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Tai-Pan

Tai-Pan

Titel: Tai-Pan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clavell
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Privatkontor und hatten das Hauptbuch vor sich liegen. Durch die offenen Fenster schlug das Brausen von Kanton herein; Schwärme von Fliegen summten. Es war ein warmer Frühlingstag, und so war der Gestank bereits merklich stärker geworden.
    »Jin-kwa legt großen Wert darauf, unsere endgültige Order zu erhalten, Senhor, und …«
    »Das weiß ich. Aber bevor er uns nicht seine endgültige Order für Opium gibt, können wir nichts Genaues sagen. Wir bieten den höchsten Preis für Tee und den höchsten für Opium, was soll also die Verzögerung?«
    »Ich ahne es nicht, Senhor«, antwortete Vargas. Er fragte jedoch nicht, obwohl es ihm auf der Zunge lag, warum nämlich Noble House für Jin-kwas Tee zehn Prozent mehr bezahlte als andere Händler und warum es das beste indische Padwa-Opium um zehn Prozent unter dem gültigen Marktpreis an Jin-kwa verkaufte.
    »Hol's der Teufel!« rief Struan und goß sich Tee ein. Nun machte er sich Vorwürfe, daß er May-may erlaubt hatte, nach Macao zu reisen. Er hatte ihr Ah Sam zur Begleitung mitgegeben, außerdem Mauss und einige seiner Leute zu ihrem Schutz. Eigentlich hätte sie am Tag vorher zurückkehren sollen, war aber noch nicht eingetroffen. Selbstverständlich war dies nicht ungewöhnlich – denn die Reise von Macao zur Niederlassung in Kanton ließ sich niemals genau berechnen. Das war bei keiner Seereise möglich. Nicht, wenn man vom Wind abhängig ist, dachte er mit bitterer Ironie. Säße sie in einem solchen Stinkkasten, einem Dampfer, wäre es etwas anderes. Dampfer konnten einen Fahrplan genau einhalten und brauchten sich weder um Winde noch Gezeiten kümmern, hol' sie der Teufel!
    »Ja?« stieß er barsch hervor, als es an der Tür klopfte.
    »Entschuldigen Sie, Mr. Struan«, sagte Horatio, während er die Tür öffnete. »Seine Exzellenz bittet Sie, ihn aufzusuchen.«
    »Wo fehlt's?«
    »Vielleicht sollte Seine Exzellenz es Ihnen selber sagen, Sir. Er befindet sich in seinen Gemächern.«
    Struan klappte das Hauptbuch zu. »Wir werden diese Angelegenheit, sobald wir zurück sind, mit Robb besprechen, Vargas. Kommen Sie zum Ball?«
    »Ich hätte die nächsten zehn Jahre keinen Frieden mehr, Senhor, wenn meine Frau, mein Sohn und meine älteste Tochter nicht hingehen dürften.«
    »Holen Sie sie aus Macao ab?«
    »Nein, Senhor. Sie werden von Freunden nach Hongkong begleitet. Ich gehe direkt von hier aus.«
    »Sobald Mauss zurück ist, lassen Sie es mich wissen.« Struan ging hinaus, und Horatio folgte ihm.
    »Ich kann Ihnen nicht genug für das Geschenk danken, das Sie Mary gemacht haben, Mr. Struan.«
    »Wofür denn?«
    »Für das Ballkleid, Sir.«
    »Ach so. Haben Sie gesehen, was sie sich hat machen lassen?«
    »Aber nein, Sir. Sie ist am Tag nach dem Landverkauf nach Macao abgereist. Gestern habe ich einen Brief von ihr erhalten. Sie läßt Sie vielmals grüßen.« Horatio wußte, daß Mary durch dieses Kleid eine große Chance hatte, den Preis zu gewinnen. Wäre nicht Shevaun. Wenn nur Shevaun erkrankte! Nichts Ernsthaftes, aber gerade so viel, daß sie an diesem Tag ausgeschaltet war. Dann würde Mary die tausend Guineen gewinnen. Und mit ihnen könnten sie sich wunderbare Dinge leisten! Für die Dauer der Londoner Season nach Hause reisen. Im Luxus leben. O mein Gott, laß sie den Preis gewinnen! Ich bin froh, daß sie nicht in Hongkong ist, während ich hier bin. So befindet sie sich außerhalb von Glessings Reichweite. Hol ihn der Teufel! Ob er wirklich um ihre Hand anhalten möchte? Welche Dreistigkeit! Er und Culum … Ach, Culum … armer Culum.
    Horatio ging hinter Struan her, als sie die Treppe hinaufstiegen, und so brauchte er seine Unruhe vor ihm nicht zu verbergen. Armer, tapferer Culum. Er mußte daran denken, wie seltsam sich Culum am Tag nach dem Landverkauf benommen hatte. Er und Mary hatten Culum an Bord der Resting Cloud aufgesucht. Culum hatte sie gebeten, zum Abendessen dazubleiben, aber jedesmal, wenn sie versucht hatten, das Gespräch auf den Tai-Pan zu lenken, in der Hoffnung, eine Aussöhnung zwischen ihnen herbeizuführen, war Culum auf ein anderes Thema übergegangen. Schließlich hatte Culum erklärt: »Können wir nicht meinen Vater vergessen? Ich habe es bereits getan.«
    »Das dürfen Sie nicht, Culum«, hatte Mary erwidert. »Er ist ein großartiger Mann.«
    »Wir sind jetzt Feinde, Mary, ob es Ihnen gefällt oder nicht. Ich glaube nicht, daß er sich ändern wird, und bevor er sich nicht ändert, bleibt es bei meiner jetzigen

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