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Tagebücher 1909-1923

Tagebücher 1909-1923

Titel: Tagebücher 1909-1923 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franz Kafka
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für Georgs Geschäftszweig in Petersburg bestanden. Die Ziffern waren verschwindend gegenüber dem Umfang den Georgs Geschäft jetzt angenommen hatte. Georg aber hatte keine Lust gehabt, dem Freund von seinen geschäftlichen Erfolgen zu schreiben und hätte er es jetzt nachträglich getan, es hätte wirklich einen merkwürdigen Anschein gehabt. So beschränkte sich Georg
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    darauf, dem Freund immer nur über bedeutungslose Vorfälle zu schreiben, wie sie sich, wenn man an einem ruhigen Sonntag nachdenkt, in der Erinnerung aufhäufen. Er wollte nichts anderes, als die Vorstellung ungestört lassen, die sich der Freund von der Heimatstadt in der langen Zwischenzeit wohl gemacht und mit welcher er sich auch abgefunden hatte. So geschah es Georg, daß er dem Freund die Verlobung eines gleichgültigen Menschen mit einem ebenso gleichgültigen Mädchen dreimal in ziemlich weit auseinanderliegenden Briefen anzeigte, bis sich dann allerdings der Freund ganz gegen. Georgs Absicht für diese Merkwürdigkeit zu interessieren begann.
    Georg schrieb ihm aber solche Dinge viel lieber, als daß er zugestanden hätte, daß er selbst vor einem Monat mit einem Fräulein Frieda Brandenfeld einem Mädchen aus wohlhabender Familie sich verlobt hatte. Oft sprach er mit seiner Braut über diesen Freund und das besondere Korrespondenzverhältnis, in welchem er zu ihm stand. Da wird er gar nicht zu unserer Hochzeit kommen sagte sie und ich habe doch das Recht, alle Deine Freunde kennen zu lernen. "Ich will ihn nicht stören antwortete Georg, versteh mich recht, er würde wahrscheinlich kommen, wenigstens glaube ich es, aber er würde sich gezwungen und geschädigt fühlen, vielleicht mich beneiden und sicher unzufrieden und unfähig die Unzufriedenheit zu beseitigen allein wieder zurückfahren. Allein – weißt du, was das ist. " "Ja kann er denn von unserer Heirat nicht auf andere Weise erfahren." "Das kann ich allerdings nicht verhindern, aber es ist bei seiner Lebensweise unwahrscheinlich." "Aber wirklich wenn Du solche Freunde hast, Georg hättest Du überhaupt nicht heiraten sollen. " "Ja das ist unser beider Schuld, aber ich wollte es doch nicht anders." Und wenn sie dann raschatmend unter seinen Küssen noch vorbrachte "Eigentlich kränkt es mich doch"
    hielt er es wirklich für unverfänglich dem Freund alles zu schreiben. So bin ich und so hat er mich hinzunehmen sagte er sich. Ich kann nicht aus mir einen Menschen herausschneiden,
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    der vielleicht für die Freundschaft mit ihm geeigneter wäre, als ich es bin.
    Und tatsächlich berichtete er seinem Freund in dem langen Brief den er an diesem Sonntagvormittag schrieb, die erfolgte Verlobung mit folgenden Worten: "Die beste Neuigkeit habe ich mir zum Schlusse aufgespart. Ich habe mich mit einem Fräulein Frieda Brandenhof verlobt einem Mädchen aus einer
    wohlhabenden Familie die sich hier erst lange nach Deiner Abreise angesiedelt hat die Du also kaum kennen dürftest. Es wird sich noch Gelegenheit finden Dir näheres über meine Braut mitzuteilen, heute genüge Dir, daß ic h recht glücklich bin und daß sich in unserem gegenseitigen Verhältnisse nur insoferne etwas geändert hat, als Du jetzt in mir statt eines ganz gewöhnlichen einen glücklichen Freund haben wirst. Außerdem bekommst Du in meiner Braut, die dich herzl. grüß. läßt und dir nächstens selbst schreiben wird, eine aufrichtige Freundin was für einen Jungges. nicht ganz ohne Bedeutung ist. Ich weiß es hält Dich vielerlei von einem Besuche bei uns zurück, wäre aber nicht gerade meine Hochzeit die richtige Gelegenheit einmal alle Hindernisse über den Haufen zu werfen? Aber wie dies auch sein mag, handle ohne alle Rücksicht und nur nach Deiner Wohlmeinung."
    Mit diesem Brief in der Hand war G. lange das Gesicht dem Fenster zugekehrt an seinem Schreibtisch gesessen. Einem Bekannten, der ihn im Vorübergehn von der Gasse ausgegrüßt hatte, hatte er kaum mit einem abwesenden Lächeln
    geantwortet.
    Endlich steckte er den Brief in die Tasche und gieng aus seinem Zimmer quer durch einen kleinen Gang in das Zimmer seines Vaters, in dem er schon seit Monaten nicht gewesen war.
    Es bestand auch sonst keine Nötigung dazu, denn er verkehrte mit seinem Vater ständig im Geschäft, das Mittagessen nahmen sie gleichzeitig in einem Speisehaus ein, abend versorgte sich zwar jeder nach Belieben, doch saßen sie meistens, wenn nicht
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    Georg wie es am häufigsten geschah, mit Freunden beisammen war

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