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Tagebücher der Henker von Paris

Tagebücher der Henker von Paris

Titel: Tagebücher der Henker von Paris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henri Sanson
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geschändet zu Boden wirft.«
    Dies alles wird mit jener ewigen Selbstverteidigung, welche man in allen Reden Robespierres wiederfindet, umrahmt. Ein wenig weiter weist er mit Nachdruck die gegen ihn erhobene Beschuldigung zurück, er habe nach der Diktatur gestrebt; dann geht er schnell von der Verteidigung zum Angriff über und ruft das ewige Schreckgespenst der Verschwörung auf, das ihn schon von seinen fürchterlichsten Gegnern befreit hat; und ohne jemand zu bezeichnen, nach unbestimmten Beschuldigungen gegen die von ihren Missionen zurückgekehrten Repräsentanten, gegen die Komitees, nach einem heftigen Ausfall gegen Cambon, fordert er den Konvent auf, die Partei zu vernichten und die Verräter zu bestrafen.
    Nach Robespierres Meinung sollte diese Rede ohne Zweifel als Eingang zu einer anderen Rede St. Justs dienen, welchem er die Sorge überließ, die Köpfe, die abgeschlagen werden sollten, näher zu bezeichnen.
    Lecointre, einer der Bedrohten, verlangte, um den Kampf leidenschaftlicher zu machen, daß Robespierres Rede gedruckt, dies hieß, daß derselben die Zustimmung der Versammlung gegeben würde. Bourdon de l'Oise sprach gegen den Druck und verlangte, die Rede sollte den Komitees überwiesen werden; damit wären die darin enthaltenen Angriffe der Prüfung der Angegriffenen selber unterworfen worden. Die Debatte entspann sich; eine Rede Couthons rief die Abstimmung der Versammlung hervor, welche nicht nur entschied, daß die Rede gedruckt, sondern auch, daß dieselbe an alle Gemeinden der Republik versandt werden sollte.
    Diese Unbeständigkeit erschreckte die Repräsentanten, denn ihr Leben konnte ebensogut von einer anderen Abstimmung abhängen, die eine andere Rede dem Konvent entlocken konnte; sie erinnerten sich an Dantons Wort; sie begriffen, daß sie sich nur durch Kühnheit retten könnten, und zum ersten Male stieß Robespierre nicht nur auf Widerstand, sondern auch auf unmittelbare und genau gefaßte Beschuldigungen. Cambon schließt seine Antwort mit folgenden Worten:
    »Es ist Zeit, die Wahrheit frei herauszusagen: ein einziger Mann lähmte den Willen des Nationalkonvents; dieser Mann ist derjenige, der soeben geredet hat, es ist Robespierre. Also richtet!«
    Billaud-Varennes ruft:
    »Man muß die Maske von jedem Gesichte reißen, wo man sie findet; ich will lieber, daß mein Leichnam einem Ehrgeizigen zum Throne diene, als daß ich durch mein Stillschweigen der Mitschuldige seiner Verbrechen werde.«
    Charlier ruft ihm diese Worte zu:
    »Wenn man sich rühmt, den Mut der Tugend zu haben, so muß man auch den der Wahrheit besitzen.«
    Thirion erklärt, er begreife nicht, wie Robespierre allein recht gegen alle seine Kollegen haben könnte; es ließe sich vielmehr vermuten, daß die Komitees in ihrem Rechte seien. Der ganze Konvent zollte ihm Beifall und beschließt die Überweisung an die Komitees.
    Das teils drohende, teils spöttische Getöse, welches sich während dieses ersten Scharmützels von den Bänken des Konvents hatte hören lassen, hätte Robespierre als das Vorzeichen des am nächsten Tage eintretenden Sturmes ansehen können; er scheint dasselbe nur als eine vorübergehende Laune, ein um so sichereres Anzeichen von dem Gehorsam der Versammlung angesehen zu haben.
    »In seine Wohnung zurückgekehrt«, sagt Louis Blanc, »zeigte er sich sehr heiter. Er sprach ruhig über die Sitzung und ihren Erfolg; er sagte: ›Ich erwarte nichts mehr von dem Berge. Sie wollen sich von mir wie von einem Tyrannen losmachen, aber die große Masse der Versammlung wird mich verstehen‹.«
    Er ging darauf mit seiner Braut in den Elysäischen Feldern spazieren. Sie gingen einige Zeit lang schweigend, von dem treuen Brount gefolgt. Leonore war traurig und träumerisch. Robespierre bemerkte ihr, daß die Sonne, die in diesem Augenblicke am Horizonte unterging, sehr rot aussähe.
    »Das bedeutet schönes Wetter für morgen«, sagte sie.
    Nach diesem Spaziergange ging er, um bei den Jakobinern zu triumphieren. Er las dort seine Rede vor, die mit wahnsinnigem Beifall aufgenommen wurde. Die Begeisterung rief die drohendsten Beschlüsse hervor; es wurde der Vorschlag geäußert, den Konvent zu befreien, wie dies am 2. Juni geschehen war. Ihrerseits übertrafen die Gemeinden von Payan und Coffinhal, welche noch robespierristischer als Robespierre gesonnen waren, die Beschlüsse des Meisters und beschleunigten die Bewegung. Mit ihrer Ermächtigung schickte Henriot einer Auswahl von Nationalgarden den

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