Tai-Pan
wollen«, sagte er und entfernte sich.
Struan fühlte, wie das Schweigen zerbrach und wieder Bewegung in das lebende Bild am Strand kam. Und er war erstaunt, als er die Tränen sah, die Gordon übers Gesicht liefen.
»Entschuldigen Sie – ich bin … ich habe mein ganzes Leben darauf gewartet, Mr. Struan. Danke. Ich danke Ihnen«, brachte Gordon mühsam hervor.
»Die meisten Menschen nennen mich Tai-Pan, mein Junge. Wollen wir doch den Mr. Struan vergessen.«
»Ja, Tai-Pan.« Gordon Tschen verbeugte sich und ging weg.
Als Struan Culum folgte, sah er Longstaffs Kutter auf den Strand auflaufen. Der Admiral und eine Gruppe von Seeoffizieren befanden sich in seiner Begleitung. Auch Horatio.
Gut, dachte Struan. Und jetzt Brock. Er winkte Robb zu und machte ihm ein Zeichen zu Brock hin. Robb nickte, ließ Sarah stehen und holte Culum ein. Miteinander gingen sie Struan entgegen.
»Hast du die Papiere, Robb?«
»Ja.«
»Dann komm. Holen wir uns unsere Wechsel zurück.« Struan sah Culum an. »Kein Grund zur Nervosität, mein Junge.«
»Ja.«
Sie gingen eine Weile nebeneinanderher, und Struan sagte: »Ich freue mich, daß du Gordon kennengelernt hast, Culum. Und ich danke dir.«
»Ich … ich wollte ihn gern heute kennenlernen. Mit dir zusammen. Und … in aller Öffentlichkeit.«
»Warum?«
»Gibt dir das nicht das Gesicht, von dem du sagst, es sei so wichtig?«
»Wer hat dir von Gordon erzählt?«
»Nach meiner Rückkehr aus Kanton hörte ich Gerüchte. Die Menschen sind immer bereit, unangenehme Nachrichten zu verbreiten.« Er dachte daran, mit welch zynischem Behagen die meisten Händler, die er kennengelernt hatte, ihre Beileidsbekundungen vorgebracht hatten. »Es tut mir so leid, mein Junge, daß Sie gerade jetzt hierhergekommen sind. Ein Jammer, daß das Haus zugrunde geht. Ohne Noble House wird es niemals wieder das gleiche sein.«
Das hatten sie ihm in den verschiedensten Variationen zu verstehen gegeben. Aber Culum wußte, welche Schadenfreude sie darüber empfanden, daß Noble House gedemütigt worden war. Tante Sarah hatte ihm, dem naiven Jungen, als erste die Augen geöffnet. Sie waren die Queen's Road entlanggegangen und einigen Eurasiern begegnet, den ersten, die er gesehen hatte, einem Jungen und einem Mädchen, und er hatte sie gefragt, welcher Nationalität sie seien und woher sie kämen.
»Von hier«, hatte sie geantwortet. »Es sind Mischlinge, halb englisch, halb heidnisch. Viele Händler haben solche Bastarde von heidnischen Geliebten. Natürlich wird alles vertuscht, aber doch weiß jeder Bescheid. Dein Onkel Robb hat auch eine.«
»Bitte?«
»Ich habe sie und ihren Wurf schon vor Jahren weggeschickt. Es wäre wahrscheinlich nicht so schlimm für mich gewesen, wäre die Frau Christin und hübsch. Das hätte ich noch verstehen können. Aber die – nein.«
»Hat … hat Vater andere Kinder?«
»Von Kindern weiß ich nichts, Culum. Aber er hat einen Sohn, der für seinen Kommissionär arbeitet. Er heißt Gordon Tschen. Dein Vater hat ihm einen Vornamen gegeben, der beim Clan üblich ist. Eine merkwürdige Art von Humor. Wie ich erfahren habe, wurde er auch christlich getauft. Ich finde, das ist immerhin etwas. Vielleicht hätte ich dir das nicht erzählen sollen, Culum, aber jemand muß es doch tun, und vielleicht ist es besser, wenn du die Wahrheit von einer Verwandten zu hören bekommst und sie nicht zufällig aufschnappst, wenn hinter deinem Rücken darüber getuschelt wird. Ja, du hast also mindestens einen Halbbruder in Asien.«
In jener Nacht hatte er nicht schlafen können. Am nächsten Tag war er verzweifelt an Land gegangen. Einige Seeoffiziere, unter ihnen Glessing, spielten Kricket, und man hatte ihn aufgefordert, die Mannschaft zu vervollständigen. Als er zum Schlagen an die Reihe kam, hatte er seinen ganzen Zorn an dem Ball ausgelassen, hatte ihn geschmettert, als wolle er ihn umbringen und mit ihm seine Scham. Er hatte großartig gespielt, aber es hatte ihm keine Freude gemacht. Später hatte Glessing ihn beiseite genommen und ihn gefragt, was ihm denn über die Leber gelaufen sei. Da war es aus ihm hervorgebrochen.
»Ich billige das Verhalten Ihres Vaters nicht – das wissen Sie wahrscheinlich«, hatte Glessing gesagt. »Aber das hat nichts mit seinem Privatleben zu tun. Ich habe das gleiche Problem wie Sie. Ich weiß, daß mein Vater eine Geliebte in Maida Vale hat. Und zwei Söhne und eine Tochter. Mir gegenüber hat er niemals davon gesprochen, obwohl ich
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