Tagebuch für Nikolas
Kupfermünze.
»Wie läuft es da oben, wo die Möwen spielen?«, fragte ich ihn.
Er lachte. »Wie geschmiert! Ob Sie es glauben oder nicht, ich bin mit dem Dach fast fertig.«
Verdammt. Gerade, wo ich anfing, ihn gern bei mir zu haben.
»Wie läuft es denn hier unten?«, fragte er und ließ sich in seinen abgeschnittenen Jeans und seinem offenen Jeanshemd in den Schaukelstuhl auf der Veranda gleiten. Der Stuhl schaukelte nach hinten und stieß gegen das Spalier.
»Ziemlich gut«, sagte ich und fügte hinzu: »Keine tragischen Vorfälle an der Front heute, was man natürlich gerne hört. Die Arbeit in der Praxis macht mir große Freude. Sie erfüllt mich.«
Plötzlich brach das Spalier hinter Matt aus der Verankerung und kippte auf uns herunter. Wir sprangen beide gleichzeitig auf. Es gelang uns, den weißen Holzrahmen wieder an seinen Platz zu drücken, während unsere Köpfe unter Rosenblüten und Clematis verschwanden.
Ich musste lachen, als ich zu meinem Handwerker hinüberschaute. Er sah aus wie eine zerzauste Brautjungfer. Er reagierte sofort und sagte: »Sie glauben wohl, dass Sie jetzt wie Carmen Miranda aussehen?«
Matt holte einen Hammer und Nägel und befestigte das Spalier wieder sicher an seinem Platz. Meine Aufgabe bestand darin, es festzuhalten.
Ich fühlte, wie sein starkes, muskulöses Bein an dem meinen rieb und wie seine Brust sich gegen meinen Rücken presste, während er die Arme über mir hochstreckte und den letzten Nagel einschlug.
Ich erschauerte. Hatte er das absichtlich getan? Was ging hier eigentlich vor?
Unsere Blicke trafen sich, und für einen Moment schien eine besondere Bedeutung darin zu liegen. Was immer es war, es gefiel mir.
Spontan - vielleicht auch aus einem Instinkt heraus - fragte ich ihn, ob er zum Abendessen bleiben wollte. »Nichts Besonderes. Ich leg bloß ein paar Steaks und Maiskolben auf den Grill…«
Er zögerte, und ich fragte mich, ob es da jemanden gab. Er sah bestimmt gut genug aus. Doch meine Unsicherheit löste sich in Luft auf, als er sagte: »Ich bin ziemlich schmutzig, Suzanne. Hätten Sie etwas dagegen, wenn ich bei Ihnen dusche? Ich würde sehr gerne zum Essen bleiben.«
»Unter dem Waschbecken liegen frische Handtücher«, sagte ich.
Und so ging er nach oben, um zu duschen, und ich machte das Abendessen. Ich hatte ein gutes Gefühl bei der Sache. Ganz normal, ganz einfach, wie bei guten Nachbarn.
In diesem Moment fiel mir ein, dass ich weder Steaks noch Mais hatte. Glücklicherweise erfuhr Matt nie, dass ich kurz zu Melanie hinüber lief, um mir ein paar Sachen zum Essen zu borgen … und dass sie noch Wein, Kerzen und sogar einen halben Kirschkuchen zum Nachtisch dazu tat. Sie erzählte mir auch, dass sie Matt anbetete, wie überhaupt jeder, und dass er gut für mich war.
Nach dem Abendessen saßen wir beide lange Zeit auf der Veranda vor dem Haus und unterhielten uns. Wieder verging die Zeit wie im Flug, und als ich auf meine Armbanduhr schaute, war es fast elf. Ich konnte es kaum glauben.
»Morgen habe ich Dienst im Krankenhaus«, sagte ich. »Frühdienst.«
»Ich würde die Einladung gern erwidern«, sagte Matt. »Ich würde Sie morgen gern zum Abendessen ausführen. Darf ich, Suzanne?«
Ich konnte ihn nicht aus den Augen lassen. Matts Augen waren von einem unglaublich sanften Braun. »Ja, ganz bestimmt dürfen Sie mich zum Abendessen ausführen. Ich kann es kaum erwarten«, sagte ich. Es kam einfach so heraus.
Er lachte. »Sie brauchen nicht zu erwarten. Ich bin noch da, Suzanne.«
»Ich weiß, und es gefällt mir. Aber ich kann trotzdem kaum bis morgen warten. Gute Nacht, Matt.«
Er beugte sich vor, küsste leicht meine Lippen und ging nach Hause.
Mit dem nächsten Tag kam Gus. Jeden Morgen geht er hinaus auf die Veranda und holt den Boston Globe. Was für ein Retriever, was für ein Apportierhund, was für ein Kumpel!
Picasso machte mit mir an diesem Nachmittag eine Inselrundfahrt in seinem altersschwachen Chevy-Laster, und ich sah die Insel, wie ich sie noch nie gesehen hatte. Ich kam mir vor wie eine Touristin. Martha’s Vineyard war voller malerischer Ecken und Winkel und atemberaubender Ausblicke, die mich immer wieder aufs Neue überraschten und entzückten.
Wir landeten schließlich an den lieblichen, vielfarbigen Klippen von Gay Head. Matt rief mir ins Gedächtnis, dass Tashtego in Moby Dick ein Harpunierer von der Insel war, ein Indianer von Gay Head. Das hatte ich wohl vergessen.
Ein paar Tage später hatte er die
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