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Tagebücher der Henker von Paris

Tagebücher der Henker von Paris

Titel: Tagebücher der Henker von Paris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henri Sanson
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und Unsinniges in einem Pack Akten zusammengestellt, welches er, ohne sich an die gesetzlichen Vorschriften zu kehren, dem Gerichtshofe zu lesen gab. Diese Durchlesung dauerte nicht weniger als dritthalb Stunden. Indem der Exkapuziner seine eigene Verzeihung nachsuchte, schonte er die Girondisten nicht; er nahm keinen Anstand, sie für die Metzeleien vom 2. September verantwortlich zu machen; »sie hätten, sagte er, dieselben angeregt, um die Departements in Schrecken zu setzen und sie über die Lage der Hauptstadt zu täuschen, damit, wie Pétion es wünschte, die Deputierten verhindert würden, nach Paris zu kommen und der Sitz der Regierung anderswohin verlegt würde.«
    Indem dieser elende Chabot seine eigene Verteidigungsrede hielt, indem er erzählte, wie er vier Millionen zurückgewiesen, welche ihm der Graf Ocarides, der spanische Gesandte, zur Rettung des Königs angeboten habe, wagte er es, ohne eine besondere Tatsache vorzubringen, die Rechtschaffenheit dieser großherzigen Männer anzutasten, die ihre Gesinnung, ihr Vermögen dem Vaterlande geopfert hatten und nun das Opfer mit ihrem Leben besiegeln sollten.
    Fabre d'Eglantine, der ebenso kompromittiert wie Chabot, aber doch besser als der ehemalige Mönch war, ging noch weiter als dieser: er behauptete, Roland und seine Freunde hätten im Einverständnisse mit denjenigen gestanden, welche das Garde-Meuble bestohlen hätten! Er erhielt von Vergniaud die stolze Antwort:
    »Ich glaube nicht verbunden zu sein, mich gegen die Mitschuld mit Dieben und Mördern zu verwahren!«
    Die gerichtliche Verhandlung bot ein Bild unglaublicher Unordnung. Die Zeugen, blutgierig wie eine Koppel Jagdhunde, mißachteten alle schützenden, herkömmlichen Formen der Justiz; sie richteten direkte Fragen an die Angeklagten, bestritten die Aussagen derselben und sagten den Geschworenen ihre Meinung. Nicht Herman leitete die Verhandlungen, sondern Chaumette, Hébert und Chabot, und dennoch dauerte, trotz dieser Verachtung aller Formen und Bürgschaften, der Prozeß schon sechs Tage, ohne vom Fleck zu kommen. Zwei der Angeklagten, Boiteau und Gardien, hatten der Furcht nachgegeben und die Schwachheit gehabt, die vorgebliche Verschwörung wirklich einzuräumen; aber der Ruhm der Gironde, ihre durch Brissot, Gensonné, Ducos, Boyer-Fonfrêde und Vergniaud vertretene Beredsamkeit widersprach noch immer mit gleichem Nachdruck, mit gleichem Stolz des besiegten Patriotismus, und es ließ sich vermuten, daß der große Redner der Rechten seine ganze Kraft für den letzten Augenblick aufgespart habe; es ließ sich befürchten, daß die Zuhörer durch die Gewalt seiner Worte hingerissen würden und eine Verurteilung unmöglich werden könnte.
    In der Sitzung vom 7. Brumaire beklagten sich die Jakobiner über das langsame Verfahren des Gerichtshofes und beschlossen, eine Deputation an den Konvent abzuordnen und ihn um eine beschleunigte Bestrafung der Verbrecher zu bitten.
    Zu gleicher Zeit teilte Fouquier seine Besorgnisse Robespierre mit und richtete auf Anstiften des letzteren einen Brief an den Konvent, worin er gestand, daß er und Herman unfähig seien, die Debatten zu leiten; er schloß mit der Bemerkung, es wäre nötig, das Tribunal von den gesetzlichen Formen zu befreien.
    Endlich, um acht Uhr abends, kam das Dekret des Konvents an und wurde den Angeklagten bekannt. Mit einem Rest von Schamgefühl nahmen jedoch die Geschworenen Anstand, dasselbe sogleich zur Anwendung zu bringen und erklärten: sie wären nicht hinreichend instruiert. Die Sitzung wurde also auf den folgenden Tag vertagt.
    Die Abstimmung des vergangenen Abends und der Inhalt der Dekrete zeigten den Girondisten, daß ihre ehemaligen Kollegen ihren Tod als eine politische Notwendigkeit ansähen; sie hatten sich gegen Fouquier und seinen kläglichen Gerichtshof verteidigt; nachdem sie aber vom Konvent verlassen waren, verzichteten sie darauf um ihr Leben zu streiten, und die erste Sitzung am Montag dem 9. Brumaire verlief unter nichtssagenden Erörterungen.
    In der Abendsitzung gegen neun Uhr erklärte der Oberste der Jury, daß die Geschworenen hinreichend instruiert wären. Herman sprach den Schluß der Debatte aus und ließ die Angeklagten abtreten. Die Geschworenen gingen in das Ratszimmer und kehrten um dreiviertel auf zwölf Uhr mit einem Verdikt zurück, welches alle Anklagepunkte bejahte.
    Die Angeklagten wurden darauf in das Verhörzimmer zurückgeführt, der Vorsitzende teilte ihnen den Ausspruch der Jury mit

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