Tai-Pan
Behörden beim Verhör – sagen wir – etwas geschickter sein werden.« Er gab auf portugiesisch einen kurzen Befehl, worauf die Soldaten den Mann auf eine zerbrochene Tür legten und wegtrugen.
Der Offizier klopfte ein wenig Schmutz von seiner Uniform. »Ein sinnloser, unnötiger Tod. Senhor Brock hätte klüger sein und sich nicht in einer solchen Gegend herumtreiben sollen. Mir scheint, daß das kein sehr ehrenvoller Tod war.«
»Sie haben wirklich Glück, Tai-Pan«, rief einer von Gorths Freunden spöttisch. »Wirklich Glück.«
»Ganz recht. Ich bin froh, daß ich nicht sein Blut an den Händen habe.«
Struan wandte dem Leichnam den Rücken und entfernte sich langsam.
Er verließ die Gasse und stieg den Hügel zum alten Fort hinauf. Als er oben stand, von See und Himmel umgeben, ließ er sich auf einer Bank nieder und dankte dem Unendlichen für den Segen dieser Nacht und den Segen dieses Tages.
Er vergaß die Vorübergehenden, die Soldaten am Tor des Forts und den Klang der Kirchenglocken. Auch den Gesang der Vögel, den sanften Wind und die wärmende Sonne bemerkte er nicht. Ohne daß er es merkte, verstrich die Zeit.
Später versuchte er sich darüber klarzuwerden, was zu tun sei, aber er vermochte seine Gedanken nicht zu sammeln.
»Reiß dich zusammen«, sagte er laut zu sich.
Er ging den Hügel hinunter bis zur bischöflichen Residenz, aber der Bischof war nicht zu Hause. Er ging zur Kathedrale und fragte nach ihm. Ein Mönch bat ihn, in dem von einem Kreuzgang umschlossenen Garten zu warten.
Struan setzte sich auf eine Bank im Schatten und lauschte dem Gemurmel des Springbrunnens. Die Blumen erschienen ihm bunter, ihr Duft köstlicher als jemals zuvor. Das Klopfen seines Herzens, die Kraft seiner Glieder und sogar der ständige Schmerz in seinem Knöchel – das alles war kein Traum, sondern Wirklichkeit.
Mein Gott, ich danke dir für das Leben.
Der Bischof betrachtete ihn vom Kreuzgang her.
»Guten Tag, Eminenz«, sagte Struan. Er fühlte sich nun ungemein erfrischt. »Ich bin gekommen, Ihnen zu danken.«
Der Bischof verzog seine schmalen Lippen. »Was haben Sie soeben gesehen, Senhor?«
»Ich weiß es nicht«, antwortete Struan. »Ich habe nur den Garten betrachtet. Ich habe mich an ihm erfreut. Ich habe das Bewußtsein genossen, leben zu dürfen. Ich weiß es nicht so genau.«
»Ich glaube, Sie waren Gott sehr nah, Senhor. Sie selber mögen es nicht glauben, aber ich weiß es.«
Struan schüttelte den Kopf. »Nein, Eminenz. Ich war nur glücklich darüber, an einem wunderbaren Tag in einem zauberhaften Garten zu sitzen. Das ist alles.«
Aber Falarian Guineppas Gesichtsausdruck veränderte sich nicht. Mit seinen schlanken Fingern berührte er sein Kruzifix. »Ich habe Sie schon seit langem beobachtet. Ich spürte, daß Sie Gott nah waren. Ja, Sie! Vielleicht irre ich mich.« Er seufzte auf. »Wie aber sollten wir armen Sünder die Wege Gottes erkennen? Ich beneide Sie, Senhor. Sie wollten mich sprechen?«
»Ja, Eminenz. Die Cinchonarinde hat das Fieber geheilt.«
»Deo gratias! Wie schön! Wie wunderbar sind doch die Wege Gottes und wie unerforschlich sein Wille!«
»Ich werde umgehend ein Schiff für die Fahrt nach Peru chartern, mit der Anweisung, eine Ladung Cinchona zu holen«, sagte Struan. »Mit Ihrer gütigen Erlaubnis möchte ich Pater Sebastian mitschicken, damit er feststellt, wie man dort die Rinde erntet, wo sie herkommt und wie die Leute drüben ihre Malariakranken behandeln – alles, was damit zusammenhängt, soll er erkunden. Nach seiner Rückkehr teilen wir uns die Ladung und das, was er erfahren hat. Außerdem möchte ich, daß er mit Ihrer Genehmigung umgehend eine medizinische Abhandlung verfaßt, in der er Ihre erfolgreiche Behandlung der Malaria mit Cinchona schildert, und sie an den Lancet in England und an die Times schickt.«
»Eine medizinische Abhandlung dieser Art kann nicht ohne offizielle Erlaubnis des Vatikans veröffentlicht werden. Aber ich werde Pater Sebastian beauftragen, diese Abhandlung zu schreiben. Was nun gerade seine Entsendung betrifft – so muß ich mir das noch überlegen. Auf jeden Fall werde ich jemanden mitschicken. Wann soll das Schiff auslaufen?«
»In drei Tagen.«
»Gut. Wir teilen uns also die Ladung und das, was er an Wissen zurückbringt. Das ist ein sehr großzügiges Angebot.«
»Wir haben noch keinen Preis für die Behandlung abgemacht. Sie ist geheilt. Würden Sie mir bitte den Preis nennen?«
»Es kostet nichts,
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