Tagebuch eines Vampirs - Jagd im Morgengrauen
Zander und zwei weitere seiner Rudelgefährten patrouillierten an den Sportplätzen. Elena hätte gern den stillen, eigensinnigen Matt an ihrer Seite gehabt, aber er befand sich immer noch bei Chloe in dem abgelegenen Bootshaus. Stefano sah täglich nach den beiden und berichtete, dass Chloe Fortschritte mache, dass sie aber noch nicht so weit sei, um sich in der Nähe von anderen Menschen aufhalten zu können.
Die Nacht war sternenklar und bisher schien alles friedlich.
»T ut mir leid, dass ich etwas zu spät gekommen bin«, sagte Elena zu Stefano, während sie sich bei ihm unterhakte. »J ames hat angerufen, als ich gerade aufbrechen wollte. Er sagte, dass Andrés hier ist. Ich werde ihn morgen treffen.«
Stefano öffnete den Mund, um etwas zu erwidern, als die Wölfe stehen blieben und aufmerksam in den Wald spähten. Stefano riss ebenfalls den Kopf hoch. »Ü berprüft das«, wies er sie an, und Spencer und Tristan jagten sofort los. Stefano und Jared blieben reglos stehen und horchten, um den Weg der Wölfe zu verfolgen, bis aus der Ferne ein Heulen erklang.
»F alscher Alarm«, übersetzte Jared, und Stefano entspannte sich. »E ine alte Fährte.«
Die beiden Wölfe kamen aus dem Wald zurückgetrabt, ihre Schwänze hoch über dem Rücken gewölbt. Obwohl sie als Menschen vollkommen verschieden waren, sahen Tristan und Spencer als Wölfe sehr ähnlich aus, elegant und grau und nicht ganz so groß, wie Zander es in Wolfsgestalt war. Nur an den schwarzen Spitzen von Spencers Ohren konnte man sie auseinanderhalten.
Jared, der sie beobachtete, zog die Schultern hoch und strich sich seine langen Ponyfransen aus den Augen. »I ch muss lernen, mich ohne den Mond zu verwandeln«, stellte er ärgerlich fest. »A ls Mensch fühle ich mich fast blind, wenn ich etwas auskundschaften soll.«
»W ie funktioniert das überhaupt?«, erkundigte Elena sich neugierig. »W arum können einige von euch sich ohne Hilfe des Monds verwandeln und andere nicht?«
»Ü bung«, erwiderte Jared düster und ließ sein Haar wieder über seine Stirn fallen. »E s ist ziemlich schwer, und man braucht lange, um es zu lernen. Ich habe es noch nicht geschafft. Aber wir können sogar lernen, uns bei Vollmond nicht zu verwandeln. Das ist allerdings noch schwerer, und es heißt, dass es sehr wehtue. Niemand macht das, wenn es nicht unbedingt notwendig ist.«
Spencer schnupperte erneut und stieß ein kurzes Bellen aus. Jared lachte, ohne sich die Mühe zu machen, für die anderen zu übersetzen. Stefano drehte sich um und folgte ihrem Blick, und Elena fragte sich, was Stefano und die Wölfe– selbst Jared– in der Nacht wohl spüren konnten, was sie nicht spürte. Sie war der einzige echte Mensch hier, wurde ihr klar, und damit die Blindeste von allen.
»W illst du, dass ich mit dir komme?«, fragte Stefano, als sie sich wieder in Bewegung setzten. »Z u dem Treffen mit Andrés?«
Elena schüttelte den Kopf. »D anke, aber ich glaube, ich sollte allein gehen.« Wenn sie sich zu etwas Neuem entwickeln würde, musste sie stark genug sein, um sich dem allein zu stellen.
Sie marschierten die ganze Nacht durch den Wald, ohne irgendwelche Vampire oder Leichen zu finden. Als es über dem Horizont dämmerte, sah Elena in dem schwachen Licht, wie die beiden Wölfe neben ihr hertrotteten und die Köpfe tief hängen ließen. Sie war selbst so schläfrig, dass sie sich an Stefanos Arm festklammerte und sich nur darauf konzentrierte, einen Fuß vor den anderen zu setzen. Doch dann rissen Spencer und Tristan den Kopf hoch und rannten los; ihre schlanken Muskeln dehnten sich unter ihrem grauen Fell.
»H aben sie Vampire gewittert?«, fragte Elena erschrocken, aber Jared schüttelte den Kopf. »E s sind nur die anderen«, sagte er, und dann rannte er ebenfalls los, schneller, als Elena es jemals gekonnt hätte.
Als sie und Stefano über den nächsten kleinen Hügel kamen, erkannte Elena den Waldrand und den Campus unter ihnen. Sie war so müde gewesen, dass sie gar nicht bemerkt hatte, wie sie im Kreis gegangen waren. Auf halbem Weg den Hügel hinunter begrüßten Spencer und Tristan den großen weißen Wolf, der Zander war, und einen weiteren grauen. Sie wedelten mit dem Schwanz, als Jared auf sie zueilte. Bonnie, Meredith und ein anderes, menschliches Mitglied von Zanders Rudel schauten zu. Bonnie sagte irgendetwas und schien sie winkend wegzuschicken. Daraufhin machten die Werwölfe gleichzeitig kehrt und liefen zurück in den Wald, angeführt von
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