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Tai-Pan

Tai-Pan

Titel: Tai-Pan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clavell
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dieser Tasse behielt sie bei sich, aber der Schüttelfrost verschlimmerte sich.
    »Wir werden ihr zwei Tassen geben«, erklärte Struan und kämpfte seine tiefe Angst nieder. Er zwang sie, das doppelte Maß zu sich zu nehmen.
    Stunde um Stunde wiederholte sich der Vorgang. Die Dämmerung stieg herauf.
    Struan warf einen Blick auf seine Uhr. Sechs Uhr. Keine Besserung. Während der Schüttelfrostanfälle zitterte May-may wie ein Zweig im Herbstwind.
    »Um der Liebe Christi willen«, stieß Struan hervor, »es muß doch wirken!«
    »Dank der Liebe Christi wirkt es ja, Mr. Struan«, antwortete Pater Sebastian. Er hielt May-mays Handgelenk. »Die Fieberhitze war schon vor zwei Stunden fällig. Wenn sie nicht einsetzt, hat sie eine Chance. Ihr Puls ist noch immer kaum zu spüren, das wohl, aber die Cinchona wirkt bereits.«
    »Halte durch, mein Kleines«, bat Struan und ergriff May-mays Hand. »Noch ein paar Stunden. Halt durch!«
    Einige Zeit später wurde an die Pforte in der Gartenmauer geklopft.
    Struan ging mit geröteten Augen aus dem Haus und zog den Riegel an der Pforte zurück. »Guten Morgen, Horatio. Heja, Lo Tschum.«
    »Ist sie tot?«
    »Nein. Ich glaube, sie hat es mit Gottes Hilfe überstanden.«
    »Haben Sie denn die Cinchona bekommen?«
    »Ja.«
    »Masterson ist schon auf der Dschunke. Gorth müßte bald kommen, es ist schon an der Zeit. Ich werde aber seine Sekundanten bitten, die Sache auf morgen zu verschieben. In dem Zustand, in dem Sie sind, können Sie gegen niemand antreten.«
    »Kein Anlaß zur Sorge. Es gibt mehr Arten, eine Schlange zu töten, als nur ihren verdammten Kopf zu zertrampeln. In einer Stunde bin ich da.«
    »Wie Sie wollen, Tai-Pan.« Eilig wandte sich Horatio zum Gehen. Lo Tschum folgte ihm.
    Struan schob den Riegel vor und kehrte zu May-may zurück.
    Völlig regungslos lag sie im Bett.
    Pater Sebastian fühlte gerade ihren Puls. Sein Gesicht war starr vor Angst. Er beugte sich nieder und lauschte ihrem Herzschlag. Sekunden verstrichen. Schließlich hob er den Kopf und sah Struan unsicher an. »Einen Augenblick habe ich gedacht … aber ihr Zustand ist befriedigend. Ihr Herz schlägt zwar entsetzlich langsam, aber sie ist jung. Mit Gottes Hilfe … ist das Fieber erloschen, Mr. Struan. Die Cinchona aus Peru wird das Happy-Valley-Fieber heilen. Wie wunderbar doch Gottes Wege sind!«
    Struan fühlte sich seltsam gelöst. »Wird das Fieber wiederkehren?« fragte er.
    »Vielleicht. Von Zeit zu Zeit. Aber man wird ihm mit Cinchona wieder beikommen können, zur Sorge besteht also kein Anlaß mehr. Das Fieber ist erloschen. Begreifen Sie? Sie ist von der Malaria geheilt!«
    »Aber wird sie am Leben bleiben? Sie sagen, ihr Herz sei sehr schwach. Wird sie leben?«
    »Wenn Gott es will. Die Aussichten sind jedenfalls gut. Sehr gut sogar. Aber mit Sicherheit weiß ich es nicht.«
    »Ich muß jetzt gehen«, sagte Struan und erhob sich. »Würden Sie bitte bis zu meiner Rückkehr hier bleiben?«
    »Ja.« Pater Sebastian wollte das Zeichen des Kreuzes über ihm schlagen, entschied sich dann aber dagegen. »Ich kann Ihren Aufbruch nicht segnen, Mr. Struan. Sie wollen jemand umbringen, nicht wahr?«
    »Man ist zum Sterben geboren, Pater. Ich versuche nur, mich selber und die Meinen nach bestem Vermögen zu schützen und den Zeitpunkt meines Todes selber zu bestimmen. Das ist alles.«
    Er griff nach dem Kampfeisen, streifte sich die Schlaufe über das eine Handgelenk und verließ das Haus.
    Auf seinem Weg durch die Straßen fühlte er sich von Blicken verfolgt. Aber er kümmerte sich nicht darum. Der Morgen, die Sonne, der Anblick des Meeres und sein Geruch gaben ihm neue Kraft.
    Der richtige Tag, um eine Schlange zu zertreten, dachte er. Trotzdem bist du es, der heute fast erledigt ist. Soviel Kraft, um mit einem Kampfeisen auf Gorth loszugehen, hast du nicht mehr. Nicht heute.

39
    In der Nähe der Dschunke hatte sich eine große Menschenmenge versammelt: Chinahändler, eine Abteilung portugiesischer Soldaten unter dem Befehl eines jungen Offiziers, und Seeleute. Die Dschunke lag an einer Pier vertäut, die von der praia abging. Als Struan erschien, waren alle, die auf ihn gesetzt hatten, erschrocken. Die anderen, deren Favorit Gorth war, triumphierten heimlich. Der portugiesische Offizier vertrat Struan höflich den Weg. »Guten Morgen, Senhor.«
    »Guten Morgen, Hauptmann Machado«, antwortete Struan.
    »Der Generalgouverneur bittet Sie, davon Kenntnis zu nehmen, daß Duelle in Macao verboten

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