Tai-Pan
Spanferkeln und einer ganzen Ochsenlende –, dazu Brotlaiben, kalten Pasteten aus Pökelfleisch, Schüsseln mit kaltem, in Hammelfett geschmortem Kohl, dreißig oder vierzig geräucherten Schinken, Bündeln von Kanton-Bananen, Torten mit eingelegten Früchten, schönen Gläsern und Zinnkrügen und sogar Kübeln mit Eis – das Lorchas und Klipper aus dem Norden gebracht hatten – für den Champagner. »Ein Frühstück für jeden, der hungrig ist!«
Fröhliche Stimmung wurde laut, und die Kaufleute sammelten sich um die Tische. Als alle mit Gläsern oder Krügen versehen waren, hob Struan sein Glas. »Ein Hoch, meine Herren!«
»Trinke schon noch mit Ihnen, aber nicht auf diesen elenden Felsen. Ich trinke auf Ihren Sturz!« rief Brock und hielt einen Krug Ale hoch. »Vielleicht trink' ich auch noch auf Ihren kleinen Felsen. Gebe ihm auch einen Namen: ›Struans Torheit‹.«
»Na, klein ist er ja«, erwiderte Struan. »Aber groß genug für die Struans und die übrigen Chinahändler. Ob er aber groß genug ist für die Struans und die Brocks zusammen – das ist eine andere Frage.«
»Kann ich Ihnen ganz genau sagen, Dirk, alter Junge: Nich' mal ganz China is' es.« Brock leerte den Krug und warf ihn ins Land hinein. Dann ging er breitbeinig zu seinem Langboot. Einige der Händler folgten ihm.
»Wahrhaftig, entsetzliche Manieren«, sagte Quance. Dann rief er ins Gelächter hinein: »Los, Tai-Pan, den Trinkspruch! Mr. Quance hat einen unsterblichen Durst! Hier soll Geschichte gemacht werden.«
»Entschuldigen Sie, Mr. Struan«, mischte sich Horatio Sinclair ein. »Wäre es nicht angebracht, vor dem Trinkspruch Gott für die Gnadenbeweise am heutigen Tag zu danken?«
»Natürlich, mein Junge. Dumm von mir, es zu vergessen. Würden Sie das Gebet sprechen?«
»Reverend Mauss ist auch hier, Sir.«
Struan zögerte, offensichtlich überrumpelt. Er sah den jungen Mann prüfend an, und der tiefe Ernst in diesen hellen grauen Augen gefiel ihm. Dann rief er: »Reverend Mauss, wo sind Sie? Wir wollen beten.«
Mauss stand, alle überragend, in einer Gruppe von Händlern. Hinkend trat er an den Tisch und stellte sein leeres Glas ab, wobei er den Eindruck zu erwecken versuchte, es sei nie gefüllt gewesen. Die Männer nahmen ihre Hüte ab und warteten barhäuptig im kalten Wind.
Auf dem Strand wurde es ganz still. Struan blickte zu einem kahlen Felsen in den Vorbergen hinüber, wo die Kirche stehen sollte. In Gedanken sah er sie bereits vor sich, ebenso die Stadt, die Kaianlagen, Lagerschuppen, Häuser und Gärten. Das Große Haus, in dem der Tai-Pan Generationen hindurch hofhalten würde. Andere Häuser für die führenden Leute des Unternehmens und ihre Familien. Und für ihre Mädchen. Er dachte an seine gegenwärtige Geliebte, T'chung Jen May-may. Er hatte May-may vor fünf Jahren, als sie fünfzehn war und noch unberührt, gekauft.
Ajiii jah, dachte er vergnügt und bediente sich dabei eines ihrer kantonesischen Ausdrücke, der Freude, Zorn, Widerwillen, Glückseligkeit oder Hilflosigkeit bedeuten konnte – je nach dem Tonfall. Wenn es jemals eine Wildkatze gegeben hatte, so war sie es.
»Guter Gott, Herr über die wilden Stürme, die Brandung und die Schönheit der Liebe, Gott der großen Schiffe, des Polarsterns und der Lieblichkeit der Heimat, Gott und Vater des Christuskindes, sieh uns an und hab Erbarmen mit uns.« Mauss hob mit geschlossenen Augen die Hände. Er hatte eine warme Stimme, und die Eindringlichkeit seiner Worte nahm die Männer gefangen. »Wir sind die Söhne von Männern, und unsere Väter sorgten sich um uns, wie auch Du Dich um Deinen gesegneten Sohn Jesus gesorgt hast. Die Heiligen werden auf Erden gekreuzigt, und die Sünder vermehren sich. Wir betrachten die Herrlichkeit einer Blume, aber Dich sehen wir nicht. Wir trotzen den Mächtigen Winden, aber von Dir wollen wir nichts wissen. Wir überqueren die gewaltigen Ozeane und fühlen Dich nicht. Wir ernten die Früchte der Erde, aber Dich berühren wir nicht. Wir essen und trinken, aber Dich schmecken wir nicht. Du bist alle diese Dinge und noch mehr. Du bist Leben und Tod, Erfolg und Mißerfolg. Du bist Gott, und wir sind Menschen …« Er hielt inne, mit verzerrtem Gesicht, und rang mit seiner gequälten Seele. Oh, Gott, verzeih mir meine Sünden. Laß mich meine Sünden wiedergutmachen, indem ich die Heiden bekehre. Laß mich Märtyrer sein für deine heilige Sache. Verwandle mich aus dem, der ich jetzt bin, in den, der ich einst
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