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Tagebücher der Henker von Paris

Tagebücher der Henker von Paris

Titel: Tagebücher der Henker von Paris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henri Sanson
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Gesetze zu. Diese Auslegung könnte wahrscheinlich sein, wenn man den 31. Mai aus der Geschichte der Revolution striche, wenn man die Reden austilgte, die er bei dieser Gelegenheit hielt; bis dahin möchte es vernünftiger sein, anzunehmen, sein Benehmen in der Nacht des 10. Thermidor sei die notwendige Folge seiner Charaktereigenschaften gewesen.
    Leonard Bourdon, den Degen zwischen den Zähnen, in jeder Hand eine Pistole, erzwingt sich den Eintritt in das Stadthaus, und seine Pfadfinder dringen bis in den Sitzungssaal. Die beiden Robespierre, Saint Just, Couthon, Lebas, Henriot, Payan, Coffinhal und Dumas befanden sich mit den Mitgliedern der Gemeinde in diesem Saal; drei der letzteren hatten sich zurückgezogen, über den Auftritt, der sich nach dem Eindringen der bewaffneten Macht zutrug, hat lange Zeit große Dunkelheit geschwebt; Barère schildert ihn in seinem Bericht vom 10. Thermidor wie folgt:
    »Sobald die Pariser Sektionen sich im Gemeindehause zeigten, wurden die Schuldigen von Schrecken befallen; Lebas tötete sich mit einem Pistolenschuß; Couthon verletzte sich beim Fallen; Robespierre der Jüngere stürzte sich zum Fenster hinaus; der ältere Robespierre verwundete sich; Saint Just wurde ergriffen; Dumas, der das Leben mehr liebte, verbarg sich in einem Schlupfwinkel; Henriot entfloh durch die Gäßchen, welche das Gemeindehaus umgrenzten; er verbarg sich eine Zeitlang und richtete sich selbst, indem er sich zum Fenster hinausstürzte.«
    Mit Recht hat sich die Geschichte mißtrauisch gezeigt und den offiziellen Bericht Barères nur als eine teilweise Erfindung angenommen, denn sie widerspricht auffällig der Erzählung, welche an demselben Morgen Leonard Bourdon dem Konvent machte. Er stellte einen Gendarmen namens Charles André Médal vor und verkündigte, daß dieser Gendarm mit eigener Hand zwei Verschwörer getötet habe, und ein wenig später bezeichnete er diese Verschwörer:
    »Wir fanden den älteren Robespierre mit einem Messer bewaffnet, welches dieser brave Gendarm ihm entrissen hat; er traf auch Couthon, der ebenfalls mit einem Messer bewaffnet war.«
    Toulongeon, ein ehemaliger Konstituant, der im Jahre 1812 schrieb, bestätigt, daß Robespierre einen Pistolenschuß erhielt, der ihm den Kinnbacken zerschmetterte.
    Man hat also Grund, anzunehmen, daß ein Versuch zum Selbstmord seitens Robespierres nur vermutet wurde; Louis Blanc zeigt es deutlich in den Noten, welche dem siebenten Kapitel des zehnten Bandes seiner Geschichte der Revolution folgen.
    Nach Louis Blanc wäre Médal lange vor Leonard Bourdon in den Beratungssaal der Gemeinde getreten; als er Robespierre erkannte, hätte er ihn mit einem Pistolenschuß verwundet; alle Anwesenden hätten die Flucht ergriffen, und mit einem Pistolenschuß hätte er die Schulter eines Mannes getroffen, welcher Couthon auf einer dunklen Treppe mit sich fortführte.
    Dieser bündigen Darstellung des Herrn Louis Blanc werde ich eine Aussage beifügen, welche, so bescheiden sie auch sei, doch ihren Wert hat. Médal gehört zu jener Gendarmerie des Tribunals, welche durch ihren Dienst täglich mit meinem Vater in Berührung kam; er verließ das Korps mit dem Grade eines Offiziers; die Gründe seiner Beförderung aber waren für niemand ein Geheimnis, und zu der Zeit, als die zuverlässigsten Geschichtschreiber einen Versuch zum Selbstmorde seitens Robespierres annahmen, erzählte mir mein Vater schon von dem Pistolenschuß des Gendarmen Médal, von den Folgen, die derselbe für diesen gehabt, und von dem Zorne, den seine Beförderung unter seinen ehemaligen Kameraden, von denen die meisten wütende Robespierristen waren, hervorgerufen hatte. Wie dem auch sei, so war doch eine Viertelstunde nachdem Leonard Bourdon in das Gemeindehaus getreten, die Lage der Dinge beinahe ebenso, wie sie Barère geschildert hat.
    Maximilian Robespierre lag schwer verwundet und mit Blut bedeckt am Boden; nachdem der jüngere Robespierre sich seine Schuhe ausgezogen hatte und eine Strecke den breiten Karnies des ersten Stockwerks am Stadthause entlang gegangen war, warf er sich auf die Spitzen der Bajonette hinab; Couthon, nur leicht gequetscht, wurde von seinen Freunden nach dem Kai getragen, dort aber von ihnen verlassen; Henriot war in keinem besseren Zustande als seine Mitschuldigen, er hatte sich nicht selber Gerechtigkeit widerfahren lassen, wie Barère sich ausdrückte: von seiner Feigheit empört, hatte Coffinhal ihn zu einem Fenster, welches nach einem der

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