Tagebücher 1909-1923
Sommerfrische geschrieben, bei Tag stenographiert, am Abend
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ins reine gebracht, gefeilt, gestrichen, aber eigentlich nicht viel Arbeit damit gehabt, da es ihm gleich gelungen war. Er borgt es mir, wenn ich will, es ist zwar populär geschrieben, mit Absicht, aber es sind gute Gedanken darin und es ist betamt wie man sagt. (Spitziges Lachen mit erhobenem Kinn.) Ich kann es mir ja hier durchblättern unter dem elektrischen Licht. (Es ist eine Aufforderung an die Jugend nicht traurig zu sein, denn es gibt ja die Natur, die Freiheit, Goethe, Schiller Shakespeare, Blumen, Insekten u. s. w.) Die Durege sagte, sie hätte jetzt gerade keine Zeit es zu lesen, aber er könne es ihr ja borgen, sie werde es ihm in paar Tagen zurückgeben. Er hatte schon Verdacht und wollte es nicht dort lassen, wehrte sich, sagte z. B. Schauen Sie Frau Durege warum soll ich es hier lassen, es sind ja nur Banalitäten, es ist ja gut geschrieben, aber – Es half alles nichts, er mußte es dort lassen. Das war Freitag.
28 II 12 Am Sonntag morgen beim Waschen fällt ihm ein, daß er das Tagblatt noch nicht gelesen hat. Er schlägt es auf, zufällig gerade die erste Seite der Unterhaltungsbeilage. Der Titel des ersten Aufsatzes "Das Kind als Schöpfer" fällt ihm auf, er liest die ersten Zeilen – und fängt vor Freude zu weinen an. Es ist sein Aufsatz, wortwörtlich sein Aufsatz. Es ist also zum erstenmal etwas gedruckt, er lauft zur Mutter und erzählt es. Die Freude! Die alte Frau, sie ist zuckerkrank und vom Vater geschieden, der übrigens im Recht ist, ist so stolz. Ein Sohn ist ja schon Virtuose, jetzt wird der andere Schriftsteller!
Nach der ersten Aufregung überlegt er nun die Sache. Wie ist denn der Aufsatz in die Zeitung gekommen? Ohne seine Zustimmung? Ohne Namen des Verfassers? Ohne daß er Honorar bekommt? Das ist eigentlich ein Vertrauensmißbrauch, ein Betrug. Diese Frau Durege ist doch ein Teufel. Und Frauen haben keine Seele sagt Mohamet (oft wiederholt) Man kann es sich ja leicht vorstellen, wie es zu dem Plagiat gekommen ist.
Da war ein schöner Aufsatz, wo findet man gleich einen solchen. Da ist also Frau D. ins Tagblatt gegangen, hat sich mit
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einem Redakteur zusammengesetzt, beide überglücklich, und jetzt haben sie die Bearbeitung angefangen. Bearbeitet mußte es ja werden, denn erstens durfte man ja das Plagiat nicht auf den ersten Blick erkennen und zweitens war der 32 Seiten lange Aufsatz für die Zeitung zu groß.
Auf meine Frage, ob er mir nicht Stellen zeigen wolle, die sich decken, da dieses mich besonders interessieren würde und da ich erst dann ihm einen Rat für sein Verhalten geben kann, fängt er seinen Aufsatz zu lesen an, schlägt eine andere Stelle auf, blättert, ohne zu finden und sagt schließlich, daß alles abgeschrieben sei. Da stehe z. B. in der Zeitung: Die Seele des Kindes sei ein unbeschriebenes Blatt und "unbeschriebenes Blatt" komme auch in seinem Aufsatz vor. Oder der Ausdruck
"benamset" sei auch abgeschrieben, wie käme man denn sonst auf "benamset". Aber einzelne Stellen kann er nicht vergleichen.
Es sei zwar alles abgeschrieben, aber eben vertuscht, in anderer Reihenfolge, gekürzt und mit kleinen fremden Zutaten.
Ich lese laut einige auffallendere Stellen aus der Zeitung.
Kommt das im Aufsatz vor? Nein. Das? Nein. Das? Nein. Ja aber das sind eben die aufgesetzten Stellen. Im Innern ist alles alles abgeschrieben. Aber der Beweis wird, fürchte ich, schwer.
Er wird es schon beweisen mit Hilfe eines geschickten Advokaten, dazu sind ja Advokaten da. (Er sieht diesem Beweis wie einer ganz neuen von dieser Angelegenheit vollständig abgetrennten Aufgabe entgegen und ist stolz darauf, daß er sich ihre Bewältigung zutraut)
Daß es sein Aufsatz ist, sieht man übrigens schon daraus, daß er in 2 Tagen gedruckt war. Sonst dauert es doch zumindest 6
Wochen, bis eine angenommene Sache in den Druck kommt.
Hier aber war natürlich Eile nötig, damit er nicht dazwischenkomme. Darum haben 2 Tage genügt. – Außerdem heißt der Zeitungsaufsatz "Das Kind als Schöpfer". Das hat eine deutliche Beziehung zu ihm und außerdem ist es eine Stichelei.
Mit dem "Kind" ist nämlich er gemeint, denn man hat ihn früher
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für ein "Kind " für "dumm" gehalten (er war es wirklich nur während der Militärzeit, er hat 1 1/2 Jahre gedient) und will nun mit dem Titel sagen, daß er ein Kind etwas so Gutes wie den Aufsatz zustande gebracht hat, daß er sich also zwar als Schöpfer
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