Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tagebücher der Henker von Paris

Tagebücher der Henker von Paris

Titel: Tagebücher der Henker von Paris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henri Sanson
Vom Netzwerk:
jede Gemeinschaft mit allen, welche die Waffen gegen das Vaterland ergriffen, untersage. Angrand jedoch stieß die zu seiner Rettung dargebotene Hand zurück und antwortete mit großer Festigkeit: Was ihm noch vom Leben bleibe, verlohne sich nicht der Mühe, durch eine Lüge erkauft zu werden; er kenne wohl das Gesetz, aber die Gesetze der Natur hätten den Vorrang vor denen der Republik. Mit ihm wurden hingerichtet: Aymond Charles Franyois de Nicolai, ehemaliger erster Vorsitzender im großen Rate. Rivière erzählte mir, daß dieser, als er nach der Conciergerie gebracht wurde, an einem Rheumatismus in der Schulter litt. Als Vayard, der Gesundheitsbeamte in der Conciergerie, ihn ersuchte, sich zu schonen, antwortete er ihm:
    »Das lohnt sich nicht der Mühe, das Übel ist nahe beim Kopfe und wird mit diesem schwinden.«
    Mit Angrand und Nicolai wurden dreiunddreißig Verurteilte, fast alle Magistratsbeamte oder ehemalige vornehme Herren, hingerichtet. Alle waren der Verschwörung gegen die Sicherheit und Souveränität des Volkes schuldig erklärt. Sie starben mutig; der Sorgloseste war aber dieses Mal der Jüngste, Joseph Chopin, ein Husar, erst dreiundzwanzig Jahre alt. Er rauchte unterwegs seine Pfeife und bat einen Gehilfen, sie ihm jedesmal, wenn sie ausgeraucht war, wieder zu stopfen. Beim Aussteigen sagte er zu mir:
    »Bürger, ich wünsche dir Glück, denn, wie es heißt, gehören dir die nachgelassenen Effekten derjenigen, die du in die andere Welt beförderst; da mußt du schon eine ganz hübsche Garderobe haben.«
    Ich hatte nicht Zeit, ihm seinen Irrtum zu nehmen, und antwortete nichts. Die Kleider und die Wäsche der Verurteilten werden in die Hospitäler, die Kleinodien in den Staatsschatz geschickt. Dieser Joseph Chopin war der zweite unter den Hingerichteten; er rauchte noch auf dem Brette, und Kopf und Pfeife fielen zusammen in den Korb.
    10. Floreal. Gamain, der den vorigen König im Schlosserhandwerk unterrichtete und nachher den eisernen Schrank und die darin enthaltenen wertvollen Papiere zur Anzeige brachte, hat noch keinen Lohn für seinen Verrat empfangen; und dies ist ganz recht. Er hat nun eine Bittschrift an den Konvent gerichtet, und um seine Ansprüche höher zu stellen, fügte er noch die Verleumdung hinzu, Ludwig XVI. hätte ihn vergiften wollen. Nachdem Musset Bericht erstattet, wurde Gamains Bittschrift von der Versammlung angenommen; er wird einige hundert Livres erhalten nebst der Ehre, durch ein Dekret zum Judas erklärt zu sein.
    11. Floreal. Heute wurde Stanislas de Langanerie hingerichtet, ehemaliger Ludwigsritter, überführt, zu den Dolchrittern gehört zu haben. Es ist seit langer Zeit nicht vorgekommen, daß wir nur einen Verurteilten hatten; die, welche uns gewöhnlich folgen, verließen uns auch unterwegs, als verlohnte es sich wegen einer solchen Kleinigkeit nicht der Mühe. Wir hörten sie untereinander sagen:
    »Heute wird nur der kleine Korb gebraucht; wir wollen nicht hingehen.«
    Der Gerichtshof hat fünfzehn Personen freigesprochen, was ebenso selten vorkommt. Mehrere dieser Personen, Patrioten aus der Stadt Mans, haben, wie es in jener Provinz Gebrauch ist, ihren Namen mit dem Marats in Verbindung gebracht. Ehe der Vorsitzende Dumas sie entließ, hielt er ihnen eine kleine Rede über die Pflichten, welche sich für sie daran knüpften, daß dieser große Bürger ihr Pate sei.
    19. Floreal. Diesen Morgen wurde das Urteil über die Generalpächter gefällt. Vier wurden freigesprochen: Sanlot, Delaage, der Sohn, Bellefait und Delahante; alle anderen, achtundzwanzig an der Zahl, wurden zum Tode verurteilt und um zwei Uhr nachmittags hingerichtet; es bleiben noch sechs zu richten. Einer von ihnen, Lavoisier, ist ein gelehrter Chemiker; er ersuchte den Vorsitzenden Coffinhal um einen Aufschub von vierzehn Tagen, um eine Entdeckung, welche der Nation von Nutzen wäre, zu beendigen; der Auvergnat antwortete ihm:
    »Das Volk braucht keine Chemie und bekümmert sich nicht um deine Entdeckungen.«
    Die Motive des Urteils beschuldigen sie, den Tabak durch verschlechternde Zusätze verfälscht zu haben, und dies bewog die Zuhörer zu abgeschmackten Witzen, die ich nicht anführen will. Die Mehrzahl von ihnen schien ohne Reue zu sterben; einige waren trostlos: man ist nicht ungestraft reich. Papillon d'Hauteroche sagte, mit einem Blick auf die Menge: »Was mich am meisten ärgert, ist nur, daß ich so unangenehme Erben habe.«
Madame Elisabeth
    20. Floreal. Heute haben wir

Weitere Kostenlose Bücher