Tagebücher der Henker von Paris
daß du mich ermorden willst!«
Collot, der den Vorsitz führt, klingelt heftig; Charles Duval wendet sich an ihn:
»Präsident, soll ein Mann der Herr des Konvents sein?«
Robespierre, bleich und fahl, will Billaud-Varennes, welcher Tallien auf die Tribüne gefolgt ist, unterbrechen, seine Kräfte reichen aber nicht aus, um den Tumult zu beherrschen; sei es aus Erschöpfung oder vor zu großer Aufregung, er bringt nur heiseres, unverständliches Geschrei hervor.
»Das Blut Dantons erstickt dich!« ruft ihm Garnier de Saintes zu.
Dieser schrecklichen Anrede folgte Stille; Robespierre suchte daraus Nutzen zu ziehen.
»Ihr seid Feiglinge!« sagte er zum Berge. Dann wendet er sich an die Ebene mit den Worten: »An euch, reine Männer, an die Tugend wende ich mich, nicht an die Räuber – –«
Thuriot, ein anderer Dantonist, welcher nach Collot d'Herbois den Präsidentenstuhl eingenommen hat, schwingt die Glocke; er hindert ihn, fortzufahren, und man ruft von allen Seiten: »Die Verhaftung! die Verhaftung!« Diese wird zur Abstimmung gebracht und einstimmig beschlossen.
Louchet: »Wir hörten für die Verhaftung der beiden Robespierre St. Just und Couthon stimmen.«
Lebas: »Ich will nicht teilhaben an diesem schandbaren Dekret, ich verlange ebenfalls verhaftet zu werden.«
Fréron: »Bürger, Kollegen! Das Vaterland und die Freiheit werden an dem heutigen Tage von ihren Trümmern erstehen.«
Robespierre: »Ja, denn die Räuber erhalten den Sieg.«
Dies waren seine letzten Worte an den Konvent.
Das Bewußtsein von der Herrschaft, die er über die Versammlung ausgeübt, war bei ihm so tief eingewurzelt, daß er das, was sich zugetragen, nicht für wirklich zu halten schien. Trotz dem erlassenen Dekrete, trotz Thuriots Befehle blieben die beiden Robespierre, St. Just, Couthon und Lebas auf ihrer Bank. Durch das Geschrei des Unwillens, das die Versammlung erhob, wurden sie genötigt, vor die Schranke hinunterzusteigen. Die Gerichtsdiener führten sie aus dem Saale, und ihr Abgang wurde von wahnsinnigem Beifallsgeschrei begleitet.
Als mein Großvater und mein Vater um acht Uhr abends heimkehrten, fanden sie einen Befehl Fouquiers, der sie nach dem Justizpalaste berief. Sie begaben sich dorthin, und er befahl ihnen sowohl wie ihren Gehilfen, während der ganzen Nacht dort zu bleiben.
Fouquier-Tinvilles Witterung war sicher; er ahnte eine reiche Beute für den nächsten Tag; ob seine Freunde oder seine Feinde die Kosten davontragen würden, darum kümmerte sich dieser sonderbare Mensch am wenigsten.
Es kostete viel, daß diese Frage gerade in der Stunde entschieden wurde, wo der Ankläger des Revolutionsgerichts sein Beil schärfte.
Die verhafteten Repräsentanten waren eine Zeitlang in ein Kabinett des Sicherheitskomitees eingeschlossen gewesen; von da hatte man sie fortgeführt: den älteren Robespierre nach dem Luxembourg, Saint Just zu den Schotten, Couthon nach La Bourbe, Lebas nach dem Gerichtshause des Departements und den jüngeren Robespierre nach La Force.
In dem Augenblicke, als sie die Tuilerien verließen, wurden Henriot und sein Adjutant gebunden und geknebelt dorthin gebracht. Alle, ganz oder beinahe betrunken, hatten den Versuch gemacht, das Volk zum Aufstande zu bringen. Als sie Merlin de Thionville trafen, nahmen sie ihn fest; in dem Augenblick aber, als sie die Straße Saint Honoré herunterkamen, erschienen zwei Repräsentanten, Robin de l'Aude und Courtois, und befahlen den Gendarmen von der Eskorte im Namen des Konvents, sich ihres Anführers zu bemächtigen; diese, der magischen Kraft dieses Namens nachgebend, gehorchten, und der Degen der Robespierristen wurde gefangengenommen.
Seinerseits blieb der Gemeinderat nicht untätig; er proklamierte den Aufstand, schloß die Tore und schickte Emissäre in alle Sektionen, um sie um sich zu versammeln und auf den Konvent zu werfen. Auf seinen Befehl wurde der Generalmarsch geschlagen und vom Stadthause mit allen Glocken Sturm geläutet. Zu gleicher Zeit setzten sich auch die Jakobiner mit der Kommune in Verbindung. Ein Teil der Nationalgarde, die Kanoniere, erklärten sich zugunsten Robespierres und wendeten ihre Geschütze gegen die Tuilerien. Mit ihrer Hilfe dringt Coffinhal, der Robespierre sucht, in die Bureaus des Komitees, findet dort Henriot und befreit ihn. Dieser steigt zu Pferde und übernimmt wieder den Befehl über das Heer der Aufständischen.
Anstatt aber unmittelbar gegen die Versammlung zu marschieren, eilt er nach dem
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