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Tagebücher: Jahre 1982-2001 (German Edition)

Tagebücher: Jahre 1982-2001 (German Edition)

Titel: Tagebücher: Jahre 1982-2001 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fritz J. Raddatz
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irritiert haben, doch hat er dem Ansturm des mit Rock und Kostümjacke bekleideten Körpers standgehalten …» Solche pubertär-phantasielosen Sätze, noch dazu FALSCH, denn sie hatte gewiß ja auch eine Bluse an?, sollte ich mir mal leisten. Peinlich.
    Seine Erzählung von Inge Feltrinellis Fest für Nadine Gordimer und ihn in ihrem Schlößchen Villadeati, bei dem aus Protest gegen das kaum zu bändigende «Raubtier» Mutter der Sohn Carlo – doch auch eine Art Gastgeber – sich in einem Nebenzimmer auf die Erde legte und in den Fernseher starrte, statt sich um den Nobelpreisträgergast zu kümmern – die könnte auch das letztlich tiefe Unbeteiligtsein von Autoren untereinander bezeichnen (Jürgen Becker hat mir auf meinen Gratulationsbrief zu seinem 60. nicht mal geantwortet).
    Hochhuth spricht inzwischen am Telefon schneller, als man hören kann, rast vom WELTchefredakteur zum selben Geburtstag von Tolstoi und Goethe zum Geburtstag von Bismarck zu einem Inselbändchen mit Essays zur Schelte der Fest-Angestellten («Der Unterschied zwischen Menschen ist nicht mehr männlich/weiblich, sondern freier Mitarbeiter/fester Angestellter»), und man weiß nach 10 Minuten nicht mehr, in welchem Jahrhundert man ist, bei welchem Stück von ihm oder welcher Intendant/Redakteur/Verleger gerade beschimpft wird.
    Enttäuscht auch von Viscontis DIE VERDAMMTEN, mit dem allerdings in den Nacktscenen unglaublich schönen Helmut Berger: eine am Rande des Kitsches entlangschlitternde Oper in überbordenden, meist falsch überzogenen Bildern (Dahlien im Frühjahr in den Vasen!). Weder trug man solche Hüte, noch hatte irgendeine Krupp-ähnliche Halbnazifamilie in ihren privaten Festsälen wandhohe Hakenkreuzfahnen als Dekor. Alles quietschte – die Psychologie, die Logik, der geschichtliche Hintergrund.
    Ulkiges Abschieds-Lunch mit Antje Ellermann, die mit ihrem Zauberer auf ein Kreuzfahrtschiff ins Nordmeer braust, drei Wochen mit diesem ihr INNEN fremden Menschen in einer Kabine, das Zauberwägelchen 3mal die Woche auf eine Bühne vor reiche Greise rollend und, was nun vollends bigott, die «Gästebetreuung» bei Landgängen machend (also die Rollstühle in Reykjavík herumrollend?) – so daß ihr neulich, der Millionärstochter, 20 Mark Trinkgeld zugesteckt wurden. Sie erzählte makaber von dem immer mehr sich auflösenden Augstein, der ab mittags betrunken in seiner Villa Schauerstein auf der Elbhöhe sitzt, fast nie mehr in den SPIEGEL geht und abends mit der Köchin in der Küche Skat spielt.
    1. August
    Freunde.
    Anruf Peter Wapnewski, zögerlich-einschmeichelnd. «Weil wir doch – dazu ist man’s ja – so gute Freunde sind, eine heikle Frage: Ich wußte garnicht, wie eng die Beziehung von Gabriele Henkel zu Reich-Ranicki ist, irgendwas mit Düsseldorf offenbar, und nun möchte sie den einladen, ich habe aber gleich gesagt: nur, wenn das Raddatz recht ist. Also, wenn Sie das stört, wird er selbstverständlich NICHT eingeladen.»
    «Ich habe dazu nichts zu sagen als: Das würde mir eine weite Reise ersparen.»
    Peter Wapnewski: «Schon in Ordnung. MIR liegt auch GARNICHTS daran. Was soll der auf meinem 70. Mich stört auch schon: Wer ist der fremde Mann, den Gabriele partout einladen will. Eigentlich doch merkwürdig, mir sozusagen einen fremden Menschen an den Geburtstagstisch zu setzen.»
    Ich: «Das ist ein neuer Freund von ihr. Er war beim Fernsehen.»
    Peter Wapnewski: «Ach der. Grauslicher Kerl. Sehr unintelligent. Ich kenne ihn garnicht. Das kann er aber doch nicht, diesen Zeitungsjob.»
    2 Stunden später Anruf von Frau Henkel, zögerlich-unsicher: «Also, da ist eine kleine Komplikation für den 7. September. Mir ist es ja egal, ich wußte nur garnicht, daß Wapnewski so eng befreundet ist mit diesem schauerlichen Ranicki, und er möchte ihn so gerne eingeladen haben, und.»
    Ich: «Da ist garkein ‹und›, ich habe ihm schon geagt, daß ich dann nicht käme.»
    Gabriele Henkel: «Na, Gott sei Dank, ich hätte es auch entsetzlich gefunden. Schon schlimm genug, daß Jens eingeladen wird, was soll der hier.»
    Ich: «Übrigens, unter uns, Peter Wapnewski ist etwas irritiert über deine Einladung von XXX.»
    Gabriele Henkel: «Aber Peter Wapnewski kennt ihn doch genau, schätzt ihn über alle Maßen, ist ganz begeistert, ihn wiederzusehen, hat mir gesagt, er habe schon mehrmals bei ihm im TV Auftritte gehabt und habe ihn immer besonders intelligent gefunden. Morgen muß ich übrigens nach Paris, zu Lagerfeld,

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