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Tagebücher der Henker von Paris

Tagebücher der Henker von Paris

Titel: Tagebücher der Henker von Paris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henri Sanson
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verständlich war, den Priester erkannt hatte, neigte sie die Stirn und betete mit großer Sammlung; dann entrang sich ihrer Brust ein Seufzer der Linderung und man sah ein Lächeln auf ihren Lippen. Als sie auf dem Revolutionsplatze ankam, blieb der Karren gerade der großen Allee der Tuilerien gegenüber halten; einige Augenblicke schien die Königin in schmerzliche Betrachtungen versunken; sie wurde um vieles bleicher, ihre Augenlider wurden feucht und man hörte, wie sie mit dumpfer Stimme die Worte murmelte:
    »Meine Tochter! Meine Kinder!«
    Bei dem Lärm, welcher die Zurichtung des Schafotts veranlaßte, schien sie wieder zu sich zu kommen und schickte sich an, vom Karren herabzusteigen, wobei sie von meinem Vater und meinem Großvater unterstützt wurde. In dem Augenblick, als sie den Fuß zur Erde setzte, sagte Charles Henri Sanson, der sich über sie lehnte, mit leiser Stimme:
    »Mut, Madame!«
    Die Königin wendete sich schnell um und schien erstaunt, Mitleid in dem Manne zu finden, der sie zum Tode führen sollte.
    »Ich danke, mein Herr, ich danke«, sprach sie mit fester Stimme.
    Nur wenige Schritte trennten den Karren vom Schafott; als mein Vater sie noch weiter unterstützen wollte, wies sie ihn mit den Worten zurück:
    »Nein, ich werde, Gott sei Dank, Kraft genug haben, bis dahin zu gehen.«
    Sie ging mit gleichem, weder hastigem noch langsamem Schritt und stieg die Stufen mit der Majestät hinauf, als ob es die Stufen der großen Treppe zu Versailles gewesen wären.
    Als sie auf der Plattform ankam, entstand ein Augenblick der Verwirrung. Der Abbé Lothringer war ihr bis dorthin gefolgt und setzte seine vergeblichen Ermahnungen fort; mein Vater stieß ihn sanft zurück, um dieser schmerzlichen Qual ein Ende zu machen.
    Nun bemächtigten sich die Gehilfen des erhabenen Opfers. Während sie die Königin auf das Fallbrett banden, hob sie die Augen gen Himmel empor und rief mit lauter Stimme:
    »Lebt wohl, meine Kinder! Ich werde euren Vater wiedersehen!«
    Kaum hatte sie diese Worte vollendet, als das Fallbrett an seine Stelle gelegt wurde und das Messer auf ihr Haupt herabfiel.
    Bei dem Geräusch des Fallbeils erhob sich der Ruf: »Es lebe die Republik!« allein dieser Ausruf beschränkte sich nur auf die nächste Umgebung des Schafotts.
    Grammont, der seinen Säbel wie ein Besessener schwang, befahl Charles Henri zu wiederholten Malen, dem Volke den Kopf zu zeigen. Einer seiner Gehilfen trug hierauf die scheußliche Trophäe, deren Augenlider noch krampfhaft zitterten, um das Schafott herum.
    Der Körper der Königin wurde in einen schlechten Sarg von rohem Holze eingeschlossen und in eine Kalkgrube des Magdalenenkirchhofes versenkt; ihre Kleider wurden unter die Armen der Hospitäler verteilt.
    - Ende -

Band 2

Gegen die Gemäßigten
Die Girondisten
Brissot, Gensonne, Ducos, Boyer-Fonfrêde, Vergniaud usw.; Chabot, Hébert, Fabre d'Eglantine, Chaumette, Herman, Amar.
    Auf den Prozeß der Königin folgte der der Einwohner von Armentières, welche angeklagt waren, Einverständnis mit dem Feinde unterhalten und namentlich ein Komplott zu dem Zwecke, dem Feinde die Tore der Stadt zu öffnen, gebildet zu haben. Sechs der Angeklagten wurden freigesprochen, die übrigen aber zum Tode verurteilt und am 27. Vendemiaire hingerichtet.
    Schon hatte aber die erste Abteilung des Tribunals einen viel wichtigeren Prozeß in Angriff genommen: den der Girondisten.
    Dieser Prozeß wurde von den Klubs und der Gemeinde mit gleichem Ungestüm gefordert, wie früher der der Königin; die Anklageakte der am 31. Mai verhafteten Deputierten war aber schwierig zu formulieren. Diejenigen der Girondisten, welche sich nicht durch die Flucht dem Dekret des Konvents entzogen, hatten keine Handlung begangen, worauf sich eine Schuld gründen ließ; man mußte also ihrer Meinung den Prozeß machen und das Verbrechen in den föderalistischen Absichten, die man bei ihnen voraussetzte, suchen. Amar verfaßte im Namen des Sicherheitskomitees die Anklageschrift.
    Am 12. Vendemiaire teilte er dieselbe Fouquier-Tinville mit und dieser ließ am 13. die Angeklagten aus dem Gefängnis der Karmeliter, worin sie sich befanden, nach der Conciergerie, der letzten Station zur Guillotine, bringen.
    Die Flucht von Barbaroux, Pétion, Guadet und einigen anderen hatte die Reihen der Zweiundzwanzig gelichtet; um diese Zahl, welche durch den Aufstand vom 2. Juli geheiligt war, zu vervollständigen, nahm man einige von den anderen zuletzt verhafteten

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