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Tai-Pan

Tai-Pan

Titel: Tai-Pan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clavell
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segelnd.
    Nachdem sich Brock an Bord seiner Lorcha geschwungen hatte, starrte er in die Dunkelheit. Unter den vielen Booten und Schiffen, die gespenstisch flußab und nach Süden segelten, vermochte er Struans Lorcha nicht auszumachen. »Siehst du sie?« fragte er Gorth.
    »Ja, Vater.«
    »Ich geh' jetzt nach unten. Wenn du zufällig 'ne Lorcha rammen solltest, is' das 'ne schlimme Sache. Sehr schlimm.«
    »Die Barren an Bord?«
    »Barren, Gorth?« fragte Brock und tat so, als sei er überrascht. »Weiß wirklich nich', was du meinst.« Er senkte die Stimme. »Wenn du Hilfe brauchst, ruf mich. Aber keine Kanonen, vergiß nich', oder er schießt auf uns. Wir machen uns keiner Seeräuberei schuldig. Haben genug Feinde, die uns nur zu gern Seeräuberei anhängen würden.«
    »Schlaf gut, Vater«, sagte Gorth.
    Drei Stunden lang schlängelte sich Struan durch den Verkehr auf dem Fluß, änderte häufig den Kurs, segelte ein Stück zurück, fuhr gefährlich dicht an Sandbänken entlang und achtete ständig darauf, daß andere Schiffe zwischen ihm und Brocks Lorcha lagen, die ihm unablässig auf den Fersen war. Nun kamen sie aus dem südlichen Fahrwasser wieder heraus, um die Insel herum und in den großen Arm des Flusses hinein. Er wußte, daß es dort mehr Platz zum Manövrieren gab, aber davon würde Brock mehr Nutzen haben als er.
    Befanden sie sich erst einmal im südlichen Fahrwasser, war es für Brock ein leichtes, gegen den Wind anzukreuzen und ihn anzugreifen, sobald er ihn auf Lee hatte. Struan würde der Wind aus den Segeln genommen, und damit wäre er manövrierunfähig. Der Stoß konnte ihn also mittschiffs rammen. Ein Stoß im rechten Winkel, oder auch schräg, würde seine Seite aufreißen, und er würde sinken wie ein Stein. Da seine Kanonen auf dem Vorschiff und achtern fest montiert waren, konnte er sie auch nicht mittschiffs aufstellen, um sich auf diese Weise zu verteidigen. Hätte er seine eigene Mannschaft, dann läge die Sache anders; dann könnte er sich bis Sonnenaufgang halten, in der Gewißheit, daß seine Leute mit ihren Waffen jeden Versuch einer Annäherung abschlagen würden. Aber der chinesischen Besatzung war er sich nicht sicher, und was nun die uralten chinesischen Musketen betraf, so konnte man fast damit rechnen, daß sie einem, sobald man auf den Abzug drückte, ins Gesicht explodierten. Außerdem hatte Brock in einem recht: Falls er in der Dunkelheit als erster schösse, durfte Brock das Feuer erwidern. Eine kräftige Breitseite würde sie in die Luft jagen.
    Er blickte wohl zum tausendsten Male zum Himmel auf, in der verzweifelten Hoffnung, es könne plötzlich Sturm aufkommen oder Wolken könnten den Mond verhüllen. Aber nichts deutete auf Sturm, Regen oder Wolken hin.
    Er blickte hinter sich und sah, daß die Lorcha aufholte. Sie mochte etwa hundert Yards hinter ihnen liegen, ging härter an den Wind als sie und legte noch Geschwindigkeit zu.
    Struan zermarterte sich den Kopf nach einem durchführbaren Plan; er wußte, er konnte ohne weiteres entkommen, wenn er das Schiff erleichterte, indem er die Barren über Bord warf. Eine halbe Meile weiter teilte sich der Fluß von neuem vor der Insel Whampoa. Wenn er die nördliche Fahrrinne wählte, war er sicherer, denn die meisten anderen Schiffe benutzten sie ebenfalls, so daß er, wenn er Glück hatte, einem Rammversuch entgehen konnte. Keinesfalls aber würde es ihm gelingen, den Abstand zwischen den beiden Schiffen so lange zu wahren, bis er die Insel Whampoa in ihrer ganzen Länge umsegelt und den verabredeten Treffpunkt mit der China Cloud an der Südküste erreicht hatte. So sah er sich gezwungen, sich für die südliche Durchfahrt zu entscheiden.
    Er sah keinen Ausweg aus dieser Falle. Die Dämmerung kam in zwei oder drei Stunden, und dann war er verloren. Es mußte ihm gelingen, in der Dunkelheit zu entkommen, sich zu verstecken und sich von dort aus bis zum verabredeten Treffpunkt heranzuarbeiten. Aber wie?
    In der Dunkelheit sah er die Gabelung des Flusses vor sich, der silbrig schimmernd die Insel Whampoa umfaßte. Dann bemerkte er Ah Gip an der Treppe, die von unten heraufführte. Sie machte ihm ein Zeichen. Achtern folgte Brocks Lorcha noch immer in größerem Abstand. Sie ging jetzt härter an den Wind heran, um dann mit raumem Wind zu laufen, falls er in das südliche Fahrwasser einböge, oder immer noch luvseitig zu liegen, falls er sich für das nördliche Fahrwasser entschied.
    Er deutete auf die kleine Pagode an der

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