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Tagebücher der Henker von Paris

Tagebücher der Henker von Paris

Titel: Tagebücher der Henker von Paris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henri Sanson
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Dame zurück und schickte sich an, vor ihnen her zu gehen.
    Als man in das Gemach gekommen, wo der Parlamentsausschuß für diese besondere Gelegenheit versammelt war, begann ein Gerichtsbeamter sofort mit der Verlesung des Parlamentsbeschlusses.
    Bei den ersten Worten, welche ihre Schuld behaupteten, prägte sich die unbändige Wut Frau de la Mottes, die Heftigkeit ihrer Gefühle auf ihrem Antlitz aus. Die Augen rollten unstät und wild in ihren Höhlen, die Zähne knirschten schauerlich aneinander und bissen wild in die eingezogenen Lippen, daß blutige Spuren darin zurückblieben. Kein Zug in dem Gesicht der Frau, die so oft so verführerisch aussah, verriet mehr ihren früheren Charakter; aller Liebreiz war von ihr gewichen und nur das Äußere einer Furie geblieben.
    Charles Henri Sanson, der den einbrechenden Sturm ahnte, hatte sich ihr genähert, und er hatte guten Grund dazu.
    In demselben Augenblicke, wo der Gerichtsbeamte zu dem Endurteil des Parlaments gelangte, brach die Wut der Unglücklichen so ungestüm aus, wie man es kaum hätte erwarten können. Sie warf sich so kraftvoll hintenüber, daß sie sich, wenn mein Großvater sie nicht aufgefangen hätte, den Kopf auf den Steinplatten zerschmettert haben würde. Von furchtbaren Krämpfen befallen, stieß sie ein wahres Wolfsgeheul aus.
    Fünf starke Männer hielten die Frau, aber obwohl sie alle ihre Kräfte anstrengten, gelang es ihnen nur, die Unglückliche vor einer Verwundung oder einem tödlichen Fall zu schützen.
    Man mußte auf die vollständige Verlesung des Urteils Verzicht leisten.
    Die Kräfte von Frau de la Motte schienen mit ihrer Wut zuzunehmen. Durch die Krämpfe waren sie so wenig erschöpft worden, daß die Gräfin sogar und nicht ganz erfolglos mit den Leuten zu ringen vermochte, die sie zu binden suchten. Wenigstens zehn Minuten vergingen, ehe die fünf Männer über den wahrhaft übermenschlichen Widerstand zu siegen vermochten. Endlich gelang es meinem Großvater, die Verurteilte abführen zu lassen, und man begab sich in den großen Palasthof hinab. Dort war das Schafott errichtet worden, und zwar gerade unter dem Gatter, das ganz offen stand. Aber zu dieser frühen Morgenstunde, noch sollte nämlich die Uhr sechs schlagen, und wegen der Beschleunigung der Strafvollstreckung war die Zuschauerschaft ziemlich klein.
    Als Frau de la Motte, auf der Plattform des Schafotts ausgestreckt, gestäupt wurde, begann sie ein wildes und wütendes Geschrei auszustoßen, welches bis zu Ende währte. Mit zorniger Stimme, der nachgerade alles Menschliche abzugehen schien, klagte sie besonders den Kardinal de Rohan wegen ihres Unglücks an. Sie gab ihm die entehrendsten Namen, und zwischenein konnte man sie murmeln hören:
    »Meine Schuld ist's, daß ich diese Schmach erleide; ich brauchte nur ein Wort zu sagen und ich wäre aufgehenkt worden.«
    Nach Parlamentsurteil empfing die Gräfin zwölf Rutenhiebe.
    Bis dahin hatte man sie, sogar nicht einmal bei dem Ausbruch ihrer vorhin geschilderten entsetzlichen Verzweiflung, keine Träne weinen sehen. Jetzt waren, als man sie vom Boden aufhob, ihre Augen voll Wasser; aber anstatt daß die Tränen auf die Wangen herabglitten, tropften sie von den Wimpern nieder und fielen auf die heftig wogende Brust, wahrscheinlich durch eine krampfartige Zusammenziehung und Ausweitung der Nerven so weit geworfen.
    Vielleicht hatte ihr früherer Wutanfall, wie das ja oft genug vorkommt, einer Abspannung der Seele und des Körpers Platz gemacht; vielleicht hatte sie auf die Endbestimmung des Parlaments nicht gehört: kurz, als man sie auf die Plattform hinsetzte, blieb sie einige Augenblicke stumm, unbeweglich, wie geistesabwesend und gegen alles Kommende gleichgültig.
    Charles Henri Sanson glaubte diesen Zustand zur Vollstreckung des noch nicht erfüllten Teils des Urteils benutzen zu müssen, und da das Kleid der Gepeitschten bei dem Kampfe vorher aufgerissen worden und die Schulter entblößt war, so nahm er das Markeisen, welches nicht weit von ihm in einem Kohlenbecken schon weiß glühte, näherte sich von hinten der Gräfin und brannte ihr auf der Haut das Zeichen ein.
    Frau de la Motte stieß ein Geschrei aus, wie es etwa eine verwundete Hyäne tun würde, drang auf einen der sie haltenden Henkersknechte ein und biß ihn mit solcher Wut in die Hand, daß sie, als man sie losriß, ein großes Stück Fleisch zwischen den Zähnen hielt.
    Dann begann sie, obwohl noch gerade zur rechten Zeit gebunden, sich zu

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