Tagebuch eines Vampirs - Jagd im Morgengrauen
exzentrische, neuartige Kraft vor.
Andrés grinste. »E s wird dir helfen, von Anfang an zu spüren, ob jemand gut oder böse ist«, sagte er. »U nd mit etwas Übung, habe ich gehört, kannst du die Fähigkeit nutzen, um deine Feinde aufzuspüren.«
»I ch schätze, wir werden sehen, inwiefern das noch nützlich sein wird«, stimmte sie ihm zu. »N icht so nützlich wie die Fähigkeit, etwas Übles zu vernichten, wie du es kannst, aber es ist ein Anfang.«
Andrés sah sie für einen Moment an, dann begann er zu lachen. »V ielleicht lernst du das mit dem Vernichten auch bald.«
Elena brach selbst in Lachen aus und lehnte sich hilflos kichernd an ihn. Sie war so erleichtert und froh, schlicht und einfach froh. Sie hatte ihre Macht gefunden, ohne darauf warten zu müssen, dass eine Oberwächterin ihr eine Aufgabe zuwies. Und jetzt, da sie Zugang zu ihrer Macht gefunden hatte, spürte sie, dass mehr davon in ihr schlummerte, mehr Blumen, die darauf warteten, sich zu entfalten.
Und das war erst der Anfang.
Meredith ging unruhig neben dem Haupteingang zum Campus auf und ab. In der Vergangenheit war sie immer in der Lage gewesen, zur Ruhe zu kommen, aber seit sie nicht länger nur trainierte, sondern ihre Fähigkeiten als Vampirjägerin tatsächlich im Kampf einsetzte, war sie immer rastloser geworden. Sie wollte immer in Bewegung sein, wollte etwas tun– jetzt, da sie wusste, dass Ungeheuer den Campus heimsuchten. Ihr war bewusst, dass sie nach Samanthas Tod– bei der Erinnerung daran schnürte es ihr immer noch die Kehle zu– eine der wenigen Beschützerinnen war, die es noch gab. Das Gefühl von etwas Bösem, etwas Falschem, das außer Sichtweite lauerte, brachte ihre Haut zum Kribbeln.
Sie konnte es kaum erwarten, Alaric zu sehen.
Als hätte dieser Gedanke ihn heraufbeschworen, bog Alarics kleiner grauer Honda endlich in die Straße ein, die zum Campus führte. Meredith winkte, während er den Wagen parkte, und lief auf ihn zu; ihr war klar, dass sie wie eine Idiotin übers ganze Gesicht strahlte, aber es kümmerte sie nicht.
»H i«, sagte sie, als Alaric ausgestiegen war, und küsste ihn stürmisch. Sie wusste, dass sie eine Strategie entwerfen mussten, und hoffte, dass Alaric mit ein wenig Glück etwas herausgefunden hatte, das ihnen beim Kampf gegen Nicolaus helfen konnte. Aber in diesem Moment kostete sie einfach das Gefühl aus, in seinen Armen zu liegen; sie spürte seine weichen Lippen auf ihren, sie roch seinen typischen Alaric- Duftnach Leder und Seife und etwas Kräuterähnlichem .
»I ch habe dich vermisst«, erwiderte er nach ihrem Kuss und legte seine Stirn an ihre. »T elefongespräche sind einfach nicht dasselbe.«
»M ir geht es genauso«, sagte Meredith. »I ch liebe deine Sommersprossen«, fuhr sie beiläufig fort und streifte mit den Lippen die goldenen Fleckchen auf seiner Wange.
Hand in Hand spazierten sie über den Campus. Meredith zeigte Alaric alles, was er hier kennen musste: die Bibliothek, die Mensa, das Studentenzentrum, ihr Wohnheim. Die wenigen Kommilitonen, denen sie begegneten, eilten in Gruppen vorbei, die Köpfe gesenkt und darauf bedacht, jeden Blickkontakt zu vermeiden.
Als sie die Sporthalle erreichten, zögerte Meredith, bevor sie stehen blieb. »D ort ist mein Trainingsraum… aber es fällt mir schwer zu trainieren. Ich bin immer mit Samantha hier gewesen«, erzählte sie Alaric. »S ie war so ehrgeizig und klug. Sie hat mich angetrieben auf eine wirklich tolle Art und Weise.« Sie lehnte sich für einen Moment an Alaric und spürte, wie er sie auf ihr Haar küsste.
Sie gingen weiter, aber Meredith konnte nicht aufhören, an Samantha zu denken. Außer Samantha war Meredith noch nie jemand anderem aus einer Familie von Vampirjägern begegnet. Ihre Eltern hatten die Jägergemeinschaft verlassen. Und nachdem Samanthas Eltern noch vor Vollendung von Sams Ausbildung getötet worden waren, hatte auch sie keine anderen Jäger kennengelernt.
Sie hatten einander so viel beigebracht. Meredith liebte Elena und Bonnie– sie waren ihre besten Freundinnen, ihre Schwestern–, aber keine Freundin hatte sie je so gut verstanden wie Samantha.
Und dann hatten Ethan und seine Vampire sie getötet. Meredith war diejenige, die Samanthas Leiche gefunden hatte. Sie war so heftig in Stücke gerissen worden, dass ihr Zimmer blutgetränkt gewesen war.
Meredith verzog das Gesicht und ihre Stimme klang belegt. »M anchmal habe ich das Gefühl, als würde es niemals aufhören«,
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