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Tai-Pan

Tai-Pan

Titel: Tai-Pan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clavell
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glaube, er weiß, daß es mir nicht unbekannt geblieben ist. Verdammt schwierig, aber was soll ein Mensch tun? Wahrscheinlich tue ich einmal das gleiche, wenn ich so alt bin. Warten wir ab. Natürlich ist es nicht angenehm zu wissen, daß man einen Mischlingsbruder hat, da verstehe ich Sie vollkommen.«
    »Kennen Sie ihn?«
    »Ich habe ihn gesehen, aber nie mit ihm gesprochen. Er soll aber, wie ich höre, ein netter Kerl sein. Ich gebe Ihnen einen Rat – lassen Sie sich durch das, was Ihr Vater in seinem Privatleben macht, nicht gegen ihn aufbringen. Schließlich hat man ja nur einen Vater.«
    »Sie mißbilligen sein Verhalten, nehmen aber trotzdem seine Partei. Warum?«
    Glessing hatte die Achseln gezuckt. »Vielleicht, weil es meiner Erfahrung nach Sache der Väter ist, mit ihren ›Sünden‹ fertig zu werden, und nicht der Söhne. Vielleicht weil der Tai-Pan ein besserer Seemann ist, als ich es jemals sein werde, und weil ihm die beste Flotte mit den schönsten Schiffen dieser Welt gehört – weil er seine Seeleute so behandelt, wie sie es verdienen, ihnen gute Verpflegung, gute Bezahlung und anständige Unterkünfte gibt –, während wir mit dem auskommen müssen, was das verfluchte Parlament uns gibt: beschränkte Mittel und als Mannschaften gepreßte Leute und Galgenvögel. Vielleicht wegen Glessing's Point – oder weil er der Tai-Pan ist. Vielleicht weil die Sinclairs ihn bewundern. Ich weiß es nicht. Ich gebe Ihnen gern zu: Wenn ich jemals den Befehl erhalten sollte, ihn zu verhaften, dann würde ich diesen Befehl unter allen Umständen befolgen. Aber trotzdem hoffe ich, daß es ihm gelingt, diesen widerlichen Strolch Brock wieder einmal zu übertrumpfen. Einen solchen Schweinehund könnte ich als den Tai-Pan nicht ertragen.«
    Von diesem Tag an war Culum sehr häufig mit Glessing zusammen gewesen. Zwischen ihnen hatte sich eine Freundschaft entwickelt.
    »Heute«, fuhr Culum sehr verlegen zu Struan gewandt fort, »habe ich, als ich dich und Gordon Tschen zusammen sah, George Glessing gefragt. Er war so anständig, es mir zu sagen.«
    Struan blieb stehen. »Meinst du damit, ich hätte dir gegenüber nicht anständig gehandelt, als ich dir nicht davon erzählt habe?«
    »Nein. Du brauchst dich mir gegenüber nicht zu rechtfertigen. Es gibt überhaupt nichts, weswegen sich ein Vater vor seinem Sohn rechtfertigen müßte, oder?«
    »Gordon ist ein netter Bursche«, warf Robb unruhig ein.
    »Warum wolltest du wissen, wie alt er ist?« fragte Struan.
    »Er ist etwa so alt wie ich, nicht wahr?«
    »Na und?«
    »Es ist nicht wichtig, Vater.«
    »Doch, das ist es. Für dich wohl. Wieso?«
    »Ich möchte lieber nicht…«
    »Wieso?«
    »Wahrscheinlich eine Frage der Moral. Wenn wir gleich alt sind, war seine Mutter eine Rivalin der meinen. Ist nicht Rivalin das richtige Wort?«
    »Ja. Rivalin wäre das richtige Wort.«
    »Ehebruch wäre ebenfalls ein richtiges Wort, nicht wahr?«
    »Eine der Wahrheiten im menschlichen Leben ist die, daß Ehebruch ebenso unvermeidlich ist wie der Tod und der Sonnenaufgang.«
    »Nicht nach den Geboten Gottes.« Culum wich den Blicken seines Vaters aus. »Longstaff ist gekommen, der Verkauf wird jetzt wohl beginnen«, sagte er.
    »Macht dich das so unruhig? Daß du Gordon begegnet bist und mir jetzt die Zehn Gebote vorhältst?«
    »Du brauchst mich jetzt wohl nicht bei Brock, Vater? Wenn du nichts dagegen hast, kümmere ich mich jetzt darum, ob alles bereit ist.«
    »Ganz wie du willst, mein Junge. Ich meine zwar, du solltest bei uns bleiben. Dies ist ein ganz besonderes und seltenes Erlebnis. Aber ganz wie du willst.« Struan setzte seinen Weg fort. Culum zögerte und holte ihn dann ein.
    Die Queen's Road verlief vom Tal aus genau in westlicher Richtung an der Küste entlang und zog nach einer Meile an den Zelten der Seesoldaten vorbei, die die immer umfangreicheren Vorräte für die Marine bewachten. Eine Meile weiter lagen die Zeltreihen der Soldaten in der Nähe von Glessing's Point, wo die Queen's Road endete.
    Oberhalb von Glessing's Point breitete sich Tai Ping Schan aus, das durch eine niemals abreißende Kette von Chinesenleibern, die unter der Last ihrer Habe keuchten, mit der Küste verbunden war. Diese Kette befand sich in ständiger Bewegung und erhielt durch das unaufhörliche Einlaufen von Dschunken und Sampans ständig neuen Nachschub.
    »Guten Tag, Exzellenz«, sagte Struan und lüftete seinen Hut, als sie Longstaff und seinen Begleitern begegneten.
    »Oh, guten

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