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Tages-Deal: Kudamm 216 - Erbsünde (German Edition)

Tages-Deal: Kudamm 216 - Erbsünde (German Edition)

Titel: Tages-Deal: Kudamm 216 - Erbsünde (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nika Lubitsch
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niemals das Gefühl, dass du denkst, du seist schlauer als sie.“
    Was für eine Ansprache. Judith nickte, trollte sich in die Kombüse und wusch ihren Kaffeebecher ab.
    „Danke Hüsy“, sagte sie, als sie sein Atelier verließ.

Herr Professor
    „Hast du nichts Besseres zu tun?“, fragte Professor Dr. Peter Holtheimer seinen Schwager Egon entnervt am Telefon.
    „Ich habe die Ecke von der Übermalung abgewaschen, Peter. Was darunter zum Vorschein kam, will und kann ich dir nicht am Telefon sagen. Nur so viel: Es ist eine Originalsignatur.“
    „Woher willst denn du das wissen?“, fragte Peter. Egon war so aufgeregt, dass er die Überheblichkeit in Peters Stimme überhörte.
    „Ich habe Schwarzlicht drauf gegeben und ich habe die Farbe analysiert. Da ist nichts übermalt.“
    „Jeder kann ein Bild fälschen und die Signatur nachmachen“, meinte Peter, „das taten sie bereits vor Hunderten von Jahren.“
    „Nun stell dich nicht so an, du kannst deinem Schwager ruhig auch mal einen Gefallen tun“, sagte Egon.
    „Also, wenn dir das soo wichtig ist – kannst' das Bild ja mal vorbeibringen.“
    Egon ärgerte sich. Wie oft hatte er seinem Schwager mit seinem Haus geholfen, den Wintergarten mit ihm gebaut, das Parkett abgeschliffen. Das Mindeste, was man von dem erwarten konnte, war ein bisschen guter Wille, fand er, als er mit dem Bild vor seiner Haustür stand und klingelte. Seine Schwester öffnete die Tür.
    „Wo ist er?“, fragte Egon. Er konnte es kaum abwarten, das Gesicht von Peter zu sehen.
    „Hier ist es“, triumphierte er, als er an Peters Schreibtisch trat.
    „Hatte das keine Zeit, ich habʼ zu tun“, murrte Peter.
    „Sag mal, was ist dir denn über die Leber gelaufen?“, fragte Egon, der sich jetzt wirklich über seinen Schwager ärgerte.
    „Ich muss diese dusselige Expertise bis morgen fertig haben“, sagte er. „Will sagen, ich habe keine Zeit für nichts.“
    Egon räusperte sich.
    „Okay, stell es in die Ecke, wenn ich hier fertig bin, dann gucke ich mir das mal an.“ Egon stellte die Leinwand an den alten Schallplattenschrank, in dem Peter Kunstbände aufbewahrte.
    „Na dann …“, sagte Egon und ging zu seiner Schwester, die in der Küche das Mittagessen zubereitete.
    „Willst du ein Bier?“, fragte sie.
    „Nee, lass mal, ist dein Alter öfter so unfreundlich?“
    „Er hat irgendein Problem mit dieser blöden Expertise, nimmʼ es ihm nicht übel, Bruderherz, manchmal quält er sich richtig mit seinen Bildern.“
    „Schön, wenn man seinen Beruf so ernst nimmt“, sagte Egon und gab seiner Schwester einen Kuss auf die Wange. „Bis dann, meine Schöne.“

Lehrjahre sind keine Herrenjahre
    Holtheimer war mal wieder ungenießbar. Man hörte schon am Schritt, dass er auf 180 war. Sein Doktorand Timo Gazlig zog unbewusst den Kopf ein, als der große Meister die Besenkammer, die man Timo zugewiesen hatte, betrat.
    „Hier“, sagte der Professor, „daran dürfen Sie sich austoben. Übungsobjekt.“ Er stellte das Bild, das sein Schwager ihm gebracht hatte, achtlos an die Wand.
    „Was ist das?“, fragte Timo Gazlig.
    „Das sollen Sie mir sagen“, sagte Holtheimer. „Und zwar ganz genau! Haben Sie das Gutachten fertig von unserem Gerichtskandidaten?“, fragte er.
    „Selbstverständlich, Herr Professor.“ Timo überreichte ihm die Expertise, die er am Vortag für den Kandinsky erstellt hatte. Professor Holtheimer hatte einen Gerichtstermin wegen eines Kandinskys zweifelhafter Provenienz. Er fragte nicht mal, zu welchem Schluss Gazlig gekommen war. Gazlig schluckte seine Enttäuschung runter. Als der Professor gegangen war, angelte sich Timo das Bild. Nun denn, er würde sich daran austoben.
    Er ging in den großen Institutsraum und setzte sich an den Leuchttisch. Gewissenhaft untersuchte er die Leinwand, schaute, wie sie aufgezogen war, zog vorsichtig ein paar Fäden raus. Im Computer suchte er im Werkverzeichnis nach dem Bild. Bereits mit bloßem Auge sah man, dass es sich um eine mittelmäßige Kopie handeln musste. Da hatte sich jemand keine Mühe gegeben, viele Details fehlten. Timo nahm ein Skalpell und kratzte Farbe ab, die er in einer Petrischale abstreifte. Dann nahm er das Schwarzlicht und schaute sich an, was rund um den Riss freigelegt war.
    Bis jetzt hatte Timo das Gefühl gehabt, eine unliebsame Aufgabe vom Professor übertragen bekommen zu haben. Aber das, was er sah, elektrisierte ihn. Das konnte doch gar nicht sein, oder? Er arbeitete den gesamten

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