Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tagebücher

Tagebücher

Titel: Tagebücher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franz Kafka
Vom Netzwerk:
14 Zu müde.

    5. VII 14 Solche Leiden tragen müssen und verursachen!

    29 VII 14 Notizen über die Reise in ein anderes Heft eingetragen. Mißlungene Arbeiten angefangen. Ich gebe aber nicht nach trotz Schlaflosigkeit, Kopfschmerzen, allgemeiner Unfähigkeit. Es ist die letzte Lebenskraft, die sich in mir dazu gesammelt hat. Ich habe die Beobachtung gemacht, daß ich nicht deshalb den Menschen ausweiche um ruhig leben, sondern um ruhig sterben zu können. Nun werde ich mich aber wehren. Einen Monat während der Abwesenheit meines Chefs habe ich Zeit.

    31. (Juli 1914) Ich habe keine Zeit. Es ist allgemeine Mobilisierung. K. und P. sind einberufen.
    Jetzt bekomme ich den Lohn des Alleinseins. Es ist allerdings kaum ein Lohn, Alleinsein bringt nur Strafen. Immerhin, ich bin wenig berührt von allem Elend und entschlossener als jemals.
    Nachmittag werde ich in der Fabrik sein müssen, wohnen werde ich nicht zuhause, denn E. mit den 173
    2 Kindern übersiedelt zu uns. Aber schreiben werde ich trotz alledem, unbedingt, es ist mein Kampf um die Selbsterhaltung.

    1. (August 1914) K. zur Bahn begleitet. Im Bureau die Verwandten rund herum. Lust zu Valli zu fahren.

    2. (August 1914) Deutschland hat Rußland den Krieg erklärt. - Nachmittag Schwimmschule 3 VIII 14

    Allein in der Wohnung meiner Schwester. Sie liegt tiefer als mein Zimmer, es ist auch eine abseits gelegene Gasse, daher lautes Gerede der Nachbarn unten vor den Türen. Auch Pfeifen. Sonst vollendete Einsamkeit. Keine ersehnte Ehefrau öffnet die Tür. In einem Monat hätte ich heiraten sollen. Ein furchtbares Wort: Wie Du es wolltest, so hast Du es. Man steht an der Wand schmerzhaft festgedrückt, senkt furchtsam den Blick, um die Hand zu sehn, die drückt und erkennt mit einem neuen Schmerz der den alten vergessen macht, die eigene verkrümmte Hand, die mit einer Kraft, die sie für gute Arbeit niemals hatte, dich hält. Man hebt den Kopf, fühlt wieder den ersten Schmerz, senkt wieder den Blick und hört mit diesem Auf und Ab nicht auf.

    4 VIII 14 Ich habe dem Hausherrn, als ich die Wohnung für mich mietete, wahrscheinlich ein Schriftstück unterschrieben, in dem ich mich zu einer zweijährigen oder gar sechsjährigen Miete verpflichtet habe. Jetzt stellt er die Forderung aus diesem Vertrag. Die Dummheit oder besser allgemeine und endgültige Wehrlosigkeit, die mein Verhalten zeigt. In den Fluß gleiten. Dieses Gleiten kommt mir wahrscheinlich deshalb so wünschenswert vor, weil es mich an "geschoben werden" erinnert.

    5 VIII (1914) fast geordnet unter letztem Kraftverbrauch. Mit Malek als Zeugen zweimal dort gewesen, bei Felix wegen der Fassung eines Vertrages, beim Advokaten zweimal (6 K) und alles unnötig, alles hätte ich selbst tun können und sollen.

    6 VIII (1914) Die Artillerie, die über den Graben zog. Blumen, Heil und Nazdarrufe. Das krampfhaft stille, erstaunte aufmerksame schwarze und schwarzäugige Gesicht. - Ich bin zerrüttet statt erholt. Ein leeres Gefäß, noch ganz und schon unter Scherben oder schon Scherbe und noch unter den Ganzen. Voll Lüge, Haß und Neid. Voll Unfähigkeit, Dummheit, Begriffstützigkeit. Voll Faulheit, Schwäche und Wehrlosigkeit. 31 Jahre alt. Ich sah die 2 Ökonomen M. auf Ottlas Bild.
    Junge frische Leute, die etwas wissen und kräftig genug sind, es mitten unter den notwendigerweise ein wenig Widerstand leistenden Menschen anzuwenden. - Einer führt die schönen Pferde, der andere liegt im Gras und läßt die Zungenspitze in dem sonst unbeweglichen und unbedingt vertrauenswürdigen Gesicht zwischen den Lippen spielen.

    5. (August 1914) Ich entdecke in mir nichts als Kleinlichkeit, Entschlußunfähigkeit, Neid und Haß gegen die Kämpfenden, denen ich mit Leidenschaft alles Böse wünsche.

    6. (August 1914) Von der Litteratur aus gesehen ist mein Schicksal sehr einfach. Der Sinn für die Darstellung meines traumhaften innern Lebens hat alles andere ins Nebensächliche gerückt und es ist in einer schrecklichen Weise verkümmert und hört nicht auf zu verkümmern. Nichts anderes kann mich jemals zufrieden stellen. Nun ist aber meine Kraft für jene Darstellung ganz unberechenbar, vielleicht ist sie schon für immer verschwunden, vielleicht kommt sie doch noch einmal über mich, meine Lebensumstände sind ihr allerdings nicht günstig. So schwanke ich also, fliege unaufhörlich zur Spitze des Berges, kann mich aber kaum einen Augenblick oben erhalten.
    Andere schwanken auch, aber in untern Gegenden, mit

Weitere Kostenlose Bücher