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Tagebücher der Henker von Paris

Tagebücher der Henker von Paris

Titel: Tagebücher der Henker von Paris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henri Sanson
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nachdrücklichem Tone, sie einzulassen.
    Er war in seinem Bade und hatte den Kopf mit einem Taschentuch umwickelt; ein schmutziges Tuch bedeckte die Badewanne; vor ihm lag ein Brett, welches ihm als Schreibpult diente.
    Er wollte wissen, wie es in Caen herging, und fragte Charlotte über die Namen der Deputierten, welche sich in diese Stadt geflüchtet, und über die der Verwalter der Departements Calvados und de L'Eure.
    Während der Unterhaltung schrieb er, und als er geendigt hatte, rief er aus:
    »Binnen hier und wenigen Tagen werden sie auf die Guillotine gehen!«
    Diese Drohung erinnerte Charlotte Corday an ihre Mission, welche sie eine Zeitlang über dem Abscheu vor dem Morde vergessen hatte; sie näherte sich der Badewanne, zog ihr Messer und senkte es Marat in die Brust.
    Der Stoß wurde von so fester Hand geführt, daß die Waffe bis zum Hefte eindrang und die Stämme der Halspulsadern durchschnitt. Marat schrie um Hilfe und verschied.
    Auf seinen Schrei stürzten ein Kommissär namens Laurent Basse, welcher in einem Nebengemach Journale faltete, Catharina Evrard und ihre Schwester in das Zimmer. Charlotte Corday stand unbeweglich vor dem Fenster, ohne einen Fluchtversuch zu machen. Der Kommissär schlägt sie mit einem Stuhle zu Boden. Sie erhebt sich wieder, aber Basse packt sie um den Leib und wirft sie aufs neue zur Erde, wo er sie unter sich festhält, während die Evrard und andere Nachbarinnen unter dem Beistand eines Chirurgen namens Clair Michon de la Fondée, welcher der Hauptmieter des Hauses war, Marat auf sein Bett tragen.
    Bei dem Lärmen und dem Geschrei der Weiber liefen die Nachbarn herbei; bald darauf erschienen auch einige Nationalgardisten von der Wache des Theatre français, welche Charlotte Corday festnahmen.
    Am 14. beauftragte ein Konventsdekret das Revolutionstribunal, die Untersuchung gegen die Mörderin Marats und ihre Mitschuldigen einzuleiten.
    Nachdem sie am 16. morgens in die Conciergerie gebracht worden war, vollendete sie am Abend den Brief, den sie in der Abtei angefangen und an Barbaroux adressiert hatte:
    »An den Bürger Barbaroux, Deputierten des Nationalkonvents, jetzt Réfugié zu Caen, in der Karmeliterstraße, Hotel der Intendanz.
    Im Abteigefängnis, in dem Gemach, welches ehemals Brissot bewohnte, am zweiten Tage der Vorbereitung zum Frieden.
    Sie haben gewünscht, Bürger, daß ich Ihnen die Einzelheiten meiner Reise mitteile, und ich werde Ihnen nicht die geringste Anekdote schenken.
    Ich war mit Reisenden abgefahren, welche ich bald für offene Montagnards erkannte. Ihre Gesinnung, ebenso dumm wie ihre Personen, war unangenehm und langweilte mich außerordentlich. Ich ließ sie schwatzen, soviel sie wollten, und schlief ein. Einer dieser Herren, der wahrscheinlich die schlafenden Frauen sehr gern hat, wollte mich, als ich erwachte, überreden, ich wäre die Tochter eines Mannes, den ich niemals gesehen habe, und ich hätte einen Namen, von dem ich niemals hörte. Endlich trug er mir noch sein Herz und seine Hand an und wollte auf der Stelle zu meinem Vater reisen, um ihn um seine Einwilligung zu bitten. Diese Herren boten alles auf, um meinen Namen und meine Adresse in Paris zu erfahren; ich weigerte mich aber, sie ihnen zu nennen und blieb jenem Grundsatz meines lieben und tugendhaften Raynal getreu: Man schuldet die Wahrheit nicht seinen Tyrannen.
    In Paris angekommen, nahm ich mein Quartier in der alten Augustinerstraße, Hotel de la Providence. Dann suchte ich Duperret, Ihren Freund, auf. Ich weiß nicht, wie das Sicherheitskomitee von der Unterredung, die ich mit ihm hatte, Kenntnis erhielt. Sie kennen den festen Charakter jenes Mannes und er hat ihnen die Wahrheit geantwortet; ich habe seine Aussage durch die meinige bestätigt; es liegt nichts gegen ihn vor, wenn nicht seine Festigkeit ein Verbrechen ist. Ich ersuchte ihn, Sie zu besuchen, er ist aber so eigensinnig.
    Sollten Sie wohl glauben, daß Fauchet als mein Mitschuldiger verhaftet ist, er, der nichts von meinem Dasein wußte?
    Ich bin durch Chabot und Legendre verhört worden. Chabot sah aus wie ein Narr. Legendre wollte mich durchaus am Morgen in seinem Hause gesehen haben, obgleich ich niemals an diesen Mann gedacht habe. Ich vermutete in ihm nicht so große Talente, um ihn für einen Tyrannen seines Vaterlandes zu halten, und hegte nicht die Absicht, die ganze Welt zu züchtigen.
    Übrigens ist man gar nicht damit zufrieden, niemand weiter als eine Frau zu haben, die man den Manen des großen

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