Tai-Pan
Südküste und gab sie dem Rudergast als Landmarke. »Kapiert?«
»Versteh', Maste'!«
»Versteh', sehr gut!« Struan fuhr sich mit dem Finger über die Kehle. Dann eilte er hinunter.
May-may war schrecklich seekrank. Der Fischgestank und die drückende Luft in der Kabine, dazu das Schlingern des Schiffes, hatte ihr solche Übelkeit bereitet, daß sie fast hilflos war. Aber sie hielt noch immer die Muskete umklammert. Struan hob sie auf und wollte sie an Deck tragen.
»Nein«, sagte May-may mit schwacher Stimme. »Ich habe wegen Ah Gip nach dir gefragt.«
»Was ist mit ihr?«
»Ich habe sie heimlich nach vorn geschickt. Um der Mannschaft zu lauschen.« May-may würgte, und es dauerte eine Weile, bis die Magenkrämpfe überstanden waren. Dann sagte sie: »Sie hat einen Mann mit einem anderen reden hören. Sie sprachen von den Silberbarren. Ich glaube, sie wissen alle Bescheid.«
»Bestimmt«, antwortete Struan. »Ich bin sicher, daß sie Bescheid wissen.« Er klopfte Ah Gip auf die Schulter. »Du viel große Zahlung, bald können.«
»Ajii jah«, antwortete Ah Gip. »Für was Zahlung, heja?«
»Ist Brock noch immer hinter uns her?« fragte May-may.
»Ja.«
»Vielleicht wird Blitzstrahl ihn treffen.«
»Ja, vielleicht. Ah Gip, Missie Essen machen können! Suppe. Versteh'? Suppe.«
Ah Gip nickte. »Nicht Suppe. Tee-ah gut!«
»Suppe!«
»Tee-ah.«
»Meinetwegen«, sagte Struan gereizt, denn er wußte, daß es auf jeden Fall Tee sein würde, wie oft er auch Suppe sagte.
Er trug May-may an Deck und setzte sie auf das Pulverfaß. Wung, der Rudergast und die übrige Mannschaft sahen nicht zu ihr hin. Aber Struan war es klar, daß sie sich ihrer Gegenwart sehr bewußt waren und sie die Spannung an Bord verschärfte. Dann fiel ihm ein, was sie vom Blitzstrahl gesagt hatte, und das brachte ihn auf einen Gedanken. Plötzlich vermochte er seine Sorge abzuschütteln. Er lachte laut auf.
»Was für Ha-ha, heja?« rief May-may und zog die Seeluft tief ein. Ihr Magen begann sich zu beruhigen.
»Glaube, guter Weg, Einauge-Maste' zu schlagen«, sagte Struan. »Heja, Wung! Du kommen mich.« Struan gab May-may eine seiner Pistolen. »Mann nah, töten, versteh'?«
»Versteh', Maste'!«
Struan machte Wung ein Zeichen, ihm zu folgen, und ging nach vorn. Als er behende das Deck entlangeilte, wich die chinesische Mannschaft vor ihm zurück. Auf dem Vorschiff blieb er noch einmal stehen, um sich zu vergewissern, daß Brocks Lorcha noch ein gutes Stück entfernt war, und stieg dann, Wung dicht hinter sich, nach unten. Die Unterkunft der Mannschaft bestand aus einer einzigen großen Kajüte, so breit wie das Schiff, mit Kojen auf beiden Seiten. Unter einer offenen, vergitterten Luke stand ein aus Ziegeln grob gemauerter Herd. Über der dunkelrot glühenden Holzkohle schwang ein Kessel hin und her. In der Nähe lagen Kräuterbündel, getrocknete Pilze, getrocknete und frische Fische, frisches Gemüse, ein Sack Reis, große und kleine irdene Töpfe und allerlei Pfannen.
»Maste' wollen Essen? Können.«
Struan schüttelte den Kopf. Im ersten Topf befand sich Soja. Im nächsten Ingwer in Sirup. Dann Ginsengwurzel in Essig und mit Gewürzen. Es gab verschiedene Öle zum Kochen: einen Topf mit Erdnußöl und einen mit Maisöl. Struan spritzte ein paar Tropfen aus jedem der beiden Töpfe auf das Feuer. Das Maisöl brannte länger als das Erdnußöl.
»Wung, du nehmen oben«, sagte er und deutete auf den Topf mit Maisöl.
»Für was, heja?«
Struan eilte an Deck zurück. Die Lorcha näherte sich nun dem Punkt der Gabelung, wo er sich für das nördliche oder das südliche Fahrwasser entscheiden mußte. Struan deutete nach Süden.
»Für was langer Weg, heja?« fragte Wung und stellte den Topf ab.
Struan sah ihn an, und Wung trat ein wenig zurück. Der Rudergast hatte die Pinne bereits hinübergedrückt. Sie liefen in das südliche Fahrwasser ein. Brocks Lorcha folgte ihnen auf der gleichen Strecke. Noch immer lagen viele Schiffe und Boote zwischen den beiden Lorchas, und Struan befand sich für einige Zeit noch in Sicherheit.
»Du bleiben«, sagte er zu Wung. »Heja, Cow Chillo. Du bleiben. Bum-bum, trotzdem benutzen.«
»Versteh', Maste'«, rief May-may. Sie fühlte sich schon viel wohler.
Struan ging in die große Kajüte hinein, holte alle Waffen und brachte sie aufs Achterdeck. Dort suchte er sich eine Muskete heraus, zwei Bogen mit Pfeilen und ein Kampfeisen; die restlichen Waffen warf er über Bord.
»Piraten
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