten. Er war jetzt ein Wolf und tappte lautlos an Stefano und Elena vorbei, den Blick auf den Unterschlupf gerichtet. Er schnaufte sanft durch die Nase und setzte sich hin; seine Ohren zuckten zurück.
»C had sagt, der Eisenkrautrauch müsste inzwischen überall in den Tunneln sein«, übersetzte ein anderer der Werwölfe– in menschlicher Gestalt– die Sprache, in der die Wölfe kommunizierten. »W ir müssten bald etwas sehen.«
Elena und Stefano tauschten einen Blick. Es war unheimlich, das Rudel bei der Arbeit zu beobachten: Die Horde raufender, fluchender Jungs hatte sich in ein ernstes, kompetentes Team verwandelt. Jeder der Werwölfe in Wolfsgestalt war wachsam; ihre eleganten, muskulösen Körper waren angespannt und bereit, jeden Moment auf ein Geräusch oder einen Geruch zu reagieren. Und die Wölfe in Menschengestalt nahmen jede Regung ihrer Wolfsbrüder wahr und handelten, als stünden sie in permanenter, stummer Kommunikation mit dem ganzen Rudel.
Wahrscheinlich war es auch so. Stefano wusste es nicht, aber er ging davon aus, dass man als Werwolf dank des Rudels erheblich weniger einsam war denn als Vampir. Chad sprang auf, das Fell auf seinem Rücken gesträubt, die Ohren gespitzt.
»S ie sind drin«, sagte einer der Werwölfe in Menschengestalt– Stefano glaubte, dass sein Name Daniel war–, und Stefano nickte. Er hatte ebenfalls gehört, wie sich die Falltür im Keller des Hauses geöffnet hatte und wie Meredith, Matt und die andere Hälfte des Rudels aus dem Tunnel hineingeklettert war. Wenn die Eisenkrautbomben funktioniert hatten, waren die Vampire noch vor ihnen ins Haus getrieben worden.
»A lso los«, sagte Stefano. Zander hatte dem Rudel befohlen, sich auf dieser Mission Stefano zu unterwerfen, und so schlossen sich ihm alle ohne Widerrede an, die Menschen Schulter an Schulter, die Wölfe zu beiden Seiten neben ihnen verteilt.
Elena nickte auf Stefanos fragenden Blick hin: Stefano sollte sich beeilen und es ihr überlassen, wann sie folgte. Wenn Meredith und die anderen in die Schlacht zogen, musste er bei ihnen sein. Stefano wandte sich mit einem fast körperlich spürbaren Ruck von ihr ab– zu oft war sie schon in Gefahr gewesen–, aber er wusste, dass er sie hören würde, wenn sie ihn brauchte.
Er kanalisierte seine Macht und rannte los. Die Werwölfe, in Menschen- wie Tiergestalt, hielten mühelos mit ihm Schritt. Ihre Macht, auch wenn sie völlig anders war als seine eigene, war stark und hochkonzentriert, und Stefano spürte, wie sie ihn geradezu umhüllte:
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