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Tai-Pan

Tai-Pan

Titel: Tai-Pan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clavell
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Plötzlich blieb er, vom Instinkt gewarnt, stehen und wich nach einer Seite aus. Eine Musketenkugel schlug in die Mauer neben ihm. Er riß den erschreckten Mönch zu Boden. Noch ein Schuß. Die Kugel streifte Struans Schulter, und er verfluchte sich, weil er keine Pistolen mitgenommen hatte.
    »Rennen Sie um Ihr Leben!« Er riß den Mönch hoch und stieß ihn über die Straße hinweg in die Sicherheit einer Toreinfahrt. In den Häusern wurde Licht gemacht.
    »Hierher!« zischte er und stürzte hinaus. Er schlug einen Haken. Ein weiterer Schuß verfehlte ihn um Haaresbreite, als er sich in eine Gasse flüchtete. Pater Sebastian lief keuchend neben ihm her.
    »Haben Sie die Cinchona?« fragte Struan.
    »Ja. Aber was ist denn los, um Himmels willen?«
    »Räuber!« Struan packte den erschrockenen Mönch am Arm, rannte mit ihm durch die tiefe Finsternis der Gasse und auf einen offenen Platz vor dem Fort von São Paulo do Monte hinaus.
    Im Schatten des Forts holte er Atem. »Wo ist die Cinchona?«
    Kraftlos hielt Pater Sebastian den Beutel hoch. Das Mondlicht fiel auf den blutunterlaufenen Striemen in Struans Gesicht, den die neunschwänzige Katze hinterlassen hatte, und spiegelte sich in seinen Augen. In diesem ungewissen Schimmer wirkte er noch größer als sonst und wie der Teufel persönlich. »Wer war das? Wer hat auf uns geschossen?« fragte der Mönch.
    »Räuber«, wiederholte Struan. Dabei wußte er, daß in Wirklichkeit Gorths Leute – oder Gorth selber – ihnen aufgelauert haben mußten. Einen Augenblick lang stieg der Verdacht in ihm hoch, man habe Pater Sebastian möglicherweise als Lockvogel geschickt. Aber das war unwahrscheinlich – der Bischof konnte nicht mit im Spiel sein, und die Cinchona war ja tatsächlich vorhanden. Wir werden es ja bald wissen, dachte er. Aber wenn es wirklich so ist, dann schneide ich einigen Papisten die Kehle durch.
    Wachsam spähte er in die Dunkelheit. Er zog sein Messer aus dem Stiefel und lockerte die Schlinge des Kampfeisens an seinem Handgelenk. Als Pater Sebastian wieder etwas zu sich gekommen war, nahm er den Weg über die Höhe, vorbei an der Kirche São Antonio und wieder bergab bis zur Gartenmauer um May-mays Haus. In die hohe dicke Mauer war eine Pforte eingelassen.
    Heftig betätigte er den Türklopfer. Kurz darauf lugte Lim Din durch das Guckloch. Die Tür schwang auf. Sie begaben sich in den Vorhof; hinter ihnen wurde der Riegel wieder vorgeschoben.
    »Jetzt sind wir in Sicherheit«, sagte Struan. »Lim Din, Teetrinken, Menge schnell-schnell!« Er machte Sebastian ein Zeichen, sich zu setzen, und legte das Kampfeisen auf den Tisch. »Erholen Sie sich erst einmal.«
    Der Mönch löste seine Hand vom Kruzifix, das er umklammert hatte, und wischte sich die Stirn. »Hat wirklich jemand versucht, uns umzubringen?«
    »Ich hatte ganz den Eindruck«, antwortete Struan. Er zog Jacke und Hemd aus und betrachtete seine Schulter. Die Kugel hatte ihn nur gestreift.
    »Lassen Sie mich bitte sehen«, sagte der Mönch.
    »Es ist nichts weiter.« Struan zog sich wieder an. »Machen Sie sich keine Sorge, Pater. Und jetzt werden Sie sie auf meine Verantwortung hin behandeln. Sind Sie wieder einigermaßen bei Kräften?«
    »Ja.« Die Lippen des Mönches waren wie rissiges Pergament, sein Atem roch übel. »Zunächst einmal werde ich den Cinchonatee zubereiten.«
    »Bitte. Aber bevor wir anfangen, müssen Sie mir beim Kreuz schwören, daß Sie mit niemandem jemals über dieses Haus sprechen werden, nicht darüber, wer hier wohnt und was hier geschieht.«
    »Das ist bestimmt nicht notwendig. Es gibt nichts, das …«
    »Doch, das gibt es! Ich lege großen Wert darauf, daß mein Privatleben unangetastet bleibt. Wenn Sie nicht schwören, werde ich selbst sie behandeln. Wie mir scheint, verstehe ich ungefähr genauso viel wie Sie von der Anwendung der Cinchona. Also entscheiden Sie sich.«
    Der Mönch war sehr unglücklich, daß er so wenig darüber wußte, und sehnte sich verzweifelt danach, im Namen Gottes zu heilen. »Also gut, einverstanden. Ich schwöre beim Kreuz, daß meine Lippen versiegelt sein werden.«
    »Ich danke Ihnen.« Struan ging ihm voraus durch die Eingangstür und einen Gang entlang. Ah Sam trat aus ihrem Zimmer und verbeugte sich schüchtern, wobei sie ihren grünen Pyjama vorn zusammenhielt. Ihr Haar war zerzaust, ihr Gesicht noch ganz verschlafen. Mit einer Laterne folgte sie ihnen in die Küche.
    Die Küche, neben einem Hofraum gelegen, den man mit allen

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