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Tagebücher der Henker von Paris

Tagebücher der Henker von Paris

Titel: Tagebücher der Henker von Paris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henri Sanson
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genug wäre, dem Hasse und dem Schimpfe zu trotzen, die ihrer beider Erbteil sei. Wenn ich ohne Scham die Tochter des Henkers verführt habe, könne ich meinen Fehler nur dadurch wieder gutmachen, daß ich selbst Henker werde wie er. –
    Hier endigt das Manuskript meines Ahnen.
    Er gibt ebensowenig den Schluß seiner Geschichte, als er uns über die Vorfälle seines Lebens, die vorausgegangen waren, Bericht erstattet.
    Colombe und Margarita hatten wahrscheinlich seinem Herzen zwei Wunden geschlagen, die ohne Aufhören bluteten und an die er nur mit Schmerz und Widerstreben rührte.
    Die Folgen dieser beiden bis zum Wahnsinn getriebenen Leidenschaften waren ungleich, aber beide traurig.
    Er heiratete Margarita Jouanne.
    Ich finde in dem Protokoll einer zu Rouen vollzogenen Hinrichtung den Beweis, daß der wilde Meister Jouanne von seinem Schwiegersohne verlangte, daß er die Bedingungen ihres Handels rücksichtslos erfülle.
    Dieses Protokoll sagt:
    »Da Meister Pierre Jouanne, der Scharfrichter, dem genannten Martin Eslau die Glieder zu zerbrechen hatte, zwang er seinen neuerdings verheirateten Schwiegersohn, einen Schlag mit der Eisenbarre auf den Delinquenten zu führen, wobei genannter Schwiegersohn in Ohnmacht fiel und von der Volksmenge mit Spottgelächter begrüßt wurde.«
    Dieses Glück, das Charles Sanson so teuer erkauft hatte, sollte wie ein Traum vorübergehen. Margarita verließ ihn bald, um in eine bessere Welt zu gehen, nachdem sie ihm einen Sohn geschenkt hatte. Sie starb an der Krankheit, die man die Auszehrung nennt und deren Sitz mehr in der Seele als im Körper liegt.

Der Henker von Paris
Ankunft in Paris
    Zu Ende des Jahres 1685 verließ mein Ahne Charles Sanson von Longval die Normandie, wo er die Asche dieser Margarita Jouanne zurückließ, die er mit einer so traurigen Mitgift geheiratet hatte.
    Er nahm den Vorschlag, der ihm gemacht wurde, an, nach Paris zu kommen und seine provinzielle Jurisdiktion mit der der Hauptstadt des Königreichs zu vertauschen.
    Die lange Reihe der plötzlichen Todesfälle, die auf den Stufen des Thrones die königliche Familie dezimiert hatten, die geheimnisvollen Prozeduren der Chambre ardente, dieses Gerichtshofes, der bei Gelegenheit der Wiederanwendung des durchdringenden Giftes der Borgia, das man das Sukzessionspulver genannt hatte, errichtet worden war, das alles hatte aufgehört, und nichts würde die ruhige Klarheit des Horizontes getrübt haben, wenn eine der unpolitischsten Handlungen unserem Vaterlande, das unglücklicherweise nur zu sehr an die religiösen Streitigkeiten gewöhnt war, nicht eine neue Ära von Widerwärtigkeiten bereitet hätte. Ich meine die Widerrufung des Edikts von Nantes.
    Auch andere Umstände verdüsterten die erste Zeit des Aufenthaltes Sansons von Longval zu Paris. Bei seiner Ankunft hatte er in dem Hause des Schandpfahles bei den Hallen wohnen müssen, das von dem Volke mit dem Namen »das Hotel des Henkers« belegt worden war. Nichts als eine solche Wohnung war weniger geeignet, die Melancholie, die an ihm nagte, zu zerstreuen. Dieses Haus war ein düsterer achteckiger Bau, auf dem sich eine durchbrochene Haube von Holz befand, die sich auf einem Pivot drehte und in einen spitzen Glockenturm auslief. Die Verbrecher, die zur Strafe des Schandpfahles verurteilt waren, wurden in dieser Laterne befestigt, in der man ihnen der Reihe nach das Gesicht nach den vier Himmelsgegenden drehte. Man wird sich erinnern, daß diese Art von Ausstellung gewöhnlich an den Markttagen stattfand, damit ihr eine desto größere Volksmenge beiwohne und durch ihre Spöttereien und Verhöhnung noch mehr zur Demütigung beitragen könne.
    Die Nebengebäude bestanden aus einem Pferdestall und einem Anhange in Form eines Schuppens, wo man die Nacht über die Körper der Hingerichteten aufbewahrte, ehe sie begraben wurden.
    In diesem sonderbaren Schuppen lernte das Haupt meiner Familie einen eigentümlichen Ehrgeiz kennen, als er diese Opfer seines grausamen Berufes, diese bleichen Körper betrachtete, denen er eine letzte und traurige Gastfreundschaft gewährte. Wenn er dadurch, daß er den Tod gab, die Geheimnisse des Lebens finden könnte! Wenn er, ehe er diesen menschlichen Körper auf den Schindanger warf, wie ihm befohlen worden, ihn untersuchte, statt zu dem tötenden Schwerte zu dem Messer greifend, das mit Fleiß durchwühlt, die Mysterien des Organismus sondierte, um daraus nützliche Erfahrungen zur Erleichterung der menschlichen Leiden und

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