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Tai-Pan

Tai-Pan

Titel: Tai-Pan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clavell
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»Wenn es sechs Tage dauert und niemand sonst etwas erfährt, werden wir ein Vermögen machen.«
    »Und ob.« Struan ließ seine Blicke über die Hafenbucht gleiten. Vor rund zwanzig Jahren hatte er sie entdeckt. Der äußerste Rand eines Taifuns hatte ihn weit draußen auf hoher See erwischt, und obwohl er für den Sturm gerüstet war, hatte er ihm doch nicht entkommen können und war erbarmungslos in Richtung auf das Festland getrieben worden. Mit gerefften Segeln durch die schwere See stampfend, jagte sein Schiff dahin, Himmel und Horizont verdunkelten Wasserwände, die die Allmächtigen Winde aus dem Ozean hochrissen und vor ihnen niedergehen ließen. Dann hatten kurz vor der Küste bei einem gewaltigen Seegang die Sturmanker nachgegeben. Struan hatte gewußt, daß das Schiff verloren war. Die Wellen packten das Schiff und trieben es aufs Ufer zu. Wie durch ein Wunder aber drehte der Wind und änderte ihren Kurs um den Bruchteil eines Grades. Das Schiff jagte an den Felsen vorbei in einen engen, kaum dreihundert Yard breiten, auf keiner Karte verzeichneten Wasserarm zwischen der Ostspitze von Hongkong und dem Festland – und in die Bucht, die dahinterlag. Sie waren in ruhigem Wasser.
    Der Taifun hatte einen großen Teil der Handelsschiffe in Macao vernichtet, und Zehntausende von Dschunken waren die ganze Küste entlang gesunken. Aber Struan und die Dschunken, die in der Bucht von Hongkong Schutz gesucht hatten, überstanden den Sturm völlig unbeschädigt. Nachdem er sich gelegt hatte, umsegelte Struan die Insel und zeichnete sie auf der Karte ein. Dann hatte er die neugewonnenen Kenntnisse in seinem Gedächtnis verstaut und in aller Heimlichkeit seine Pläne gemacht.
    Und nachdem du uns jetzt gehörst, kann ich aufbrechen, dachte er, während Erregung in ihm aufstieg. Jetzt war das Parlament an der Reihe.
    Seit Jahren wußte Struan, daß es nur einen Ort gab, an dem über den Bestand von Noble House und die Sicherheit der Kolonie entschieden wurde: London. Der eigentliche Sitz der Macht auf dieser Welt war das Parlament. Als Mitglied des Parlaments und mit der Unterstützung, die ihm der gewaltige Reichtum von Noble House lieh, würde er die Außenpolitik in Asien bestimmen, so wie er auch Longstaff beherrscht hatte. Jawohl!
    Ein paar tausend Pfund würden genügen, um dich ins Parlament zu bringen, sagte er zu sich. Dann brauchst du niemand mehr, der dir Einfluß verschafft. Jetzt kannst du das allein. Endlich, mein Freund. Ein paar Jahre – und dann die Verleihung eines Adelstitels. Dann ins Kabinett. Und dann, dann wirst du, bei Gott, für das Empire, für Asien und Noble House einen Kurs festlegen, der für tausend Jahre Gültigkeit hat.
    Robb beobachtete ihn. Er wußte, daß er vergessen war, aber es machte ihm nichts aus. Im Gegenteil. Nur zu gern beobachtete er seinen Bruder, wenn der mit seinen Gedanken weit weg war. Wenn das Gesicht des Tai-Pan seine Härte einbüßte, seine Augen ihr altes Grün verloren, wenn er sich Träumen überließ, an denen er, Robb, wie er wußte, niemals teilhaben würde, fühlte er sich ihm sehr nah – und sehr sicher.
    Struan brach das Schweigen. »In sechs Monaten wirst du als Tai-Pan an meine Stelle treten.«
    Robbs Magen zog sich vor Entsetzen zusammen. »Nein! Ich bin noch nicht soweit.«
    »Du bist soweit. Nur im Parlament vermag ich uns und Hongkong zu schützen.«
    »Ja«, sagte Robb und fügte dann, indem er seine Stimme bewußt zur Ruhe zwang, hinzu: »Aber das sollte irgendwann einmal in der Zukunft geschehen – in zwei oder drei Jahren. Hier ist viel zuviel zu tun.«
    »Du kannst es schaffen.«
    »Nein.«
    »Doch. Und Sarah zweifelt nicht im geringsten daran, Robb.«
    Robb blickte zur Resting Cloud, ihrem Vorratsschiff, hinüber, wo seine Frau und seine Kinder vorläufig wohnten. Er wußte, daß Sarah viel zu ehrgeizig war – jedenfalls für seinen Geschmack. »Ich möchte jetzt noch nicht. Es ist noch so viel Zeit.«
    Struan dachte über die Zeit nach. Er bereute nicht, daß er so viele Jahre weitab von der Heimat im Fernen Osten zugebracht hatte. Weit weg von Ronalda, seiner Frau, von Culum und Ian, Lechie und Winifred, seinen Kindern. Er hätte sie gern bei sich gehabt, aber Ronalda haßte den Osten. Sie hatten in Schottland geheiratet, als er zwanzig und Ronalda sechzehn war, und gleich darauf waren sie nach Macao abgereist. Aber sie hatte diese Reise in die Ferne ebenso gehaßt wie Macao. Ihr erster Sohn war bei der Geburt gestorben, und als im

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